Team jameda
Das Thema dieses Artikels ist eigentlich irreführend:
Richtig müsste es heißen \‘Erkrankungen des Zahnhalteapparates\’. Da aber die wenigsten Patienten eine Vorstellung der Anatomie des Zahnes und seiner Umgebungen haben, konzentriert sich die Aufmerksamkeit auf den Zustand des Zahnfleisches.
Gibt es beim Essen Blutspurer, oder beim Ausspülen nach dem Zähneputzen? Fühlt sich das Zahnfleisch wund an? Wenn diese Symptome auftreten, dann liegt zumeist eine oberflächliche Entzündung vor, die durch Hygienemaßnahmen fast immer schnell in Griff zu bekommen sind.
Jetzt kommt die schlechte Nachricht:
Ist die Erkrankung erst einmal tiefer vorgedrungen und zu einem Knochenabbau geführt, in anderen Worten: Sind Zahnfleischtaschen von 5 und mehr mm meßbar, dann verschwindet oft die oberflächliche Entzündung, es blutet also nicht mehr.
Die Prozesse, die in der Tiefe der Zahnfleischtasche ablaufen, sind noch nicht bis in alle Details wissenschaftlich erforscht. Wir wissen allerdings heute, dass mehrere Erregergruppen zusammenspielen und einen Biofilm bilden, der die körpereigene Abwehr in Daueralarm versetzt.
Es wird vermutet, dass entsprechend eines genetischen Musters die Abwehr selbstzerstörerische Kräfte entwickeln kann und eigene Knochenabbauzellen aktiviert werdendie in Folge den Knochenhalt unserer Zähne schwächen.
In der Endphase wackeln dann die Zähne und es kann schubweise Eiter abfließen. Meistens laufen diese Prozesse völlig schmerzfrei ab. Erst die Abwanderung von Zähnen, vor allem im sichtbaren Bereich, machen den Patienten darauf aufmerksam, dass etwas nicht stimmt.
An erster Stelle muss eine genaue Diagnostik stehen: Röntgenbilder geben einen Anhaltspunkt über die Abbauart des Knochens. Taschenmessungen geben Hinweise über den Grad der Fortgeschrittenheit der Parodontitis. Blutungen und Sekretabfluss deuten auf das Vorhandensein eines akuten Schubs der Erkrankung hin.
Ist die Mundhygiene des Patienten nicht genügend, muss hier zuerst angesetzt werden. Eine professionelle Zahnreinigung im Vorfeld ist bestimmt von Nutzen, damit die Zunge überhaupt erstmal erfährt, wie sich glatte Zahnoberflächen anfühlen.
In der Parodontitis-Vorbehandlung werden dann alle Beläge entfernt, die ohne lokale Betäubung erreichbar sind. Diese sollte sich idealerweise über wenigstens drei Termine in zweiwöchigen Abständen erstrecken und ist auch für Versicherte der gesetzlichen Krankenkassen Privatleistung. Die eigentliche Behandlung, eine Antragsleistung, wird dann aber zu 100% von der Krankenkasse übernommen.
Und jetzt kommt der entscheidende Punkt:
Ohne eine Nachsorge und Überwachung ist diese ganze Mühe umsonst!
Schwedische Forscher haben in Vergleichsstudien festgestellt, dass ohne eine solche Nachbehandlung nach sieben Jahren der Zustand gleich ist, als wäre gar keine Behandlung durchgeführt worden!
Es klingt hart, ist aber wahr:
Wenn der Patient sagt, dass bei ihm vor Jahren eine systematische Parodontosebehandlung durchgeführt wurde, dann aber die Gegenfrage, ob er systematisch in der Folge überwacht wurde verneint, dem muss gesagt werden, dass dann eigentlich alles mehr oder weniger \‘für die Katz\’ war.
Anders gesagt:
Wer die Nachricht erhält, dass er zu der Gruppe der für Parodontalerkrankungen anfälligen Menschen gehört, muss diese ähnlich verarbeiten wie derjenige, der die Hiobsbotschaft \‘Diabetes\’ erhält. Er ist nicht dauerhaft heilbar.
Stellt sich beim Keimmarkertest gar heraus, dass er aggressive Keime aufweist, die eine Behandlung mit Antibiotika erfordert, dann muss man diese Therapie ca. alle 3 Jahre wiederholen, denn dann sind die Erreger wieder in die Mundhöhle zurückgekehrt.
Wenn man bedenkt, dass jeder Mensch zum Arzt geht, um geheilt zu werden und dann das Problem zu vergessen, ist klar, was für eine schwierige Aufgabe auf das Praxisteam wartet:
Neben ständiger Wiederholung der Ursachen und Folgen der Erkrankung muss eigentlich alle 4 Monate eine Zyklus der Remotivation stattfinden, denn sonst fangen fast alle Patienten das Problem aus dem Bewusstsein zu verlieren.
Keine leichte Aufgabe vor allem für die Dentalhygienikerinnen, die sich manch unwirsches Wort von nicht besonders einsichtigen Patienten anhören müssen.
Dass das alles nicht zum Nulltarif zu haben ist, sollte sich eigentlich von alleine verstehen.
Mir klingt immer noch der Satz einer holländischen Hygienikerin in einer Großpraxis in München zu einem Patienten im Ohr: \‘Ihre Zähne kosten Sie sowieso Geld. Sie haben die Wahl, ob sie dieses in den Erhalt der eigenen Zähne stecken wollen oder in teuren Zahnersatz oder Implantate!\’
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