Artikel 14/11/2016

Bluthochdruck, Erbrechen, Infektionen: was gegen typische Erkrankungen in der Schwangerschaft hilft

Team jameda
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Schwangere sind besonders anfällig für bestimmte Erkrankungen wie Bluthochdruck, Infektionen oder übermäßiges Erbrechen. Lesen Sie, was Ihnen jetzt hilft und wie Sie vorbeugen.

Bluthochdruck in der Schwangerschaft

Rund 6 – 8 % aller Schwangeren haben Bluthochdruck, das heißt ihre Blutdruckwerte übersteigen die Normalwerte und liegen über 140/90mmHg. Bluthochdruck in der Schwangerschaft ist mit ungefähr einem Viertel der perinatalen Sterberate verbunden, also der Todesfälle, die sich zwischen der 28. Schwangerschaftswoche und dem 7. Lebenstag des Neugeborenen ereignen.

Klassifizierung: In den medizinischen Leitlinien wird Bluthochdruck in der Schwangerschaft wie folgt eingeteilt:

  • Gestationshypertonie: Blutdruck ≥ 140/90mmHg nach der abgeschlossenen 20. Schwangerschaftswoche, ohne Eiweiß im Urin und ohne Bluthochdruck in der Anamnese
  • Präeklampsie, auch Gestose genannt: Gestationhypertonie und Eiweiß im Urin nach der 20. Schwangerschaftswoche
  • Eklampsie: epilepsieähnliche Krampfanfälle im Rahmen einer Präeklampsie, für die keine anderen Ursachen vorliegen
  • HELLP-Syndrom: Kombination aus Abbau roter Blutkörperchen, erhöhter Leberenzymwerte und niedriger Blutplättchenzahl
  • Chronische Hypertonie: Blutdruck ≥ 140/90mmHg vor der 20. Schwangerschaftswoche
  • Pfropfpräeklampsie, auch Propfgestose genannt: chronische Hypertonie mit Eiweiß im Urin nach der 20. Schwangerschaftswoche oder chronische Hypertonie mit einer schweren Präeklampsie

Präeklampsie kommt in Europa bei ungefähr 2 % der Schwangeren vor. Gemeinsam mit der Eklampsie verursacht sie 10 - 15 % der Todesfälle der Mutter, wobei über 90 % dieser Todesfälle potentiell vermeidbar sind.

Ursachen, Risikofaktoren und mögliche Folgen für Kind und Geburt

Während der Schwangerschaft passt sich der Körper der werdenden Mutter normalerweise an den erhöhten Kreislaufbedarf an. Präeklampsie ist die Folge einer Anpassungsstörung, die auf Stoffwechselprobleme oder einer allgemeinen Verengung der Blutgefäße zurückzuführen ist, besonders, wenn bestimmte Risikofaktoren vorliegen wie zum Beispiel:

  • Alter > 40, Übergewicht oder genetische Veranlagung
  • Chronische Erkrankungen wie Diabetes, Bluthochdruck oder Nierenerkrankung vor der Schwangerschaft
  • Erste Schwangerschaft oder Präeklampsie während einer vorherigen Schwangerschaft
  • Schwangerschaftsbedingte Risikofaktoren: Mehrlingsschwangerschaft oder bestimmte Missbildungen des Fötus
  • Autoimmunerkrankungen, deren Ursache eine übermäßige Reaktion des Abwehrsystems gegen körpereigenes Gewebe ist, wie das Antiphospholipid-Syndrom oder rheumatische Erkrankungen

Eine Präeklampsie schädigt Gefäße und Organe. Besonders anfällig sind die Nieren, die ab einem bestimmten Zeitpunkt nicht mehr genug Urin produzieren und nicht alle Stoffwechselprodukte ausscheiden können.

Die eingeschränkte Filterfunktion der Nieren äußert sich unter anderem mit Eiweiß im Urin. Gefäßschäden der Plazenta beinträchtigen das Wachstum des Ungeborenen und können zu einer vorzeitigen Plazenta-Ablösung führen.

Präeklampsie führt auch zu Gerinnungsstörungen, die zur Bildung von Blutgerinnsel beitragen. Blutgerinnsel in den Hirngefäßen verursachen eine Drucksteigerung im Gehirn, die zu Erbrechen und Sehstörungen führt. Betreffen die Gefäßschäden und die Blutgerinnungsstörung die Leber, treten Oberbauchschmerzen auf. Außerdem besteht die Möglichkeit eines Linksherzversagens, wenn der Bluthochdruck nicht gesenkt wird.

So äußert sich eine schwere Präeklampsie:

  • Blutdruck ≥ 160mmHg
  • Nierenfunktionseinschränkung
  • Leberbeteiligung
  • Lungenödem
  • Hämatologische Störungen
  • Neurologische Symptome wie starke Kopfschmerzen und Sehstörungen
  • Wachstumseinschränkung des Fötus

Eine schwere Präeklampsie entwickelt sich manchmal trotz intensiver Therapie zur Eklampsie. Bei der Eklampsie verkrampft sich der ganze Körper, meistens in den letzten drei Monaten der Schwangerschaft, während der Geburt oder im Wochenbett. Davor treten Symptome wie Kopfschmerzen, Augenflimmern und Magenkrämpfe auf. Während des Eklampsieanfalls kommt es zu epilepsieähnliche Krämpfen, Atempausen, Bewusstlosigkeit und Blaufärbung der Lippen.

Vorbeugung und Behandlung

Der Arzt bewertet das Risiko einer Präeklampsie mit Hilfe der Anamnese, der Blutdruckmessung, der Laboruntersuchungen und der Dopplersonographie.

Bei Frauen mit erhöhtem Präeklampsierisiko wird die Einnahme von niedrig dosierter Acetylsalicylsäure zwischen der 16. und der 34. Schwangerschaftswoche zur Vorbeugung der Erkrankung empfohlen.

Übergewicht sollten Sie idealerweise schon vor der Schwangerschaft bekämpfen. Eine balancierte, vitamin- und proteinreiche Ernährung mit viel Gemüse und Obst und wenig Kochsalz ist wichtig.

Eine milde Gestationhypertonie können Sie eventuell ambulant durchstehen, vorausgesetzt, der Arzt stimmt dem zu. Sie sollten sich in dieser Zeit körperlich schonen, Stressquellen meiden, nicht arbeiten, regelmäßig den Blutdruck und das Körpergewicht messen und alle vorgeschriebenen Untersuchungen wahrnehmen.

Sollte sich die Situation verschlechtern, müssen Sie im Krankenhaus behandelt werden. Das ist nötig, wenn folgende Faktoren auftreten:

  • Blutdruck ≥ 150/100mmHg
  • Präeklampsie
  • Eiweiß im Urin und starke Gewichtszunahme
  • Drohende Eklampsie mit Oberbauchschmerzen, Übelkeit, Erbrechen und Kopfschmerzen
  • Verdacht auf HELLP-Syndrom
  • Hinweise auf Gefahren für den Fötus

Im Krankenhaus bekommen Sie Medikamente zur Kontrolle des Bluthochdrucks. Dabei achtet der Arzt natürlich auf mögliche Auswirkungen auf die Entwicklung des Kindes.

Eine stationäre intensivmedizinische hoch dosierte Magnesiumtherapie hilft außerdem, einen Krampfanfall vorzubeugen.

Bei einem HELLP-Syndrom sorgen Glucocorticoide für eine Remission unterschiedlicher Dauer, sodass die Schwangerschaft nicht frühzeitig abgebrochen werden muss. Blutplättchen- oder Bluttransfusionen sind oft ebenfalls nötig.

Ab der vollendeten 34. Schwangerschaftswoche sollte jede Schwangere mit schwerer Präeklampsie möglichst bald entbunden werden. Meist empfiehlt der Arzt einen Kaiserschnitt.

Weitere Erkrankungen in der Schwangerschaft

Schwangere sind anfällig für Harnwegsinfektionen, Nierenbeckenentzündungen, übermäßiges Erbrechen und psychische Erkrankungen.

Harnwegs- und Nierenbeckenentzündungen machen sich mit folgenden Symptomen bemerkbar:

  • Flanken- und Nierenklopfschmerz
  • Häufiges, schmerzhaftes Wasserlassen
  • Fieber, Übelkeit, Erbrechen

Zur Behandlung ist eine stationäre intravenöse Antibiotikatherapie nötig.

Übermäßiges Erbrechen tritt meistens im ersten Schwangerschaftsdrittel auf und führt zu einer erhöhten Gefährdung von Mutter und Kind, weil es Gewichtsabnahme, Flüssigkeitsverlust und erhöhte Körpertemperatur verursacht. Die Austrocknung kann Stoffwechselstörungen, Leber- und Nierenfunktionsbeeinträchtigungen oder sogar neurologische Symptome auslösen.

Bei schweren Fällen ist die stationäre Behandlung mit künstlicher Ernährung, medikamentöser Therapie gegen den Brechreiz und psychologischer Unterstützung nötig.

Ungefähr 10 % aller Frauen leiden während der Schwangerschaft unter einer Depression. Die Ursachen sind unklar und eine medikamentöse Therapie ist nicht ideal. Ein Großteil der Schwangerschaftsdepressionen verschwindet nach der Geburt allerdings wieder. Professionelle psychologische Unterstützung ist wahrscheinlich die beste Behandlungsmöglichkeit.

Wer schwanger ist, ist zwar nicht krank, aber die Schwangerschaft stellt eine Herausforderung für Körper und Psyche dar.

Sollten Sie vor der Schwangerschaft an rheumatischen oder anderen chronischen Erkrankungen leiden, besprechen Sie Ihren Kinderwunsch unbedingt im Voraus mit Ihren Arzt. Er kann Sie richtig beraten und Ihre Medikamente eventuell umstellen, sodass kein Risiko für das Kind besteht und es Ihnen während der Schwangerschaft gut geht.

Quellen:

  • Deutsche Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe. S-1 Leitlinie: Diagnostik und Therapie hypertensiver Schwangerschaftserkrankungen 2013. http://www.awmf.org/leitlinien/detail/ll/015-018.html. Stand 14.09.2016
  • Lo JO Mission JF, Caughey AB. Hypertensive disease of pregnancy and maternal mortality. Curr Opin Obstet Gynecol 2013;25(2):124-32.
  • Report of the National High Blood Pressure Education Program Working Group on High Blood Pressure in Pregnancy. Am J Obstet Gynecol 2000:183(1):S1-22.
  • Brown MA, Lindheimer MD, de Swiet M, van Assche A, Moutquin JM. The classification and diagnosis of the hypertensive disorders of pregnancy: statement from the International Society fort he Study of Hypertension in Pregnancy (ISSHP). Hypertens Pregnancy 2001;20(1):IX-XIV.
  • Evans J. Cohort study of depressed mood during pregnancy and after childbirth. BMJ 2001;323:257–260.

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