Artikel 02/08/2015

Kalkschulter: Symptome erkennen, vorbeugen und selbst behandeln

Team jameda
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Sind die Rotatorenmanschettensehnen entzündet, entstehen heftige Schmerzen. Vor allem Frauen zwischen 30 und 50 Jahren leiden unter Kalkschultern. Wie sie Symptome erkennen, Kalkschultern am besten vorbeugen und selbst behandeln können, wollte jameda vom Schulter-Spezialisten Dr. Groß wissen.

jameda: Kleine Kalkansammlungen im Schultergelenk verursachen anfangs kaum Symptome. Aber spätestens wenn starke, wellenartige Schmerzen auftreten, sind die meisten Patienten alarmiert. Woran erkennen Betroffene, dass sie eine Kalkschulter entwickelt haben und nicht an einer anderen Schultererkrankung leiden?
Dr. Groß: Viele Schultererkrankungen äußern sich durch dieselben Schmerzen. Deshalb ist es für Patienten schwer zu erkennen, ob sie an einer Kalkschulter, an einem Sehnenriss oder einer Schleimbeutelentzündung leiden. Bei einer Kalkschulter ist oftmals die Bewegung eingeschränkt und die Patienten können kaum auf der Seite liegen – aber das ist nicht immer so. Diagnostische Sicherheit erhalten die Patienten nur in der Arztpraxis.

jameda: Helfen gängige Hausmittel gegen Schmerzen wie Kälte- und Wärmeanwendungen, die Symptome der Kalkschulter akut zu lindern?
Dr. Groß: Coolpacks aus dem Kühlschrank und Eiswasser tun vielen Patienten gut. Weil Kälte die Schmerzen in seltenen Fällen aber auch verstärkt, probieren Patienten am besten selbst aus, was ihnen hilft. Schmerz lindernd können z. B. auch Quarkwickel und Retterspitz wirken. Wärme ist dagegen zu vermeiden, da sie die Entzündung verstärkt.

jameda: Manche Patienten sind versucht, bei jeder Schmerzattacke Tabletten einzunehmen. Doch Schmerzmittel können den Magen belasten. Wie häufig können Patienten gefahrlos zur Schmerztablette greifen?
Dr. Groß: Tritt der Schmerz nach dem Sport oder einer anderen Belastung auf, sollten Patienten nicht länger als eine Woche Schmerzmittel nehmen. Bei spontanen Schulterschmerzen, die scheinbar ohne Grund auftreten, sind Schmerztabletten allerdings nie eine gute Wahl: Schmerzen sind ein Warnsignal, das man nicht einfach ausschalten sollte. In diesem Fall macht es Sinn, einen Arzt aufzusuchen.

jameda: Was können Patienten sonst noch tun? 
Dr. Groß: Bei kleinen Kalkherden, die nur hin und wieder etwas schmerzen und die Beweglichkeit nur leicht einschränken, helfen Dehnübungen. Diese Übungen erlenen Patienten entweder in der Physiotherapie oder zu Hause. Bei leichten Beschwerden ist das die beste Therapie. Fünf bis zehn Minuten am Tag reichen aus, um die Entzündung abklingen zu lassen und das Fortschreiten der Erkrankung – damit auch eine OP – zu vermeiden.

jameda: Kann es sein, dass die Kalkschulter auch von alleine verschwindet?   
Dr. Groß: Viele Patienten glauben, dass nur der Arzt in der Lage ist, einen Kalkherd in der Schulter zu beseitigen. Tatsächlich verschwinden die meisten Verkalkungen mit der Zeit von ganz alleine. Behandelt werden müssen sie nur dann, wenn die Schmerzen zu groß werden oder die Beweglichkeit erheblich eingeschränkt ist. Leider bereit die spontane Selbstauflösung des Kalkherdes oftmals starke Schmerzen, so dass eine ärztliche Therapie notwendig wird.

jameda: Wie sieht Diagnostik und Behandlung in der Praxis aus?
Dr. Groß: Durch ein Röntgenbild oder eine Ultraschalluntersuchung lassen sich die Diagnose sichern und andere Erkrankungen ausschließen. Die Therapie richtet sich nach der Phase der Erkrankung und der Größe des Kalkherdes: Bei geringen Beschwerden oder kleinen Kalkherden helfen oft eine Bewegungstherapie, Schmerztabletten oder antientzündliche Mittel. Im akuten Stadium sind Injektionen mit entzündungshemmenden Mitteln sinnvoll. Bei großen Kalkherden oder länger andauernden Beschwerden ist die Entfernung des Kalks angezeigt. Dies ist mit einer Operation, einer Stoßwellenbehandlung oder der Nadel-Lavage möglich. Die Operation gilt als der Goldstandard, um den Kalk zu entfernen, neue Studien konnten jedoch zeigen, dass die mikroinvasive Nadelbehandlung nahezu gleichwertige Ergebnisse erzielt – bei geringeren Kosten und Risiken.

jameda: Warum wird die Nadel-Lavage dann so selten angewandt?
Dr. Groß: Da sich die meisten Ärzte auf die operative Therapie oder Stoßwellenbehandlungen spezialisiert haben, führen nur wenige deutsche Ärzte die Nadel-Lavage durch. Ein weiterer Grund für die geringe Verbreitung liegt sicher auch an den hohen Anschaffungskosten für ein hochauflösendes Ultraschallgerät. Auch die Stoßwellentherapie ist ein sehr schonendes Verfahren und lindert die Schmerzen, führt aber nur bei ca. 40 Prozent der Fälle zur vollständigen Entfernung des Kalkes.

jameda: Warum sich Kalkschultern bei manchen Menschen entwickeln, ist noch nicht eindeutig geklärt. Durchblutungsstörungen oder Überlastungen könnten die Ursache sein. Lassen sich Kalkschultern also vorbeugen, indem Patienten mit Massagen und Gymnastikübungen ihre Durchblutung verbessern oder Überbelastungen vermeiden? Spielt auch die Ernährung eine Rolle?
Dr. Groß: Es gibt keine wissenschaftlichen Hinweise, dass Salben oder eine spezielle Ernährung Auswirkungen auf die Entwicklung einer Kalkschulter haben. Vorbeugend wirken Dehnübungen, die zu einer Verbesserung der Beweglichkeit des Gelenkes führen und damit den Druck auf die Sehnen reduzieren. Auch die Körperhaltung spielt eine Rolle: Wenn Patienten die Brustwirbelsäule aufrichten und die Schulterblätter zusammenbringen, entlasten sie ihre Schultern. So können sie viele Schulterprobleme verhindern, zum Beispiel auch das sogenannte Impingementsyndrom, das viel zu häufig operiert wird.

jameda: Vielen Dank für das Gespräch!

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