Dr. med. vet. Iris Polzin

Dr. med. vet. Iris Polzin

Bleiben wir bei den Tatsachen: Sie wohnen 1,8 km von einer großen Tierarztpraxis entfernt. Zu mir sind sie 14.8 km gefahren.
Die Katze, die ich sofort und unverzüglich euthanasiert habe, war bis zum Skelett abgemagert, in Seitenlage in einer Decke, völlig verfilzt und verdreckt in erbarmungswürdigem Zustand. Es ist meine Pflicht, mich bei einem unbekannten Besitzer und einem unbekanntem Tier danach zu erkundigen, wie es möglich ist, das ein Tier in einen solchen tierschutzwidrigen Zustand kommt. Ihre Erklärung bestand in der Aussage, das das Tier nierenkrank sei. Unseren Aufzeichungen konnte ich entnehmen, das sie in den letzten beiden Jahren 4 (!!) Katzen in diesem Zustand bei uns zum Einschläfern abgaben. Eine Nierenerkrankung ist mittlerweile gut behandelbar und ein behandeltes Tier kommt niemals in einen solchen Zustand. Meine Frage zielte darauf, wie und von wem diese vielen Tiere regelmäßig behandelt werden. Als Antwort wurden sie aggressiv . "Sehen sie nicht wie schlecht es MIR geht...". Bei uns geht es immer und in erster Linie um das Tier. Sie wiesen daraufhin, das sie Tierschutz betreiben und 2 Kinder haben. Mir hätte eine Antwort gereicht, die auf das Standardmedikament bei Nephrosen und eine Nierendiät hinweist. Und die Antwort:" mein Haustierarzt ist Dr. xy, dort wurde die Erkrankung vor x Monaten durch Labor festgestellt". Statt dessen die Behauptung, meine Nachbartierärztin würde tierschutzwidrig einschläfern. Die Kollegin ist staatlich vereidigte Amtstierärztin mit einer Sonderausbildung in Tierschutzgesetzgebung! Das habe ich durch einen direkten Anruf geklärt. Was Sie noch wütender machte.. Auch der Hinweis auf eine 50 km von Ihrem Wohnort befindliche Tierklinik ist nicht glaubwürdig. Nephrosen sind für jede Tierarztpraxis das, was Karies für den Zahnarzt ist: tägliche Routine, evidenzbasierte unstrittige Grundbehandlung.
Und diese Rachebewertung ist so unglaubwürdig wie Ihre Behauptungen.

Dr. med. vet. Iris Polzin

Diese Bewertung hat uns sehr erstaunt und ich bin der Sache nachgegangen. Alle Tiere werden bei uns ausschließlich mit einem Barbiturat eingeschläfert, das ein Betäubungsmittel ist. Darüber führen wir zusätzlich zu allen anderen Listen noch einmal eine sehr genaue und übersichtliche Liste. Ich habe mir alle eingeschläferten Tiere der letzten Monate angesehen. Ich kenne alle Besitzer schon lange, betreute die Tiere viele Jahre oder sogar schon ihr ganzes Leben. Kein Tier wurde im Beisein eines kleinen Kindes eingeschläfert. Bis auf EINE Ausnahme: eine ältere, nette Dame brachte mir eine Katze. Total abgemagert, völlig verfilzt, mit großer Atemnot. Begleitet wurde die Dame von einem 1,5 Jahre alten, sehr fröhlichem Kind, das permanent im Behandlungsraum lachend hin und her rannte. Die Katze litt an einem weit fortgeschrittenen Lungenödem und ertrank innerlich. Die Dame und ich kamen schnell zu der Übereinstimmung, das die Katze erlöst werden musste. Während die Katze langsam einschlief, versuchten wir mit dem Kind zu reden, das aber weiter fröhlich hin und her lief und keinerlei Anzeichen erkennen ließ, das es vom Geschehen irgendeine Notiz nahm. Beim Hinausgehen aus der Praxis habe ich kurz auf das Kind aufgepasst, damit es sich nicht beim Herumrennen an unseren Geräten verletzt. Dieses Kind hat unsere Praxis genauso fröhlich verlassen wie betreten. Beim Hinausgehen sagte die alte Dame noch, das der Verlust der Katze nicht so schlimm sei, da ihre Tochter gerade einen neuen Welpen bekommen hätte.
Ich werde oft gefragt, ob das Einschläfern von Tieren das Schlimmste an meinem Beruf sei. Ist es definitiv nicht. Wenn der Sterbeprozess eingesetzt hat und das Weiterleben zur Qual wird, dann ist das sanfte Hinüberbegleiten des Tieres ein letzter Dienst, den ich dem Tier gerne erweise. Und anders ist es die letzten 35 Jahre nie passiert... das Schlimmste in meinem Beruf sind die Augen der Tiere mit Atemnot, weitaufgerissen und voller Qual, die mich um Hilfe anflehen!