Artikel 05/03/2011

Depressionen - jeder fünfte Mensch leidet unter einer behandlungsbedürftigen Depression

Team jameda
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Jeder fünfte Mensch leidet unter einer behandlungsbedürftigen Depression. Zum Vergleich: Auch jeder fünfte Mensch leidet an Bluthochdruck.

Jeder zehnte Mensch leidet unter einer wiederkehrenden Depression: Zum Vergleich: Auch jeder zehnte Mensch leidet unter Diabetes mellitus.

Jeder zwanzigste Mensch leidet unter einer chronischen Depression: Zum Vergleich: Auch jeder zwanzigste Mensch leidet unter einer chronisch obstruktiven Lungenerkrankung.

Jeder Mensch erlebt Phasen oder Momente, in denen er unter Traurigkeit, Einsamkeit oder Unglücklichsein leidet. Nicht nur durch große Schicksalsschläge, sondern auch durch scheinbar kleine Erlebnisse im Alltag kann das Gefühlsleben ganz plötzlich aus den Fugen geraten. Diese Phasen im Leben sind ganz normal, wenn nicht sogar notwendig. Wenn eine traurige Phase, in der das Leben vom Betroffenen nicht mehr aus einer normalen Perspektive wahrgenommen werden kann, über Wochen oder gar länger anhält, kann eine Depression vorliegen.

Anzeichen einer Depression:
Die Diagnose einer Depression beruht auf den Symptomen, die man schildert und dem Eindruck, den der Psychiater von der seelischen Verfassung gewinnt. Eine Depression erkennt man unter anderem an einer gedrückten Stimmung, Interesse- und Freudlosigkeit sowie einer Verminderung des Antriebs. Darüber hinaus gibt es bei einer Depression häufig die Neigung zu grübeln und dazu, sich elend oder zerschlagen zu fühlen. Es fällt zunehmend schwerer, ganz alltägliche Entscheidungen zu treffen. Als weitere Symptome werden oft folgende beschrieben: Konzentrationsschwierigkeiten, schwerwiegende Verunsicherung, Verlust des Selbstwertgefühls, unbegründete Schuldgefühle und Selbstvorwürfe, Appetitlosigkeit und Gewichtsabnahme, Verlust des Interesses an Dingen, die früher Spaß machten, Müdigkeit auch nach kleinen Anstrengungen, Schlafstörungen, häufige Gedanken an den Tod oder Lebensmüdigkeit. Es kann auch zu körperlichen Beschwerden kommen, für die keine körperliche Ursache gefunden wird, hier besonders: Kopf- oder Rückenschmerzen, Herzrasen, Tinnitus, Schwindel, Magen- und Darmbeschwerden, Atembeschwerden, Unterleibsbeschwerden.

Depression ist kein Schicksal: Wichtig ist, dass es sich bei dieser seelischen Verfassung um einen vorübergehenden Zustand handelt, der gut behandelbar ist. Depressionen lassen sich heute sehr gut – insbesondere wegen der großen Fortschritte der medikamentösen Therapie – behandeln. Die Wahrscheinlichkeit, dass eine Depression nicht spürbar gebessert werden kann, geht gegen Null. Ganz besonders wichtig ist es aber, dass der Betroffene erkennt, dass er erkrankt ist, dass er in eine Behandlung einwilligt und bereit ist, für die persönliche Genesung auch aktiv etwas zu tun.

Wen kann es treffen?
Depressionen zählen zu den häufigsten behandlungsbedürftigen Erkrankungen der Welt. Depressionen sind aber keine Zivilisations- oder Wohlstandserkrankung. Menschen aus allen Kulturkreisen, Nationen, Bildungs- und Gesellschaftsschichten erkranken daran. Frauen sind allerdings doppelt so häufig betroffen wie Männer. Nach Schätzungen erkrankt jede vierte Frau und jeder zehnte Mann einmal in ihrem Leben an einer Depression. Besonders im Lebensalter zwischen 25 und 45 Jahren treten Depressionen gehäuft auf.

Ursachen für die Depression:
Die moderne Medizin geht heute davon aus, dass es eine Reihe von untereinander zusammenwirkenden Ursachen für die Entstehung von Depressionen gibt. Hierzu zählen erbliche Veranlagung, neurobiologische Faktoren des Hirnstoffwechsels, Umweltfaktoren und lebensgeschichtliche Faktoren. Es wurde nachgewiesen, dass es eindeutig erbliche Faktoren gibt. Kinder eines bereits depressiv erkrankten Elternteils sind mit höherer Wahrscheinlichkeit betroffen als Nachkommen von Eltern, die nie unter einer Depression litten. Als gesichert gilt weiterhin, dass ein Ungleichgewicht bzw. eine verminderte Konzentration von bestimmten Botenstoffen im Gehirn - den sogenannten Neurotransmittern - zu einer Depression führt.

Diese Substanzen sind für die Informationsübertragung zwischen den einzelnen Nervenzellen zuständig. Ein Missverhältnis dieser Botenstoffe ist ursächlich für die erlebte Depression. Es stehen heute eine Reihe von Medikamenten zur Verfügung, die diese Botenstoffe wieder in eine Balance bringen und sich bei der Behandlung von Depressionen als besonders wirksam erwiesen haben.

Zudem werden schmerzliche Erfahrungen, die ein Mensch im Laufe seines Lebens macht, entsprechend \‘abgespeichert\’. Zu einem späteren Zeitpunkt kann die gespeicherte Erfahrung durch ähnliche Situationen aus dem Unterbewusstsein abgerufen werden und eine depressive Reaktionsweise auslösen. Ebenso wird häufig durch zwischenmenschliche Kränkungen in Partner- oder Freundschaft, durch Schwierigkeiten auf dem Arbeitsplatz oder den Tod eines nahestehenden Menschen eine Depression ausgelöst. Es gibt letzten Endes unendlich viele Möglichkeiten von auslösenden Faktoren im sozialen Umfeld. Ganz entscheidend ist immer die ganz persönliche Erlebnisweise des Betroffenen. Weil es sich häufig um eine Kombination unterschiedlich gewichteter Faktoren handelt, ist eine Depressionsbehandlung immer ein individuelles Therapiekonzept. Außerdem gibt es zahlreiche Erkrankungen, wie z.B. Erkrankungen der Schilddrüse, in deren Folge auch Depressionen ausgelöst werden können. In diesen Fällen werden die behandelnden Ärzte zuerst bemüht sein, zunächst die Haupterkrankung wirkungsvoll zu therapieren. Häufig genügt dies, um danach die Depression erfolgreich in den Griff zu kriegen. Darüber hinaus können auch einige Arzneimittel, die zur Behandlung bereits bestehender Erkrankungen angewendet wurden, als Nebenwirkung Depressionen auslösen. Deshalb sollten auf jeden Fall die Medikamente, die bereits eingenommen werden, besprochen werden.

Behandlungsformen:
Depressionen lassen sich sowohl mit den Methoden der Psychotherapie als auch medikamentös behandeln. Häufig wird eine Kombination beider Verfahren eingesetzt. Eine sinnvolle Psychotherapie setzt beim Patienten eine aktive Mitarbeit voraus. Abhängig vom Schweregrad der Depression kann das psychotherapeutische Gespräch häufig erst nach einer Vorbehandlung mit einem antidepressiv wirkenden Medikament eingesetzt werden. Welches psychotherapeutische Verfahren für Sie geeignet ist, besprechen Sie bitte vertrauensvoll mit Ihrem behandelnden Arzt. Zahlreiche Patienten, die unter einer Depression leiden, lehnen die Einnahme von Medikamenten (prinzipiell) ab. Sie versprechen sich ausschließlich von psychotherapeutischen Verfahren Besserung. In vielen Fällen schafft aber erst die Einnahme eines antidepressiv wirkenden Medikamentes die notwendige Voraussetzung. Denn unter einer medikamentösen antidepressiven Therapie erlangen Patienten zum Teil erst wieder die dafür notwendige psychische Stabilität, um eine Psychotherapie sinnvoll beginnen zu können.

Was ist wesentlich für eine erfolgreiche Behandlung?
Wesentliche Voraussetzung ist ein gutes und vertrauensvolles Verhältnis zwischen Arzt und Patient. Bitte arbeiten Sie selbst bei der Behandlung mit und vertrauen Sie den gemachten Behandlungsvorschlägen.

Wie wirken Arzneimittel, die bei der Depression helfen?
Jede Erkrankung kann in aller Regel auf eine bestimmte Ursache zurückgeführt werden: bei der Zuckerkrankheit (Diabetes) liegt zum Beispiel die Ursache in einer verminderten oder fehlenden Produktion des Hormons Insulin in der Bauchspeicheldrüse oder in einer gestörten Wirkung von Insulin. Bei einer depressiven Erkrankung liegt eine Störung im Haushalt von bestimmten Botenstoffen vor, die in unserem Gehirn gebildet werden. Diese Botenstoffe (Fachbegriff: Neurotransmitter) vermitteln die Signalweiterleitung von Nervenzelle zu Nervenzelle. Bei Depressionen ist die Konzentration bestimmter Botenstoffe zu niedrig. Als Folge dieser Stoffwechselstörung formt sich unter seelischer Belastung das depressive Krankheitsbild aus. Bei Diabetes kann der Zuckerhaushalt durch bestimmte Arzneimittel reguliert werden. Gleiches gilt für die Depression. Arzneimittel, die gegen die Depression wirken (Fachbegriff: Antidepressiva) regulieren den gestörten Stoffwechsel der Neurotransmitter.

Wichtig:
Bei der Depression liegt also eine Stoffwechselstörung vor, so wie wir dies z.B. von der Zuckerkrankheit kennen.

Ihnen wird ggf. ein wirksames und modernes Antidepressivum verordnet. Es gibt zahlreiche Belege für die gute Wirksamkeit und die sichere Anwendung. Zahlreiche Patienten haben bereits von der positiven Wirkung dieser Wirkstoffe profitiert.

Wichtig:
Alle so genannten Antidepressiva machen weder süchtig noch verursachen sie eine Veränderung der Persönlichkeit. Entgegen einer weit verbreiteten Annahme machen Antidepressiva nicht abhängig. Im Gegensatz zu Schmerz- oder Beruhigungsmitteln, die sofort eine Wirkung entfalten, benötigen Antidepressiva zwei bis vier Wochen, bis ein therapeutischer Effekt gemerkt werden kann, weil sie eben erst ein Gleichgewicht wiederherstellen. Man sollte dies unbedingt beachten und nicht wegen (noch) ausbleibender Wirkung enttäuscht sein und das Medikament dann nach wenigen Tagen ohne Rücksprache mit dem Arzt absetzen. Damit das Medikament optimal wirken kann, ist es wichtig, dass Sie dieses in der verordneten Dosis regelmäßig einnehmen. Es ist also entscheidend für den Therapieerfolg, dass sie das Medikament täglich einnehmen und keine Einnahme auslassen. Änderungen der Dosierung sprechen Sie bitte unbedingt mit Ihrem behandelnden Arzt ab. Es dauert einige Tage, bis das Arzneimittel den gestörten Stoffwechsel der Neurotransmitter (Botenstoffe im Gehirn) beeinflusst. Die positiven Wirkungen treten behutsam im Verlauf von einigen Wochen ein. Daher ist es für den Erfolg der Behandlung entscheidend, dass Sie das Medikament über mehrere Wochen regelmäßig einnehmen. Oft ist es dann nötig, das Arzneimittel über mehrere Monate weiter einzunehmen, um Rückfällen vorzubeugen. Je nach Präparat können bei einer medikamentösen Therapie der Depression Nebenwirkungen auftreten. Wegen der raschen Wirkung auf den Hirnstoffwechsel, die sich aber im Sinne einer Umstellung erst nach zwei bis vier Wochen – positiv – bemerkbar macht, sind in den ersten Tagen die Nebenwirkungen am stärksten, so sie denn überhaupt auftreten. Hier werden beobachtet: Kopfschmerzen, Schwindel, Unwohlsein oder Müdigkeit. Diese nehmen dann von Tag zu Tag ab bis man überhaupt nicht mehr merkt, dass etwas eingenommen wird. Dann beginnt die positive Wirkung und man wird selbst erfahren, warum man die ersten Wochen durchgehalten hat.
Bei Unklarheiten sprechen Sie Ihren behandelnden Psychiater an, solche Anfangsschwierigkeiten sind bekannt und man hilft Ihnen gerne darüber hinweg. Gerne können Sie sich auch Ihre Fragen für den nächsten Termin notieren.

Tipps für Ihre Genesung

  • Machen Sie sich klar, dass eine Depression nichts mit \‘Charakterschwäche\’ oder \‘Wehleidigkeit\’ zu tun hat. Eine Depression ist eine ernst zu nehmende Erkrankung.

  • Akzeptieren Sie Ihre Erkrankung und machen Sie sich bewusst, dass Sie mit dem Gang zum Arzt und dem Willen zur Behandlung einen großen Schritt in Richtung Genesung getan haben. Hierauf dürfen Sie mit Recht stolz sein.

  • Verlieren Sie auch durch kleine Rückschläge nicht den Mut. Eine Depression nimmt – auch im Rahmen der Genesung – einen wellenförmigen Verlauf, aber die Tendenz ihres Wohlbefindens wird steigend sein. Sie werden es bald selbst merken.

  • Strukturieren Sie Ihren Tag. Ein schriftlicher Tagesplan kann dabei äußerst hilfreich sein. Versuchen Sie, feste Aufstehzeiten – auch am Wochenende – einzuhalten, aber seien Sie mit sich großzügig und gnädig.

  • Halten Sie sich unbedingt an die ärztlich vorgegebenen Einnahmezeiten und Dosierungen Ihres Medikamentes. Beachten Sie, dass es ungefähr zwei Wochen dauert bis sie die Wirkung spüren. Ohne Rücksprache mit Ihrem behandelnden Arzt – und mit keinem anderen Arzt, der die Gründe für die Medikation nicht so genau kennt – sollten Sie auch in einer schwierigen Phase nicht die Einnahmemenge Ihres Medikamentes verändern. Ebenso wenig sollten Sie das Medikament ohne Rücksprache mit Ihrem behandelnden Arzt absetzen.

  • Greifen Sie nicht eigenmächtig zu Medikamenten wie Schlaf-, Beruhigungs- oder Schmerzmitteln. Johanniskraut zum Beispiel kann die Wirkung einiger Antidepressiva reduzieren, ggf. ohne selbst im individuellen Fall ausreichend zu wirken.

  • Alkohol oder Drogen lösen keine Probleme. Sie verstärken Depressionen im Endeffekt und verzögern oder verhindern die Genesung. Abgesehen davon besteht hierbei starke Abhängigkeitsgefahr.

  • Ziehen Sie sich möglichst wenig von Angehörigen oder Freunden zurück. Versuchen Sie aktiv, Kontakt aufzunehmen. Viele scheinbar unüberwindlichen Probleme schrumpfen häufig während des Gesprächs auf ihre wirkliche Größe. Man wird Ihnen mehr Verständnis entgegenbringen als Sie erwarten.

  • Entscheiden Sie sich für körperliche Aktivität an der frischen Luft. Spazieren gehen oder Rad fahren steigert das Wohlbefinden bei einer depressiven Erkrankung. Natürliches Sonnenlicht „hellt“ die Stimmung auf, auch wenn es bewölkt ist.

  • Setzen Sie sich realistische Ziele. Überforderung und Stress behindern die Genesung. Gönnen Sie sich auch Pausen für Ruhe und Entspannung.

  • Besprechen Sie Ihre Unsicherheiten mit Ihrem Arzt. Offenheit zwischen Patient und Arzt ist ein wichtiger Bestandteil des Behandlungserfolges.

  • Erkennen Sie auch kleine Fortschritte als Erfolge an.

  • Vertrauen Sie sich selbst und Ihrem behandelnden Arzt.

Akutregeln bei Depression

  • Akzeptieren Sie Ihren augenblicklichen Zustand als Krankheit, die Ruhe und Schonung erfordert. Kämpfen Sie nicht gegen dieses Krankheitsgefühl an i.S. eines „Sich-Zusammenreißens“. Sie sind ernsthaft erkrankt und können sich nicht selbst heilen. Die Diagnose „Depression“ wird nicht leichtfertig gestellt, nehmen Sie sie hin, um so schneller wird es Ihnen besser gehen. Depressionen haben bei richtiger Behandlung beste Heilungschancen.

  • Nehmen Sie Ihre Medikamente wie verschrieben. Akzeptieren Sie leichtere Nebenwirkungen wie Müdigkeit, leichte Übelkeit und Schwindelgefühle als vorübergehende notwendige Übel an, wie Sie es auch bei der Behandlung anderer ernster Krankheiten täten. Verändern Sie nichts an der Medikation ohne Rücksprache mit Ihrem Arzt.

  • Halten Sie - so gut es geht - alles belastende von sich fern, gucken Sie z.B. keine Nachrichten. Momentan sind Sie auch nicht der richtige Ansprechpartner für Probleme von anderen. Sofern es Ihre Kräfte erlauben, erledigen Sie - wenn überhaupt - nur Erfreuliches.

  • Haben Sie Geduld mit sich, spätestens in sechs Wochen sieht die Welt wieder ganz anders aus.

  • Treffen Sie keinerlei wichtige Entscheidungen für Ihr Leben. Sie können durch Ihre Erkrankung die Situation momentan nur sehr eindimensional einschätzen.

In fast allen Fällen ist eine Depression ausgesprochen gut behandelbar. Sie werden sehen, dass es sich lohnt.

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