Artikel 25/01/2024

Keine Angst vor Prüfungen! Mit Biofeedback Prüfungsängste lindern

Rebekka Weger Psychologischer Psychotherapeut
Rebekka Weger
Psychologischer Psychotherapeut

„Prüfung!“ Allein das Wort lässt viele Studenten „Blut und Wasser schwitzen“. So manche bekommen Atembeschwerden, verfallen in panische Ängste, machen sich übermäßige Sorgen, sind nicht mehr Herr/ Frau ihrer Sinne und innerlich unruhig, sodass jeglicher Fokus unmöglich erscheint. Hinzu kommen auch noch Konzentrationsschwierigkeiten. Im folgenden Artikel stelle ich Biofeedback als wirksame Unterstützung bei Ängsten vor.

Schwarzweiß Zeichnung einer jungen Frau, die an einem Tisch vor einem Stapel Büchern sitzt und lernt. Studien haben gezeigt , dass Biofeedback insbesondere bei gestressten weiblichen Studierenden erfolgreich sein kann.

Was ist Biofeedback?

Biofeedback ist ein nicht- invasives Behandlungsverfahren, das dazu dienen soll, normalerweise autonome physiologische Prozesse („Bio“) aktiv und willentlich zu regulieren. Diese werden über ein Messgerät erfasst und so umgewandelt, dass sie akustisch, visuell oder taktil wahrgenommen werden können. Die Rückmeldung („Feedback“) bewirkt eine bewusste Wahrnehmung autonomer, oft unbewusster Körperprozesse. Diese lassen sich dadurch aktiv beeinflussen und gezielt verändern. Die Qualität der Rückmeldung liegt insbesondere an der Wahl der Sensoren. Die Methode erfordert sowohl technisches Grundverständnis als auch therapeutische Kompetenz. Biofeedback hat sich in vielfältiger Ausprägung in der Arbeit mit Stress und Erschöpfungssymptomen als besonders wirksam gezeigt. Dadurch, dass Biofeedback- Systeme selbst kleinste Änderungen darstellen, sehen die Probanden sofort, dass “etwas weiter geht” und bleiben motiviert. Auch Fehler in der Ausführung werden sichtbar. Ein wesentlicher Vorteil von Biofeedback ist, dass die Probanden die Erfolge sofort auf dem Bildschirm sehen und damit motiviert werden, den eingeschlagenen Weg weiterzugehen.

Spätestens sobald die Prüfungsphase und die Abgabefristen in Sichtweite rücken, gehören Angst und Stress zum Alltag von Studierenden. Von wegen Studentenleben! Vor allem die Kombination aus mehreren Faktoren begünstigt das Empfinden von Stress. Die Klausurenphase und die Vorbereitung auf die Prüfungen können schon in Gedanken Angstzustände auslösen. Aber auch der Einstieg in das Studium und die Organisation der Semester kann Schwierigkeiten bei der Bewältigung auslösen. Studierende machen sich teilweise selbst Druck durch zu hohe Erwartungen an die eigenen Leistungen und an die Zukunftsplanung, sodass schnell Überforderungsgefühle ausgelöst werden können. Zudem sind es die Erwartungshaltungen von Eltern, Dozenten oder der Vergleich mit Kommilitonen, die zusätzlich „pressieren“. Studien zeigen, dass ca. 80 % der Studierenden moderaten Stress erleben, 10 % - 50% überdurchschnittlichen und 9 - 12 % enormen Stress. Dauerhafter Stress kann zu ernsthaften Problemen führen.

Eine Studie des Lehrstuhls für Marketing der Universität Potsdam und des Lehrstuhls für Marketing und Business Development der Universität Hohenheim bestätigt, dass Studierende gestresster als Angestellte sind, weibliche Studierende gestresster als die männlichen. An Hochschulen sind Studierende gestresster als an den Unis und als Bacheloranwärter oder Bacheloranwärterin ist man gestresster als im Master- oder Diplomstudium.

Eine wichtige Rolle im Umgang mit Stress spielt die sog. distress tolerance, die Fähigkeit, negative psychologische Zustände zu erleben und auszuhalten. Wie kann man diese Toleranz erhöhen? Dr. Spermidins von der Vytautas Magnus University hat sich dieser Frage gestellt und verglichen Gruppen mit Biofeedback, PMR und eine Kontrollgruppe. Sowohl die PMR als auch Biofeedback waren in der Lage, die distress tolerance zu erhöhen. Die PMR war vor allem bei Studierenden mit zu Beginn niedriger Toleranz erfolgreich. Bei denen, die über höheren erlebten Stress berichteten, war das Biofeedback erfolgreich.

Eine Studie von Dr. Kotozaki beschäftigte sich damit, wie Biofeedback genutzt werden kann, um Stress entgegenzutreten. Eine Biofeedbackgruppe führte täglich für 28 Tage fünf Minuten Biofeedback durch. Nach dieser hat Biofeedback signifikant Stress reduziert.

Die Studie von Chaló et al. (2017) hatte das Ziel, die Effektivität eines kurzen Biofeedback- Interventionsprogramms auf die Reduktion von Angst und Stress bei Studierenden mit hohen Stresslevels zu untersuchen. Hierzu wurden nur Studierende in die Studie aufgenommen, welche im STAI Y-2 (psychologischer Test für Angst) einen Wert bei oder über dem 75er Perzentil erreichten. Für die Messung des Stress- Levels wurde der ISEU verwendet. Die Teilnehmer wurden in zwei Gruppen eingeteilt, eine Biofeedback- Interventionsgruppe sowie eine Wartelistenkontrollgruppe. Die Biofeedback- Sessions bestanden aus 15 Minuten Training pro Woche über einen Zeitraum von acht Wochen. Die Teilnehmer absolvierten ein Hautleitwert- Biofeedbacktraining und erhielten direkte Rückmeldung über Ihren Erfolg in der Reduktion des Hautleitwerts. Die Teilnehmer wurden gebeten, ruhig zu sitzen und mit der Atmung einem vorgegebenen Atemmuster (sechs Atemzüge pro Minute) zu folgen. Nach der Sitzung folgte eine kurze Besprechung und die Teilnehmer wurden instruiert, die Methoden zur Entspannung auszuprobieren, wenn sie im Alltag Angstgefühle erlebten.

Eine Woche nach dem Ende des Biofeedback- Programms folgte die Post-Interventionserhebung. 44 (von 50) Teilnehmern (zwischen 18 und 24 Jahre) flossen in die Auswertung mit ein. Nach dem Programm zeigte nur die Biofeedbackgruppe eine signifikante Reduktion der Werte von Angst und Stress.

Biofeedback ist ein ausgezeichnetes Tool mit sehr guter Akzeptanz (alle Teilnehmer gaben an, die Biofeedback- Einheiten genossen zu haben) bei Studierenden, welches Angst- und Stresssymptome lindern kann und damit zur Unterstützung in stressigen Situationen beiträgt.

Biofeedback bietet die Möglichkeit eines direkten gemeinsamen Zugangs von Behandler und Proband zu bestehenden Beschwerden als auch zu Ressourcen. Das Erleben von Selbstwirksamkeit und Kontrolle ist ein entscheidender Faktor, mit dem Biofeedback Symptomverringerung und -bewältigung maßgeblich unterstützen kann. Dennoch empfiehlt sich, individuell zu entscheiden, welche weiteren Maßnahmen und Behandlungsansätze (Psychotherapie, Physiotherapie etc.) kombiniert hilfreich sind. Also keine Angst vor Prüfungen!

Quellen:

Chaló, P., Pereira, A., Batista, P., & Sancho, L. (2017). Brief Biofeedback Intervention on Anxious Freshman University Students. Applied Psychophysiology and Biofeedback, 1-6.

https://link.springer.com/article/10.1007/s10484-017-9361-5

Grundstudie: Purwandini Sutarto, A., Abdul Wahab, M. N., & Mat Zin, N. (2012). Resonant breathing biofeedback training for stress reduction among manufacturing operators. International Journal of Occupational Safety and Ergonomics, 18(4), 549-561.

Jarasiunaite, G., Perminas, A., Gustainiene, L., Peciuliene, I., & Kavaliauskaite-Keserauskiene, R. (2015). BIOFEEDBACK-ASSISTED RELAXATION AND PROGRESSIVE MUSCLE RELAXATION POTENTIAL FOR ENHANCING STUDENTS’DISTRESS TOLERANCE. European Scientific Journal, 11(2).

Kotozaki, Y., Takeuchi, H., Sekiguchi, A., Yamamoto, Y., Shinada, T., Araki, T., … & Kawashima, R. (2014). Biofeedback‐based training for stress management in daily hassles: an intervention study. Brain and behavior, 4(4), 566-579. Free Full Text Source: http://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1002/brb3.241/full

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