Die meisten Deutschen warten händeringend auf die erlösende Corona-Impfung. Dabei kann man auch heute schon etwas Substanzielles gegen einen schweren Verlauf der COVID 19 Erkrankung unternehmen.
In der Literatur und Wissenschaft wird dabei vor allem der Einfluss des Vitamin D hitzig diskutiert – teilweise mit konträren Ergebnissen!
Vitamin D ist kein Vitamin im eigentlichen Sinn, sondern ein Sammelbegriff für mehrere Prohormone und Hormone aus dem Bereich der Steroidhormone, die in der Haut unter Sonnenexposition (UVB-Strahlung) gebildet werden.
Wenn man sich nur in geschlossenen Räumen aufhält (auch Fenster filtern das UVB aus dem Sonnenlicht), wenn die Sonne in den Wintermonaten zu flache Einstrahlwinkel in der Atmosphäre hat und wenn zu viel Hautoberfläche durch Kleidung bedeckt oder durch Sonnenblocker geschützt wird, bleibt kein ausreichender UVB-Kontakt mit der Haut übrig, um das Vitamin D in der Haut in ausreichendem Maße zu produzieren.
Zum anderen gibt es von Mensch zu Mensch große individuelle Unterschiede bei der Fähigkeit, dieses Hormon in der Haut zu bilden. Bei älter werdenden Menschen verringert sich diese Fähigkeit zusätzlich, weshalb ältere Menschen ohne Substitution generell zu niedrige Werte von diesem wichtigen Hormon aufweisen.
In der Nahrung kommt es nur in geringen Dosen im Fisch, in Eiern und Milchprodukten vor, sodass man ca. 100 Eier pro Tag essen müsste, um eine nennenswerte Dosis zu erhalten. Die Bezeichnung Vitamin ist daher bereits irreführend und banalisiert das Thema.
Die Speicherform Calcidiol (25-OH Vitamin D3) wird an Proteine gebunden in die Gewebe transportiert, wo es vor allem in der Niere zum aktiven Hormon Calcitriol (1α,25(OH)2Vitamin D3) umgewandelt wird.
Die Aufgaben des Vitamin D3 liegen vor allem in der Unterstützung des Calcium-Stoffwechsels (Prävention der Osteoporose), in der Regulation des Immunsystems und der Abwehr von Krebszellen.
Bei einem Mangel steigt entsprechend das Risiko für
Viele aktuelle Studien haben eindrucksvoll dargelegt, dass ein hoher Hormonspiegel des Vit D3 gerade in der Corona-Pandemie von herausragender Bedeutung für das Immunsystem ist und einen schützenden Effekt besitzt. Er kommt teilweise sogar an die Ergebnisse der Impfungen heran. So besitzt Vitamin D eine reduzierende Wirkung auf die gefährlichen Zytokine.
Ein Vitamin-D-Mangel trägt zum Akuten Atemnotsyndrom (ARDS) bei (Grant et al., 2020), welches wiederum der Hauptgrund für die Beatmungspflichtigkeit von COVID-19-Fällen auf der Intensivstation ist.
So ist nach einer großen Studie mit 780 Patienten (Raharusuna et al., 2020) die Wahrscheinlichkeit COVID 19 mit hohem Vitamin-D-Spiegel zu überleben um das 19-fache höher. 98,9 % der Patienten mit Vitamin-D-Mangel (< 50 nmol/l) verstarben an COVID-19, jedoch nur 4,1 % der Patienten mit hohem Vitamin-D (> 75 nmol/l).
Alipio M, 2020 hat 212 COVID-19-Patienten in 4 Schweregrade ihrer Erkrankung eingeteilt: mild, durchschnittlich, schwer und kritisch. Das Ergebnis war signifikant: Je niedriger der Vitamin-D-Wert, desto schwerer der Verlauf. Ein kritischer Verlauf war bei niedrigem Vitamin-D 23-mal häufiger als bei Werten von über 75 nmol/l.
Das bedeutet, dass Vitamin D3 zwar nicht vor einer Infektion mit dem COVID-19-Virus schützen, aber den Krankheitsverlauf deutlich verbessern kann oder sogar symptomlos verlaufen lässt.
Der Grund liegt darin, dass seit Jahrzehnten vor einer Überdosierung mit Vitamin D gewarnt wird, welches angeblich zu einer Hyperkalzämie, also einer Überladung mit Calcium führen könnte, was dann wiederum zu Nierensteinen und einer Gewebsverkalkung führen soll. Interessanterweise findet man bei genauem Nachfragen kaum einen Arzt oder Wissenschaftler, der dieses Phänomen bereits selbst beobachtet hätte.
Richtig ist, dass Vitamin D die Aufnahme von Calcium aus der Nahrung begünstigt, gleichzeitig aber mit Unterstützung des Vitamin K2 den Einbau des Calciums in den Knochen fördert und so ein gutes Gleichgewicht des Calcium-Stoffwechsels herstellt.
Eine Hyperkalzämie also Calcium-Überladung entsteht vielmehr durch 3 andere Ursachen:
Dem Vitamin D wurde und wird daher leider immer noch fälschlicherweise die Hauptrolle in der Hyperkalzämie zugeschrieben. Das Gegenteil ist der Fall. Ein Vitamin-D-Mangel kann über einen Anstieg des Parathormons (PTH) zu einer Hyperkalzämie führen.
Seit über 15 Jahren messen wir in unserer Praxis bei den Patienten standardmäßig auch das Calcium, Vitamin D 25-OH und Parathormon. Sollten dabei erhöhte Calcium-Werte auffallen, liegt fast immer auch ein erhöhtes PTH (Parathormon) und ein zu niedriges 25-OH-Vitamin D vor.
Gibt man diesen Patienten kontrolliert hochdosiert Vitamin D (Zielwert Vit D 25-OH 60-100 ng/ml), sinken sowohl die Parathormon- als auch die Calcium-Werte rasch in den Normalbereich und steigen nicht, wie zu Unrecht oft befürchtet wird. Bleiben Parathormon und Calcium-Spiegel dennoch hoch, handelt es sich meist um einen sogenannte „Primären Hyperparathyreoidismus“, also eine Störung der Nebenschilddrüse mit zu hoher Ausschüttung des PTH, der einer weiteren Behandlung bedarf.
In einigen Fällen, bei denen Patienten irrtümlich die hohen Anfangsdosen über mehrere Wochen weiter eingenommen haben und dadurch zu hohe Serumwerte des Vit D 25-OH von über 200 ng/ml aufwiesen, kam es dennoch nicht zu gefährlich hohen Calcium-Werten. In keinem einzigen Fall wurde bei diesem Vorgehen eine gefährliche Hyperkalzämie beobachtet.
Wie so oft werden Äpfel mit Birnen verglichen. In Studien, die keinen oder nur gering signifikanten Effekt einer Vitamin-D-Substitution erkennen ließen, wurden nur unzureichende Dosen von teilweise deutlich unter 1.000 IE Vitamin D3 pro Tag verabreicht. Damit lässt sich ein Vitamin-D-Mangel nicht beheben.
Bei Säuglingen werden zur Prophylaxe der Rachitis (Knochenerweichung) von Kinderärzten Dosen von 500-1.000 IE Vit D3 pro Tag empfohlen. Bei Erwachsenen empfiehlt die DGE (Deutsche Gesellschaft für Ernährungsmedizin) allerdings nur 400-800 IE als Tagesdosis (vor einigen Jahren waren es sogar nur 200 IE). Und das alles nur aus Angst vor einer vermeintlichen Überdosierung bzw. Vergiftung.
Dabei herrscht wissenschaftlich Einigkeit darüber, dass die Haut bei jungen Erwachsenen und guter Sonnenexposition in weniger als 30 Minuten über 20.000 IE selbst produzieren kann.
Auch herrscht Einigkeit darüber, dass Serumwerte von < 30 ng/ml einem Vitamin-D-Mangel entsprechen und unter 100 ng/ml unproblematisch sind. Erst ab 150 ng/ml soll es eine Überdosierung geben. Mit den empfohlenen Dosierungen von 400-800 IE wird man aber in den Wintermonaten einen echten Mangel niemals nur ansatzweise ausgleichen können.
Ältere Erwachsene benötigen nach unseren Beobachtungen der letzten 15 Jahre eine Dosis von ca. 60.000 IE Vitamin D pro Woche, um einen optimalen Ziel-Wert von 80 bis 100 ng/ml Vit D 25-OH zu erhalten.
Zum Auffrischen sind meist – je nach Ausgangswert – noch deutlich höhere Dosen in den ersten Tagen notwendig. Bei den Heimbewohnern, die kein Vitamin D substituieren, kann man davon ausgehen, dass alle einen sehr niedrigen oder katastrophal niedrigen Vitamin-D-25-OH-Wert von < 20 oder sogar < 10 ng/ml aufweisen.
Bei Ihnen treten gehäuft Infekte, Krebserkrankungen, Osteoporose, Diabetes, Müdigkeit und Depressionen auf – auch ohne Corona! Was spricht also dagegen, gerade bei diesen Menschen zusätzlich zu den Corona-Schnell-Tests auch einmal das Vitamin D 25-OH, Calcium und Parathormon zu bestimmen und anschließend den zu erwartenden Mangel kontrolliert auszugleichen?
Die Empfehlung:
Vitamin D ist kein Allheilmittel und nur weil man jeden Mitbürger mit Vitamin D beglückt, wird man nicht jeden Corona-Toten vermeiden können. Man wird aber die Zahlen zumindest deutlich senken und gerade die schweren Krankheitsverläufe und Todesfälle reduzieren – vor allem jetzt, solange noch kein Impfstoff ausreichend verfügbar ist.
Sobald Sie geimpft sind, nutzen Sie trotzdem weiter die Empfehlungen der Punkte 1.-3., da Sie damit zumindest ein gewichtiges Risiko für viele Erkrankungen einfach vermeiden können.
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