Team jameda
Knochenschwellungen und -schmerzen können auf Knochenkrebs hindeuten. Aber nicht jeder Knochentumor ist gleich ein Todesurteil! Lesen Sie hier, wie viele unterschiedliche Knochentumoren es gibt, zu welchem Arzt Sie gehen sollten und welche Behandlungen helfen.
Knochentumoren sind Geschwulste in einem oder mehreren Knochen. Sie können gut- oder bösartig sein.
Knochentumoren lassen sich auch in primäre Tumoren und in Knochenmetastasen einteilen. Primäre Knochentumoren entstehen ursprünglich aus Knochen- oder Knorpelgewebe und sind selten. Die Knochenmetastasen sind häufiger: Dabei handelt es sich um Tumorabsiedlungen von bösartige (maligne) Tumoren aus anderen Organen.
Primäre bösartige Knochentumoren sind selten und machen ungefähr 1 Prozent aller bösartigen Krebsleiden aus. In Deutschland erkranken ungefähr 700 Patienten pro Jahr daran, wobei Männer häufiger betroffen sind als Frauen. Osteosarkome treten bei 2 bis 3 Menschen pro 1 Million Einwohner pro Jahr auf und machen 40 Prozent aller Knochentumoren aus. 20 Prozent der Knochentumore sind Chondrosarkome, wobei 0,6 Ewing-Sarkome pro 1 Million Einwohner pro Jahr auftreten.
Knochenmetastasen sind viel häufiger. Von 210.000 deutschen Krebstoten pro Jahr haben geschätzte 150.000 Fälle Knochenmetastasen. Die Heilungschancen der Patienten mit Knochenmetastasen gehen praktisch gegen Null und die Lebenserwartung ist kurz.
Die Ursachen, die zur Bildung der primären Knochentumoren führen, sind nicht geklärt. Vermutlich gibt es eine genetische Veranlagung bei einigen Knochentumoren, die in Familien gehäuft auftreten. Es ist nicht bekannt, inwiefern physikalische, chemische oder biochemische Faktoren zur Bildung von primären Knochentumoren beitragen, obwohl ionisierende Strahlung, wie nach dem Reaktorunglück in Tschernobyl, mit vermehrtem Auftreten von Knochentumoren verbunden wurde. Auch Patienten, die in jungen Jahren eine Chemotherapie machen mussten, haben ein erhöhtes Risiko, an Knochentumoren zu erkranken.
Knochenmetastasen entstehen, wenn sich Krebszellen aus anderen Organen lösen, den Blutbahnen folgen und sich in den Knochen niederlassen.
Klassifikation
Gutartige Knochentumoren werden je nach Entstehungsgewebe wie folgt unterteilt:
Symptome
Gutartige Knochentumoren sind oft symptomlos und werden zufällig entdeckt. Manchmal äußern sie sich mit Schmerzen, die sich entweder unter Belastung oder in der Nacht bemerkbar machen. Wenn sie an Nerven und Gefäßen heranwachsen, verursachen sie Sensibilitätsstörungen, Lähmungen und Durchblutungsstörungen. Wenn sie groß sind, verformen sie Gelenke und Knochen und bei Kindern hemmen sie das Wachstum.
Sind sie fortgeschritten, schränken sie die Beweglichkeit ein und führen zu automatischen Knochenbrüchen, eine Folge, die oft das erste Anzeichen der Erkrankung ist. Einige gutartige Knochentumoren werden groß und bilden tastbare Schwellungen.
Diagnostik
Die Spezialisten für Knochentumoren sind die Orthopäden. Untersuchungen, die dem Arzt helfen, die Diagnose eines Knochentumors zu stellen, sind:
Röntgenbilder
Computertomographie
Magnetresonanztomographie (MRT)
Szintigraphie: Bei einer Szintigrafie, werden radioaktiv markierte Stoffe im zu untersuchenden Zielorgan angereichert, so dass Veränderungen sichtbar werden.
Ultraschalluntersuchungen
Angiographie: Bei einer Angiografie wird ein Kontrastmittel in die zu untersuchenden Gefäße gespritzt, so dass sie auf einem Röntgenbild sichtbar werden.
Knochenbiopsie
Laborwerte
Therapie
Viele benigne Knochentumoren brauchen keine Behandlung oder weitere Kontrollen. Andererseits können gutartige Knochentumoren aggressiv werden, Knochen und umliegende Strukturen zerstören und Metastasen bilden. Deswegen müssen Knochentumoren individuell behandelt werden.
Die Ziele der Therapie sind die Schmerzlinderung sowie die Erhaltung oder Wiederherstellung der Stabilität und der Funktionalität des betroffenen Knochens.
Wenn der Patient trotz der Medikamente Schmerzen hat, wenn es einen Knochenbruch gibt oder wenn der Tumor so fortgeschritten ist, dass ein Knochenbruch droht, dann wird der Tumor operativ entfernt. Dabei erstellt der Chirurg, insofern es möglich ist, eine Knochenrekonstruktion mit Hilfe von Implantaten. Mögliche Komplikationen der OP sind Blutergüsse, Gefäßverletzungen, Infektion der Wunde, tiefe Beinvenenthrombosen oder Embolien, Nervenverletzungen oder Gelenkfunktionsstörungen.
Die Prognose ist abhängig von der Art und der Ausdehnung des Tumors.
**Bösartige Knochentumoren
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Osteosarkom
Das Osteosarkom ist der häufigste primäre Knochentumor. Am häufigsten kommt er bei Kindern und Jugendlichen vor, wobei meistens Jungen und selten Mädchen betroffen sind. Ein Osteosarkom bildet sich oft im Bereich des Kniegelenks und bei Erwachsenen nach einer Knochenerkrankung oder nach Bestrahlung.
Osteosarkome bilden Metastasen in anderen Organen, deswegen müssen sie so schnell wie möglich operativ entfernt werden, nachdem sie entdeckt werden. Nach der OP ist eine Chemotherapie nötig.
Die Prognose hängt von mehreren Faktoren ab, wie der Größe, der genauen Lokalisation, der Art und der Ausbreitung des Tumors, dem Alter und dem allgemeinen Gesundheitszustand des Patienten, dem Zeitpunkt der OP und dem Erfolg der Chemotherapie.
Ewing-Sarkom
Der zweithäufigste bösartige Tumor der Knochen ist das Ewing-Sarkom, das aus dem Knochenmark entsteht. Es betrifft häufig unter 20-Jährige und tritt oft am Schienbein oder dem Oberschenkel auf. Das Ewing-Sarkom äußert sich mit Gewichtsverlust und Fieber, es wächst schnell und zerstört den Knochen, der zerfällt. Die Behandlung basiert auf der operativen Entfernung des Tumors sowie auf Chemo- und Strahlentherapie.
Chondrosarkom
Chondrosakrome sind bei 50- bis 70-Jährigen häufig und entstehen aus Knorpelgewebe im Bereich des Beckens oder der Schulter. Sie wachsen langsam und müssen operativ entfernt werden.
Das Chondrosarkom ist der häufigste bösartige Knorpeltumor.
Synovialsarkom
Synovialsarkome sind selten, sehr aggressiv und bilden schnell Metastasen. Sie entwickeln sich aus der Schleimhaut, die die Gelenkschmiere produziert und äußern sich mit Schmerzen und Schwellungen. Der Tumor muss in einer OP radikal entfernt werden.
Knochenmetastasen
Krebs anderer Organe, wie der Prostata, der Lunge, der Nieren, der Schilddrüse, der Brust, der Gebärmutter, des Magens oder der Haut, streut Krebszellen über die Blutbahnen, die die Knochen erreichen und sich meisten in der Wirbelsäule ansiedeln. Sie zerstören die Wirbel und können zur Querschnittslähmung führen. Darüber hinaus zerstören sie das Rückenmark.
Knochenmetastasen können knochenauflösend sein, auch osteolytische Knochenmetastasen genannt, die Knochenentkalkung verursachen, oder aber sie können knochenaufbauend sein (osteoblastische Knochenmetastasen), die zum Elastizitätsverlust des Knochens führen.
Osteolytische Knochenmetastasen sind auf Computer- und Kernspintomografien gut sichtbar, wobei für die Diagnose der osteoblastischen Knochenmetastasen das Skelettszintigramm eher geeignet ist.
Weitere Untersuchungen:
Die Lodwick-Klassifikation hilft dem Arzt einzuschätzen, ob ein Knochentumor auf einem Röntgenbild gut- oder bösartig aussieht. Die entgültige Diagnose der Aggressivität des Tumors ist damit aber nicht möglich. Dazu sind weitere Untersuchungen und eine Knochenbiopsie nötig. Dennoch ist die Lodwick-Klassifikation hilfreich für die erste Einschätzung des Tumors, insbesondere wenn es sich um einen primären Knochentumor handelt oder der Verlauf der Erkrankung zu beurteilen ist.
Die Lodwick-Klassifikation basiert auf dem Schweregrad des knöchernen Destruktionsmusters. Gutartige Knochentumoren wachsen langsam und haben einen klar abgegrenzten Tumorrand. Darüber hinaus ist eine Erhärtungsreaktion der Umgebung des gutartigen Tumors erkennbar. Bei bösartigen Tumoren, die schnell wachsen, bleibt nicht genug Zeit für einen reaktiven Umbau des Knochens und die Tumorränder sind diffus.
Lodwick-Klassifikation:
1 – Der Tumor ist klar abgegrenzt im schwammartigen Innengewebe des Knochens und wächst gar nicht oder langsam.
1A – Der Tumor bleibt im Knocheninnengewebe begrenzt und weist scharfe Ränder und Sklerosierung auf.
1B – Der Tumor wächst etwas schneller, erhärtet nicht und hat eine unregelmäßige Kontur mit Ausbuchtungen. Er wächst im schwammartigen und im kompakten Innengewebe des Knochens, nicht aber in die Oberschicht des Knochens.
1C- Der Tumor wächst ziemlich schnell, hat eine verwachsene, unscharfe Kontur, befindet sich im schwammartigen und im soliden Innengewebe des Knochens und kann auch das Außengewebe des Knochens befallen.
2 – Der Tumor wächst schnell, ist nicht mehr abgrenzbar und erhärtet nicht. Er drückt das Außengewebe des Knochens von innen, das sich schalenförmig abhebt.
3- Der Tumor wächst sehr schnell und zerstört das Knochengewebe, ohne an bestimmten Grenzen Halt zu machen. Die Reaktion des Knochenaußengewebes ist ,zwiebelschallenartig‘‘, teils unterbrochen und der Tumor befällt sogar das benachbarte Weichgewebe.
Es gibt viele unterschiedliche Arten von Knochentumoren. Nicht jeder Knochentumor ist Krebs und nicht jeder gutartige Knochentumor ist harmlos. Knochentumoren können jeden betreffen und ihre Ursachen, mit Ausnahme von den Knochenmetastasen, sind nicht geklärt. Deswegen bedarf jeder Patient individueller Führsorge.
www.orthinform.de - Patienteninformationsportal des Berufsverbandes der Fachärzte für Orthopädie und Unfallchirurgie
Berufsverband der Fachärzte für Orthopädie und Unfallchirurgie
Deutsche Krebshilfe
Österreichische Krebshilfe
Krebsliga Schweiz
Deutsches Krebsforschungszentrum
Krebsinformationsdienst des Deutschen Krebsforschungszentrums
Deutsche Krebsgesellschaft
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