Team jameda
Sie haben nach einem langen Flug plötzlich einen warmen Oberschenkel oder eine schmerzhafte Beule an der Wade? Das könnte eine gefährliche Venen-Thrombose sein. Lesen Sie hier, wie diese Beinkrankheit entsteht, wie man sie erkennt, welche Gefahren sie mit sich bringt und welche Behandlungsmöglichkeiten es gibt.
Eine Thrombose ist der vollständige oder teilweise Verschluss eines Gefäßes durch ein Blutgerinnsel. Jedes Gefäß im Körper kann darunter leiden.
Ist eine Arterie betroffen, handelt es sich meistens um die Folge der Arteriosklerose, die durch Fettablagerungen an der Arterienwand entsteht. Am häufigsten sind davon die Koronararterien des Herzens, die Gehirn- oder die Beinarterien betroffen. Mögliche Folgen: Herzinfarkt, Schlaganfall und Schaufensterkrankheit.
Ist eine Vene betroffen, spricht man von einer Venen-Thrombose, die am häufigsten in den Beinen vorkommt. Die tiefe und die oberflächliche Venen-Thrombosen unterscheiden sich je nach Lage der betroffenen Adern.
Oberflächliche Venen-Thrombosen treten meistens in Zusammenhang mit einer lokalen Venenentzündung auf und werden ,Thrombophlebitiden’’ genannt.
Ein Blutgerinnsel in einer tiefen Beinvene kann vom Blutstrom weggeschwemmt werden und ein Gefäß in einem anderen Organ verstopfen. In diesem Fall wird die Gefäßverstopfung Embolie genannt und ist eine der gefürchtetsten Folgen der Venen-Thrombose, insbesondere wenn ein Lungengefäß betroffen ist.
In Deutschland erkranken jedes Jahr ungefähr 80.000 Menschen an einer tiefen Venen-Thrombose. Die Krankheiten ist eine der häufigsten überhaupt. Nur 5 von 100.000 unter 15-Jährigen leiden darunter, aber bei über 80-Jährigen sind 450 bis 600 pro 100.000 betroffen. Ungefähr ein Drittel der Erkrankten erleidet eine Lungenembolie, die für 12 Prozent davon innerhalb eines Monats nach der Diagnose tödlich ausgeht. Durchschnittlich hat jeder zweite Deutsche einmal im Leben Venenprobleme.
Die Blutgerinnung ist eine äußerst komplexe Kaskade von biologischen Ereignissen, die uns vor dem Verbluten schützt, indem sie nach einer äußeren oder inneren Verletzung ein Blutgerinnsel bildet, das die blutende Stelle wie ein Kork verschließt.
Manchmal jedoch aktiviert sich die Blutgerinnung wegen einem fehlerhaften Startsignal, obwohl keine Blutung vorhanden ist, und führt zur Venen-Thrombose. Folgende Gründe sind dafür zu nennen:
Seelische Ursachen können keine Thrombose auslösen.
Risikofaktoren:
Eine tiefe Venen-Thrombose äußert sich mit plötzlichen, belastungsabhängigen Schmerzen, Schwere- und Spannungsgefühl, Schwellungen und weiteren Zeichen wie warme, bläulich verfärbte Haut im Bereich des verschlossenen Gefäßes. Meistens sind die Unterschenkel betroffen, wobei die Schwellungen unter dem Knie zu einer ,dicken Wade‘‘ führen. Juckreiz kommt nicht vor, auch der Blutdruck wird nicht beeinflusst.
Eine tiefe Venen-Thrombose bleibt jedoch oft unerkannt und ohne Symptome, insbesondere bei bettlägerigen Patienten.
Die Wahrscheinlichkeit einer tiefen Venen-Thrombose kann der Arzt mit Hilfe des Wells-Systems abschätzen, indem er Punkte für bestimmte Symptome, Befunde oder Risikofaktoren verleiht:
Klinisches Merkmal
Punkte
Aktive Krebserkrankung
1
Lähmung oder Immobilisation der Beine
1
Bettruhe länger als 3 Tage oder großer chirurgischer Eingriff in den letzten 12 Wochen
1
Schmerzen oder Verhärtungen entlang der tiefen Venen
1
Schwellung des ganzen Beines
1
Der betroffene Unterschenkel ist mehr als 3 cm dicker als die Gegenseite
1
Wenn der Arzt auf die Schwellung drückt, bleibt der Eindruck eine Weile bestehen
1
Sichtbare Kollateralvenen
1
Tiefe Beinvenenthrombose in der Krankengeschichte
1
Eine alternative Diagnose ist ebenso wahrscheinlich wie eine tiefe Beinvenenthrombose
-2
Bei mehr als 2 Punkten ist die Wahrscheinlichkeit einer tiefen Beinvenenthrombose hoch.
Die wichtigste Komplikation, die bei bis zu 30 Prozent der Patienten mit einer tiefen Venen-thrombose auftritt, ist die Lungenembolie, die sich mit Atemnot und Brustschmerzen äußert und tödlich verlaufen kann.
Eine Spätkomplikation ist das postthrombotische Syndrom, wobei sich chronische Rückflussstauungen in den Beinen bilden.
Venen-Thrombosen außerhalb der Beine verursachen die unterschiedlichsten Symptome. Eine Hirnvenen- oder Sinusthrombose äußert sich mit Kopfschmerzen, Übelkeit und Erbrechen, Krampfanfällen, Bewusstseinsstörungen, Hirnnervenausfällen, Lähmungen und Störungen der Augenbeweglichkeit bis Sehverlust.
Eine Nierenvenenthrombose zeigt sich mit Flankenschmerzen und blutigem Urin. Eine Mesenterialvenen- oder Pfortaderthrombose der Leber wiederum macht sich mit Leber- und Milzvergrößerung, Leberfunktionsstörungen und Wasseransammlung im Bauch bemerkbar.
Die wichtigste Untersuchung ist die Doppler- und Duplex-Sonographie. Sie hilft dem Arzt, die verengte Stelle zu entdecken und die Folgen auf den Blutfluss zu ermitteln.
Gibt es noch Unklarheiten, ist auch die Phlebographie möglich, eine Röntgenuntersuchung. Nachdem Kontrastmittel gespritzt wird, sind die Venen auf dem Röntgenbild sichtbar.
Darüber hinaus kann der Arzt auch Blutuntersuchungen veranlassen, die zeigen, ob die Abbauprodukte des Fibrins im Blut erhöht sind. Das Fibrin ist ein wichtiger Gerinnungsfaktor.
Die wichtigste therapeutische Maßnahme bei einem Patienten mit tiefer Venen-Thrombose ist die medikamentöse Gerinnungshemmung mit Heparin oder anderen Substanzen. Die Therapie dauert bis zu 6 Monate, bei Menschen mit besonders hohem Risiko sogar lebenslang.
Das Heparin unterbindet die Wirkung von Proteinen, die für die Gerinnungskaskade notwendig sind und verhindert die Fortsetzung der fehlerhaften Gerinnung, die zu weiteren Venenverstopfungen führen würde.
Die Dosierung hängt vom Präparat und vom Körpergewicht ab. In der Regel wird das Heparin 1- oder 2-mal pro Tag unter die Haut oder in die Vene gespritzt. Die Wirkung kann mit speziellen Untersuchungen überprüft werden, was insbesondere bei Nierenfunktionsstörungen oder in der Schwangerschaft nötig ist.
Gleichzeitig wird eine Kompressionsbehandlung mit speziellen Verbänden oder Strümpfen vorgenommen, die den Blutstrom in den tiefen Venen beschleunigt. Kombiniert mit der Mobilisation des Patienten kann der Stillstand des Blutes im betroffenen Gefäß verhindert werden, der einer der 3 wichtigsten auslösenden Faktoren für die Entstehung und das Wachstum des Blutgerinnsels ist.
In seltenen Fällen ist eine Behandlung mit speziellen Medikamenten nötig, die das Blutgerinnsel abbauen, mit sogenannten ,Thrombolysen’’. Thrombolysen sind in ungefähr einem Drittel der Fälle erfolgreich, verursachen aber häufig Blutungen, die bei einem Prozent der Behandelten tödlich ausgehen können. Eine weitere Therapiemöglichkeit, die auch bei besonders komplizierten Fällen angewendet wird, ist die invasive Entfernung des Blutgerinnsels, die Thrombektomie genannt wird.
Bei einer oberflächlichen Thrombophlebitis ist die Kühlung der betroffenen Region mit Eiswürfelpacks hilfreich. Manchmal ist eine Gerinnungshemmung mit Heparin nötig oder die Anwendung einer Kompressionstherapie im Zusammenspiel mit Mobilisation, wie bei der tiefen Venen-Thrombose für kurze Zeit. Darüber hinaus ist die Eröffnung und das Ausdrücken des Gerinnsels oder sogar die operative Entfernung der betroffenen Venen möglich.
Der Verlauf ist jedoch gutartig und gefährliche Komplikationen, wie Lungenembolien, treten nur selten auf.
Allgemeine vorbeugende Maßnahmen:
Wenn Sie eine Fernreise machen, stehen Sie am besten so oft wie möglich auf, bewegen Sie die Beine, trinken Sie viel Wasser und vermeiden Sie Kaffee, Tee und Alkohol.
Venenübungen sind besonders empfehlenswert bei längeren Auto- und Busfahrten oder bei langen Flügen. Folgende Übungen können Sie überall machen:
Sollten Sie zu einer hohen Risikogruppe gehören, dann lassen Sie sich vor dem Flug von Ihrem Arzt beraten. Kompressionsstrümpfe und Heparin könnten für die Vorbeugung einer Venen-Thrombose sinnvoll sein. Häufig nehmen Passagiere ASS zu diesem Zweck, obwohl Experten sich nicht einig sind, ob der Wirkstoff in diesem Fall hilfreich ist oder eher nicht.
Fazit
Venen-Thrombosen sind häufig, aber oft schwierig zu erkennen. Sie sind auf eine Blutgerinnungsstörung zurückzuführen, die von verschiedenen Risikofaktoren begünstigt wird, wie zum Beispiel Bewegungsmangel, Schwangerschaft, Krebs, Rauchen oder Übergewicht. Betreffen sie die tiefen Beinvenen, kann es gefährlich werden: Eine Lungenembolie droht! Die Vorbeugung beruht auf ausreichender Bewegung, die Therapie wiederum gelingt mit medikamentöser Gerinnungshemmung und Kompressionsbehandlungen.
Deutsche Gesellschaft für Kardiologie, Herz-Kreislauf-Forschung
Deutsche Liga zur Bekämpfung von Gefäßerkrankungen
Deutsche Gesellschaft für Prävention und Rehabilitation von Herz- und Kreislauferkrankungen
Deutsche Gesellschaft für Innere Medizin
Deutsche Gesellschaft für Thorax-, Herz- und Gefäßchirurgie
Deutsche Gesellschaft für Angiologie - Gesellschaft für Gefäßmedizin
Deutsche Gesellschaft für Phlebologie
Deutsche Venen-Liga
Deutsche Gesellschaft Venen
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