Artikel 08/11/2019

Defektarthropathie an der Schulter: Klassifikation & Therapie

Team jameda
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Die Schulterfunktion hängt stark von der intakten inneren Muskulatur, der sogenannten Rotatorenmanschette ab. Auf Grund der täglichen Belastungen verschleißen diese Sehnen mit der Zeit. Und aus immer dünner werdenden Sehnen entwickelt sich ein Riss in der Sehne.

Wie entsteht eine Defektarthropathie an der Schulter?

Dieser Sehnenschaden wird mit der Zeit so groß, dass die eigentliche Funktion der inneren Sehnen, das Zentrieren des Oberarmkopfes auf der Pfannenmitte, nicht mehr gegeben ist.

Der Oberarmkopf wird von der äußeren Muskulatur (Deltamuskel) durch den Sehnendefekt hindurch gegen das Schulterdach nach vorne-oben gezogen. Dadurch entwickelt sich ein Verschleiß des Gelenkknorpels, eine sekundäre Arthrose, die (Rotatorenmanschetten-) Defektarthropathie. Das ist ein schleichender Prozess, so dass die Patienten lange beschwerdearm sein können.

Klinisch leiden die Patienten bei einer Defektarthropathie meist unter typischem Arthroseschmerz und zusätzlich einer schmerzhaften Kraftminderung und Bewegungseinschränkung über Kopf.

Welche Klassifikationen gibt es?

Die Beurteilung der Defektarthropathie erfolgt am frontalen Röntgenbild. Hier wird der Abstand des Oberarmkopfs zum Schulterdachknochen gemessen, ebenso der Gelenksverschleiß zwischen Oberarm und Pfanne.

Eingeteilt wird nach Hamada (Typ 1-5) oder Seebauer (Typ 1a/1b und 2a/2b). Wie bei der normalen Arthrose sollte der Pfannenabrieb bzw. die Pfannenform beurteilt werden. Bei fortgeschrittenen Schäden kann eine Computertomographie zur Planung vor der OP sinnvoll sein.

Welche Therapien kommen in Frage?

Therapeutisch kann bei beschwerdearmen Patienten eine konservative Therapie mit Schmerzmedikamenten, Physiotherapie und „Pendelübungen“ in Betracht gezogen werden.

Bei nur schnappenden, isoliert vorderen Schulterschmerzen, vor allem bei Drehbewegungen (wie beim BH-verschluss oder Parkscheinautomat) kann eine minimalinvasive Therapie mit Arthroskopie und Bizepssehnenversetzung in Frage kommen. Das bietet sich jedoch nur bei noch gut erhaltener Funktion trotz nicht rekonstruierbarer Rotatorenmanschettensehne an.

Meist ist die Versorgung mit einer sogenannten inversen Schulterprothese notwendig. Hier wird eine Schulterprothese „spiegelbildlich“ implantiert. Das sorgt dafür, dass das Oberarmdrehzentrum wieder nach unten verlagert wird.

Der zuvor verschlechternde Deltamuskel kann hierdurch wieder sinnvolle Funktion gewinnen und hebt den Arm von außen an. Diese Versorgungen können mit schaftfreien Prothesen, Kurzschaft oder Normalschaftprothesen durchgeführt werden. Im Regelfall wird die primäre Prothese zementfrei implantiert.

So läuft die OP ab

Die OP erfolgt im Regelfall stationär, der Aufenthalt beträgt 5-10 Tage. Nach der OP wird die Schulter in einem Armverband (z. B. Lagerungskissen) ruhig gestellt. Zu Beginn wird passiv geübt. Der leichte Alltag ist dann rasch wieder erlaubt, dennoch bedarf es 3-5 Monate Nachbehandlung, bis ein adäquates Ergebnis erreicht ist.

Die Versorgung kann vieles leisten. Zu allererst Schmerzreduktion, zum anderen Bewegungsausmaßverbesserung und Kraftzuwachs. Kein Vorteil ohne Nachteil – die Drehbewegungen bleiben im Vergleich zu einer vollständig gesunden Schulter auch nach der OP reduziert.

Die Vorwärtsbewegung (Tasse aus dem Schrank) und Seitwärtsbewegung verbessern sich im Regelfall spürbar. Auch die Kraft kann gebessert werden, je nach Patient können bis zu 12 kg über Kopf angehoben werden. Moderate Sportbelastung (Radfahren, Schwimmen, Skifahren, etc.) ist erlaubt. Gröbere Schlagbelastungen sollten vermieden werden.

Welche Risiken sind mit dem Eingriff verbunden?

Komplikationen sind im Primäreingriff relativ selten. Neben Infektion und Nachblutung besteht das spezielle Risiko einer „Acromionfraktur“, d. h. der Schulterdachknochen, an dem der äußere Muskel ansetzt, gibt mit der Zeit nach. Auskugeln, Materialausbruch und Lockerungen sind ebenso wie Nervenschäden möglich, aber selten. In der langen Frist kommt es zum Verschleiß der Gleitpartner und Altern des Deltamuskels mit entsprechendem Kraftverlust.

Das Prinzip der inversen Prothese existiert seit 1985; seit der Jahrhundertwende wird diese Prothesenform zunehmend im großen Stil implantiert. Die Überlebensraten sind mit knapp 90 % für 10 und 15 Jahre besser als die Knieprothesen, jedoch schlechter als die Hüftprothesen.

Wie auch bei anderen Prothesen empfiehlt sich für einen elektiven Eingriff ein spezialisierter Operateur mit entsprechender Erfahrung und OP-Frequenz.

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