Artikel 25/08/2017

Bauchfellentzündungen sind lebensgefährlich! Alles über Ursachen, Symptome und Behandlungen

Team jameda
Team jameda
bauchfellentzuendungen-sind-lebensgefaehrlich-alles-ueber-ursachen-symptome-und-behandlungen

Sie haben plötzlich eine harte und gespannte Bauchdecke mit Druckschmerz und Fieber? Gehen Sie sofort ins Krankenhaus! Das könnte eine Bauchfellentzündung sein, die lebensbedrohlich ist. Lesen Sie hier, was die Erkrankung verursacht, wie sie sich äußert und welche Behandlungsmöglichkeiten es gibt.

Definition und Häufigkeit

Bei der Bauchfellentzündung, auch Peritonitis genannt, haben Bakterien das Bauchfell befallen, eine doppelschichtige Haut aus Bindegewebe, die den Bauchraum auskleidet. Es umgibt die meisten Organe unterhalb des Zwerchfells bis zum Eingang des kleinen Beckens und produziert eine Flüssigkeit, die wie ein Gleitmittel die Bewegungen der Bauchorgane erleichtert.

Es gibt die primäre und sekundäre Form der Erkrankung, die unterschiedliche Ursachen haben. Die sekundäre Bauchfellentzündung ist die Folge von Erkrankungen anderer Organe im Bauch. Eine lokale Peritonitis ist auf einen Teil des Bauchfells begrenzt, wobei eine diffuse Peritonitis das ganze Bauchfell betrifft.

Darüber hinaus gibt es die Pseudoperitonitis, eine scheinbare Bauchfellentzündung.

Dann gibt es noch die ansteckende Bauchfellentzündung, auch ,feline infektiöse Peritonitis‘‘ oder „FIP“ genannt. Sie wird durch ein Coronavirus von Katze zu Katze übertragen. Es handelt sich um eine rätselhafte und tödliche Krankheit, die Menschen nicht betrifft.

In Deutschland erkranken pro Jahr ungefähr 10.000 Menschen an einer Bauchfellentzündung, wovon ungefähr 5 Prozent daran sterben. Betroffen sind alle Altersgruppen und beide Geschlechter.

Baucherkrankungen als mögliche Ursachen

Die primäre Peritonitis wird von einer bakteriellen Infektion verursacht: Der häufigste Erreger ist das Darmbakterium Escherichia coli.

Ursachen einer sekundären Bauchfellentzündung:

  • akute Blinddarmentzündung, die häufig auch Kinder betrifft
  • Entzündungen von Divertikel, von Ausstülpungen der Darmwand
  • Entzündung der Gallenblase
  • Entzündungen des Magens oder der Bauchspeicheldrüse
  • Durchbruch von Bauchorganen in Folge von Blinddarm- oder Gallenblasenentzündungen
  • Verletzungen oder Operationen im Bauch, insbesondere nach einer Darm-OP
  • Aufbruch eines Ulkus, eines entzündlichen Schleimhautdefekts der Darmwand
  • Leck von Magensaft, Galle oder Bauchspeicheldrüsenflüssigkeit
  • Lebererkrankungen
  • Wasseransammlungen im Bauch, auch Aszites genannt
  • Darmverschluss
  • Bauchfellkrebs
  • schwere Entzündungen der inneren Geschlechtsorgane der Frau, wie zum Beispiel die eitrige Eileiterentzündung

Menschen, die unter Nierenversagen leiden, müssen ihr Blut mit Hilfe der Dialyse reinigen lassen. Eine Möglichkeit ist die Bauchfelldialyse, bei der der Körper über die Bachhöhle entgiftet wird, was zur Bauchfellentzündung führen kann.

Die Pseudoperitonitis tritt bei der Blutzuckerkrankheit auf oder bei einer schweren Unterfunktion der Nebennierenrinde, die Morbus Addison genannt wird. Betroffene leiden unter starken Bauchschmerzen, wie bei einer echten Bauchfellentzündung, aber ohne Entzündung. Wieso das passiert, ist unklar.

Symptome: brettharter Bauch und Fieber

Die primäre Peritonitis verursacht untypische Symptome, wie Fieber und Bauchschmerzen, und ist schwer zu erkennen. Bei einer sekundären Peritonitis dominieren die Symptome der Grunderkrankung. Die Bauchmuskulatur wird reflektorisch angespannt und die Muskeln der Bauchdecke krampfen sich automatisch zusammen, so dass die Bauchdecke bretthart wird.

Die Betroffenen haben Fieber und ziehen ihre Beinen an, wenn sie liegen. Der Bauch ist aufgebläht und schmerzt, wobei sich die Schmerzen bei Bewegungen und Erschütterungen, wie zum Beispiel beim Husten und Niesen, verschlechtern.

Dazu kommen:

  • ein schlechtes Allgemeinbefinden
  • Übelkeit, Appetitlosigkeit
  • Schmerzen im Oberbauch, der oft geschwollen ist
  • blutiges Erbrechen, manchmal sogar Koterbrechen
  • Verstopfung

Oft können die Betroffenen den Schmerzpunkt mit dem Finger genau lokalisieren. Dann führt der Arzt den sogenannten ,Carnett-Test‘‘ durch. Er verlangt vom Patienten, die Bauchdecke durch das Anheben der Beine oder des Oberkörpers anzuspannen. Der Arzt drückt dann mit dem Finger auf den Schmerzpunkt. Wird der Schmerz dadurch intensiver, ist der Test positiv und die Ursache liegt unter diesem Punkt.

Komplikationen der Bauchfellentzündung:

  • Bildung von Eiter im Bauchraum, auch Peritonealabszess genannt
  • Kreislaufschock mit Absturz des Blutdrucks und erhöhter Herzfrequenz
  • Blutvergiftung

So stellt der Arzt die Diagnose

Für die Diagnose der Bauchfellentzündung ist ein Blutbild wichtig, in dem Werte überprüft werden, die sich bei der Erkrankung bestimmter Bauchorgane verändern. Darüber hinaus sind die Entzündungsparameter im Blut erhöht.

Wichtig für die Diagnostik ist, die Ursache zu finden. Folgende Untersuchungen werden zu diesem Zweck gemacht:

  • Röntgenuntersuchungen mit oder ohne Kontrastmittel
  • Ultraschalluntersuchungen der Bauchorgane
  • Computertomografie
  • Bauchspiegelung
  • Bauch-Punktion

Behandlung mit Antibiotika

Die Bauchfellentzündung wird mit Antibiotika behandelt, die entweder in die Vene gespritzt oder als Tabletten verabreicht werden. Ist ein Kreislaufschock eingetreten, muss der Kreislauf zuerst unter intensivmedizinischer Überwachung stabilisiert werden.

Die meisten Ursachen einer sekundären Bauchfellentzündung erfordern eine Operation. Ist zum Beispiel der (Blind-)Darm durchgebrochen, wird der Schaden operativ behoben. Der Arzt entfernt auch Eiter und abgestorbenes Gewebe bei dem Eingriff.

Während der OP spült der Arzt das erkrankte Bauchfell mit einer Kochsalzlösung und Antibiotika aus. Darauf folgt oft für einige Tage eine Drainage des Bauchraums. In diesem Zeitraum ist Bettruhe angesagt, der Patient erhält Medikamente zur Schmerzlinderung und wird oftmals künstlich ernährt, weil die meisten noch nicht essen können. Hausmittel gibt es leider keine, die helfen könnten.

Die Prognose und der Krankheitsverlauf werden von folgenden Faktoren erschwert:

  • hohes Alter
  • Notwendigkeit einer intensivmedizinischen Behandlung
  • im Krankenhaus erworbene primäre Bauchfellentzündung
  • schlechte Nierenwerte
  • Gallenblasenentzündung mit hohen Werten des Blutabbauprodukts Bilirubin
  • Gehirn-Funktionsstörung wegen mangelhafter Entgiftung des Blutes durch die erkrankte Leber
  • Blutvergiftung
  • Bauchfellentzündung wegen einer Leberzirrhose mit schlechtem Child-Pugh-Score

Der Child-Pugh-Score dient der Stadieneinteilung einer Leberzirrhose. Er basiert auf 5 Kriterien, 3 Laborwerten und 2 klinischen Befunden, die zusammen eine Punktzahl ergeben. Je höher der Score, desto schlechter ist die Prognose.

Kriterium

Einheit

1 Punkt

2 Punkte

3 Punkte

Bilirubin-Wert

mg/dl

µmol/l

< 2,0

< 34,208

2,0 - 3,0

34,208 – 51,312

> 3,0

> 51,312

Albumin-Wert

g/dl

> 3,5

2,8 – 3,5

< 2,8

Quick-Wert

%

> 70

40 - 70

< 40

Wasseransammlung im Bauch

-

keine

leicht

mittelgradig

leberbedingte Gehirnerkrankung

-

keine

Stadium I - II

Stadium III - IV

Darüber hinaus gibt es den Mannheimer Peritonitis-Index (MPI), der hilft abzuschätzen, wie die Prognose eines Patienten mit einer Bauchfellentzündung ist. Er basiert auf bestimmten Risikofaktoren, für die Punkte vergeben werden:

Risikofaktor

Punkte

Alter > 50 Jahre

5

weibliches Geschlecht

5

Organversagen

7

bösartiger Tumor

4

Dauer der Peritonitis vor der OP > 24 Stunden

4

Ausgangspunkt ist nicht der Dickdarm

4

diffuse Ausbreitung

6

klare Entzündungsflüssigkeit

0

trübe eitrige Entzündungsflüssigkeit

6

Kotig-faulig riechende Entzündungsflüssigkeit

12

Ergibt sich eine Summe über 20, ist davon auszugehen, dass der Betroffene die Erkrankung überlebt, bei über 29 sterben mehr als 50 Prozent der Patienten.

Fazit

Eine Bauchfellentzündung ist lebensgefährlich und muss so schnell wie möglich behandelt werden. Da fast jede Baucherkrankung dazu führen kann, ist die Diagnosestellung oft einfacher, als die Ursache zu finden. Sie ist jedoch wichtig, denn nach ihr richtet sich die Therapie.

Links

Deutscher Hausärzteverband
Deutsche Gesellschaft für Innere Medizin
Berufsverband Deutscher Internisten
[Deutsche Gesellschaft für Internistische Notfallmedizin

](http://www.dgiin.de/)

Quellen

  • Andreu M, Sola R, Sitges-Serra A et al.: Risk factors for spontaneous bacterial peritonitis in cirrhotic patients with ascites. Gastroenterol 1993; 104: 1133– 1138.
  • Bac DJ, Siersema PD, Mulder PGH, de Marie S, Wilson JHP: Spontaneous bacterial peritonitis: outcome and predictive factors. Eur J Gastroenterol Hepatol 1993; 5: 635–640.
  • Boixeda D, de Luis DA, Aller R, Martin deArgila C: Spontaneous bacterial peritonitis: clinical and microbiological study of 233 episodes. Clin Gastroenterol 1996; 23: 275–279. Ginès P, Rimola A, Planas R et al.: Norfloxacin prevents spontaneous bacterial peritonitis recurrence in cirrhosis: results of a double-blind placebo-controlled trial. Hepatol 1990; 12: 716–724.
  • Gomez F, Ruiz P, Schreiber AD: Impaired function of macrophage Fcg receptors and bacterial infection in alcoholic cirrhosis. N Engl J Med 1994; 331: 1122– 1128.
  • Grangé JD, Roulot D, Pelletier D et al.: Norfloxacin primary prophylaxis of bacterial infections in cirrhotic patients with ascites: a double-blind randomized trial. J Hepatol 1998; 29: 430–436.
  • Hsieh WJ, Lin HC, Hwang SJ, Hou MC, Lee FY, Chang FY, Lee SD: The effect of ciprofloxacin in the prevention of bacterial infection in patients with cirrhosis after upper gastrointestinal bleeding. Am J Gastroenterol 1998; 93: 962–966.
  • Lo GH, Lai KH, Shen MT, Chang CF: A comparison of the incidence of transient bacteremia and infectious sequelae after sclerotherapy and rubber band ligation of bleeding esophageal varices. J Clin Invest 1994; 94: 2481–2488.
  • Ortiz J, Soriano G, Coll P et al.: Early microbiological diagnosis of spontaneous bacterial peritonitis with BacT/ALERT. J Hepatol 1997; 26: 839–844.
  • Rajkovic IA, Williams R: Abnormalities of neutrophil phagocytosis, intracellular killing and metabolic activity in alcoholic cirrhosis and hepatitis. Hepatol 1986; 6: 252–262.
  • Rimola A, Garcia-Tsao G, Navasa M et al.: Diagnosis, treatment and prophylaxis of spontaneous bacterial peritonitis: a consensus report. J Heptatol 2000; 32: 142–153.
  • Rimola A, Salmerón JM, Clemente G et al.: Two different dosages of cefotaxime in the treatment of spontaneous bacterial peritonitis in cirrhosis: results of a prospective, randomized, multicenter study. Hepatol 1995; 21: 674–679.
  • Rolachon A, Cordier L, Bacq Y et al.: Ciprofloxacin and long-term prevention of spontaneous bacterial peritonitis: results of a prospective controlled trial. Hepatol 1995; 22: 1171–1174.
  • Rolando N, Gimson A, Philpott-Howard J et al.: Infectious sequelae after endoscopic sclerotherapy of oesophageal varices. Role of antibiotic prophylaxis. J Hepatol 1993; 18: 290–294.
  • Runyon B: Low-protein-concentration ascitic fluid is predisposed to spontaneous bacterial peritonitis. Gastroenterol 1986; 91: 1343–1346.
  • Runyon BA, Squier S, Borzio M: Translocation of gut bacteria in rats with cirrhosis to mesenteric lymph nodes partially explains the pathogenesis of spontaneous bacterial peritonitis. J Hepatol 1994; 21: 792–796.
  • Singh N, Gayowski T, Yu VL, Wagener MM: Trimethoprim-sulfamethoxazole for the prevention of spontaneous bacterial peritonitis in cirrhosis: a randomized trial. Ann Int Med 1995; 122: 595–598.
  • Soriano G, Guarner C, Tomás A et al.: Norfloxacin prevents bacterial infection in cirrhotics with gastrointestinal hemorrhage. Gastroenterol 1992; 103: 1267–1272.
  • Sorrell WT, Quigley EM, Jin G, Johnson TJ, Rikkers LF: Bacterial translocation in the portal-hypertensive rat: studies in basal conditions and on exposure to hemorrhagic shock. Gastroenterol 1993; 104: 1722– 1726.
  • Sort P, Navasa M, Arroyo V, Aldeguer X et al.: Effect on intravenous albumin on renal impairment and mortality in patients with cirrhosis and spontaneous bacterial peritonitis. New Engl J Med 1999; 341: 403–409.
  • Terg R, Llano K, Cobas SM et al.: Effects of oral ciprofloxacin on aerobic gram-negative fecal flora in patients with cirrhosis: results of short- and long-term administration, with daily and weekly dosages J Hepatol 1998; 29: 437–442.
  • Wilcox CM, Dismukes WE: Spontaneous bacterial peritonitis: a review of pathogenesis, diagnosis and treatment. Medicine 1987; 66: 447–456.

Die Veröffentlichung dieser Inhalte durch jameda GmbH erfolgt mit ausdrücklicher Genehmigung der Autoren. Die Vervielfältigung, Bearbeitung, Verbreitung und jede Art der Verwertung außerhalb der Grenzen des Urheberrechtes bedürfen der schriftlichen Zustimmung der jeweiligen Autoren.

Die Inhalte der Experten Ratgeber ersetzen nicht die Konsultation von medizinischen Spezialisten. Wir empfehlen Ihnen dringend, bei Fragen zu Ihrer Gesundheit oder medizinischen Behandlung stets eine qualifizierte medizinische Fachperson zu konsultieren. Der Inhalt dieser Seite sowie die Texte, Grafiken, Bilder und sonstigen Materialien dienen ausschließlich Informationszwecken und ersetzen keine gesundheitlichen Diagnosen oder Behandlungen. Es wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass Meinungen, Schlussfolgerungen oder sonstige Informationen in den von Dritten verfassten Inhalten ausschließlich die Meinung des jeweiligen Autors darstellen und nicht notwendigerweise von jameda GmbH gebilligt werden. Wenn die jameda GmbH feststellt oder von anderen darauf hingewiesen wird, dass ein konkreter Inhalt eine zivil- oder strafrechtliche Verantwortlichkeit auslöst, wird sie die Inhalte prüfen und behält sich das Recht vor, diese zu entfernen. Eigene Inhalte auf unserer Website werden regelmäßig sorgfältig geprüft. Wir bemühen uns stets, unser Informationsangebot vollständig, inhaltlich richtig und aktuell anzubieten. Das Auftreten von Fehlern ist dennoch möglich, daher kann eine Garantie für die Vollständigkeit, Richtigkeit und Aktualität nicht übernommen werden. Korrekturen oder Hinweise senden Sie bitte an experten-ratgeber@jameda.de.


www.jameda.de © 2023 - Wunscharzt finden und Termin online buchen.

Diese Webseite verwendet Cookies.
Surfen Sie weiter, wenn Sie unserer Cookie-Richtlinie zustimmen.