Die Infektion mit Bakterien oder Pilzen stellt eine verheerende Komplikation nach erfolgreichem Gelenkersatz dar. Die Konsequenzen für die betroffenen Patienten sind enorm. Jede Anstrengung, um das Infektionsrisiko zu minimieren, ist wichtig.
Für den Hüft- und Kniegelenkersatz berichten spezialisierte Zentren über Infektionsraten unter 0,5 %. Jedoch zeigen Registerdaten und andere größere nationale und internationale Auswertungen regelmäßig Infektionsraten von etwa 2 % und mehr.
Die Infektion stellen zwar eine teilweise schicksalhafte Komplikation dar. Die unterschiedlichen Raten zeigen jedoch, dass Bemühungen zur Reduktion effektiv sind. Sowohl der Patient als auch der Operateur und sein Team sollten effektive Maßnahmen ergreifen.
Das Endoprothesenteam am ECOM (Excellent Center of Medicine in München) führt weitere individuelle Maßnahmen durch, die hier im Folgenden aufgeführt sind. Sie tragen seit Jahren konsequent und mit großem Erfolg zur Vermeidung von Infektionen bei.
Optimale Einstellung des Diabetes mellitus: Die Blutzuckerkrankheit stellt einen Risikofaktor für das Auftreten einer Infektion der Prothese dar. Es konnte aber nachgewiesen werden, dass Patienten mit einer optimalen Einstellung des Blutzuckers in den Wochen vor der Operation (messbar anhand vom Langzeitzucker, HbA1C) weniger Infektionen hatten als solche mit erhöhtem Blutzucker. Der Blutzucker sollte also vor der Operation optimal eingestellt werden.
Desinfizierende Waschung: Mehrere Studien konnten zeigen, dass die Waschung mit einer desinfizierenden Seife 1-5 Tage vor der Operation zu weniger Infektionen durch Verminderung der Keime auf der Hautoberfläche führte.
Einstellen oder Reduzieren des Rauchens: Das Risiko des Auftretens einer Infektion ist bei Rauchern deutlich erhöht. Eine vierwöchige Rauchpause kann dieses Risiko zwar nicht ganz auf das Niveau von Nichtrauchern senken, aber dennoch deutlich reduzieren.
Einstellen oder Reduzieren des Alkoholgenusses: Gerade hoher Alkoholkonsum führt zu einer Erhöhung des Risikos von Protheseninfektionen. Auch hier sollte mindestens vier Wochen vor der Operation der Alkoholgenuss auf ein Minimum reduziert werden.
Einstellen einer Anämie (Blutarmut): Blutarmut ist bei allen chirurgischen Eingriffen mit einem höheren Komplikationsrisiko verbunden. Auch wenn das Blutungsrisiko bei modernen blutsparenden Operationstechniken gering ist, sollte vor der Operation das Blutbild kontrolliert werden. Falls eine Blutarmut vorliegt, sollte diese vor einer Operation, z. B. mit der Gabe von Eisen, behandelt werden.
Absetzen immunsuppressiver Medikamente: Gerade bei Patienten mit Rheumaerkrankungen sollten die Medikamente, welche das Immunsystem unterdrücken, vor der Operation abgesetzt werden, da sie das Risiko für Infektionen erhöhen.
Vermeidung einer Rasur im Operationsgebiet: Durch kleine Verletzung der Haut bei der Rasur können Bakterien in die Haut eintreten. Eine Rasur im Operationsgebiet sollte nicht mehr erfolgen. Die notwendige Haarkürzung erfolgt mit speziellen elektronischen Rasierern und wird standardisiert durch das Klinikpersonal vorgenommen.
Gewichtsreduktion bei eventueller Adipositas: Hohes Gewicht führt zu einer höheren Rate an Infektionen. Falls der Kunstgelenkersatz aufgeschoben werden kann, sollte Gewicht abgenommen werden, ggf. mit professioneller Hilfe. Eine starke Gewichtsabnahme vor der Operation mittels Fasten beispielsweise sollte aber unterbleiben.
Zahnsanierung: Wir empfehlen allen Patienten eine Prophylaxeuntersuchung bei ihrem Zahnarzt. Infizierte oder abgestorbene Zähne sollten vor einer geplanten Operation behandelt werden. Das trägt dazu bei, mögliche Infektquellen – von welchen Bakterien auf ein künstliches Gelenk streuen könnten – zu beheben.
Antibiotikaprophylaxe: Die Gabe eines Antibiotikums 30 min vor bis zu 24 h nach der Operation ist obligat und senkt das Risiko einer Endoprotheseninfektion.
Gewebeschonendes Operieren: Der vorsichtige Umgang mit dem Gewebe mit möglichst muskelschonenden Zugängen führt zu weniger Blutungen und Quetschungen. Das ist z. B. bei der minimal-invasiven AMIS-Technik für die Implantation von Hüftprothesen so. Dazu gehört auch die Gabe von gerinnungsfördernden Medikamenten während der Operation, um Nachblutungen zu vermeiden.
Die Operation sollte auch so zügig wie möglich erfolgen, da eine längere Öffnung der Wunde zum Eintritt von Bakterien prädestiniert. Dies gelingt unter anderem durch Spezialisierung in Zentren auf den Ersatz von Knie- und Hüftgelenk.
Die Basismaßnahmen der Hygiene müssen in der Klinik natürlich strengstens beachtet werden. Weitere intraoperative Faktoren, welche Infektionen vermeiden sollen, sind das Tragen von zwei Paar Handschuhen, das Vermeiden von unnötigem Personalwechsel im OP, das Verwenden von Abdeckfolien mit Iod und das korrekte Bedienen von Reinluftanlagen durch ein eingespieltes Operationsteam.
3. Postoperative Maßnahmen
Unmittelbar nach der Operation bis zum Abschluss der Wundheilung sollte das Rauchen weiter vermieden und das Trinken von Alkohol weiter auf ein geringes Maß reduziert werden. Wichtig ist ferner die optimale Einstellung des Blutzuckers.
Oberflächliche Wundheilungsstörungen sollten konsequent behandelt werden, um tiefere Infektionen zu verhindern.
Langfristig ist die frühzeitige und konsequente Behandlung von Infektionen im Körper (beispielsweise an den Zähnen) wichtig, um eine Streuung der Bakterien auf die Prothese zu verhindern. Diese Behandlung beinhaltet in der Regel die Gabe von Antibiotika.
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