Artikel 28/11/2010

Psychogene Prothesenunverträglichkeit - auch so etwas gibt es!

Team jameda
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Im täglichen Leben hat man es mit vielen Verrückten zu tun. Fragen Sie sich selbst oder Ihre Bekannten mal. Dieser Ausspruch ist schnell getätigt. Wir halten also bisweilen die anderen für verrückt. Man selbst ist dabei nie auf der Liste.

Fragt man einzelne Menschen, ob sie sich vorstellen können psychisch zu erkranken, so ist die Antwort meist: Nein, völlig ausgeschlossen. Woher wissen Menschen das? Warum wird die Psyche scheinbar nicht als Teil des Körpers angesehen?

In jungen Jahren neigt der Mensch zu verschiedenen, teils extremen Ansichten:

  • Selbstsicherheit (Ich werde nie alt oder krank…)

  • Diskontieren (Was ich heute tue, wird mich schon nicht umbringen…)

  • Narzissmus (Ich bin der Größte, die Welt gehört mir…, wo ich bin, ist vorne…)

Das mag daran liegen, dass einen im Jugendalter nichts wirklich berührt, körperlich nicht und seelisch/psychisch nicht oder besser gesagt meist nicht. Bildungsstand, Erziehung, Glaubenszugehörigkeit und Intelligenz sind hierbei ebenso relevant wie genetische Grundlagen.

Wird man älter, so erkennt man die Vergänglichkeit und erlebt selbst Grenzsituationen, die man nicht für möglich hielt. Seien es körperliche oder psychische Grenzsituationen, beide öffnen spät das Bewusstsein dafür, dass wir nicht selbstverständlich gesund sind.

Aber schauen wir uns selbst mal genauer an. Wer trägt nicht kleine Macken mit sich herum, die andere bereits als verrückt bezeichnen? Verrückt bezeichnet in diesem Zusammenhang nur die Abweichung vom Normalen. Die Aussage, dass ‘ein Schrank verrückt wurde’ bedeutet meist nicht mehr als wenige Zentimeter. Also eine kleine Abweichung.

Wenn wir bei kleinen Abweichungen von anderen bereits als verrückt bezeichnet werden, wie verhält es sich dann mir den zahllosen richtigen Neurosen und Psychosen, die nur noch nicht diagnostiziert wurden?
Sind wir, so gesehen, nicht alle ein bisschen verrückt? Oder wer bestimmt, was noch normal ist?

Bezogen auf die Beziehung zwischen Zahnarzt und Patient nimmt das Ganze besondere Formen an. Dinge, die nicht greifbar sind, bleiben bei einer Therapieplanung gerne unbeachtet. Man neigt in der Zahnmedizin gelegentlich zu einer zentralistischen, nur die Zähne mit ihren Symptomen betrachtenden Behandlungsweise.

Ergeben oder verstärken sich im Laufe einer Behandlung psychische oder körperliche (somatische) Symptome, die sich offensichtlich nicht in Zusammenhang mit der geleisteten ‘lege artis’-Behandlung in Einklang bringen lassen, so ist man als Zahnarzt möglicherweise am Ende seines Erfahrungsschatzes angekommen und äußerst dies wie folgt: ‘Das kann ich mir nicht erklären und das ist so noch nie vorgekommen.’ Während der Patient immer ungeduldiger wird, zeigt sich auch der Zahnarzt zunehmend verzweifelt.

Häufig werden die Zusammenhänge erkannt, aber keiner traut sich, die Wahrheiten auszusprechen. Gibt man dem Patienten trotzdem zu verstehen, dass es sich mit großer Wahrscheinlichkeit (auch) um ein psychosomatisches Problem oder gar um ein psychisches Problem handelt, so ist das Vertrauen in der Regel sofort dahin. Die Aussage ‘Sie wollen doch wohl nicht behaupten, dass ich verrückt bin!’ wird meist gefolgt von ‘Der Arzt ist wohl verrückt geworden’.

Der Patient eilt sodann in der Regel zu einigen anderen (Zahn-) Ärzten und weiteren ‘Heilern’, die meist zum gleichen, vernichtenden Ergebnis kommen: Die Psyche kann/sollte/muss behandelt werden (geheilt werden).
Besonders tragisch erscheint in diesem Zusammenhang, dass Somatisierungen häufig innerhalb der ersten 6 Monate chronifizieren. Sie sind dann umso schwerer zu korrigieren. Genau das ist aber die Zeit, in der der Patient mittels ‘doctor-hopping’ zu keiner richtigen Diagnose kommt.

In einigen Fällen werden die Patienten vor Gericht ziehen, da ein Behandlungsfehler ja viel näher liegt als ein ‘Dachschaden’. Bei Gericht wird dann meist ein Gutachten gefordert, was in der Regel nur auf den vermuteten Behandlungsfehler abzielt. Nicht selten wäre da ein psychiatrisches Gutachten besser geeignet. Das wiederum ist nicht Gegenstand der Klage (Einem Gutachter ist es nicht gestattet, vom Auftrag abweichende Untersuchungen oder Feststellungen zu machen). Erklären Sie das mal einem Richter, der sich vielleicht auch nicht vorstellen kann, psychisch zu erkranken. Auch hier werden Zusammenhänge erkannt, aber nicht formuliert. Das Gericht kann also auch nicht die Psyche heilen.

Um der Zwickmühle zu entkommen, werden dann dutzende, zumeist erfolglose ‘Nachbesserungen’ am Zahnersatz vorgenommen, die durch ein Gutachten gestützt werden. Diese Taktik führt jedoch niemals zum Erfolg.

Ein wesentlich einfacheres Beispiel stellt das Zähneknirschen dar, auch Bruxismus genannt.
Hier ist fast jedem klar oder klarzumachen, dass es sich meist um die Verarbeitung von Stress, Ärger, Kummer usw. handelt. Jeder weiß um die psychische Komponente, aber auch überdurchschnittlich intelligente Menschen holen sich bei Zahnarzt lediglich eine Aufbissschiene ab, die zweifelsfrei nur an den Symptomen arbeitet. Die Ursache bleibt häufig verborgen, wäre aber psychotherapeutisch in vielen Fällen durchaus greifbar.

Im einfachsten Fall leidet der ‘Student im Examen’ an Bruxismus. Ist das Examen vorbei, reguliert sich das Problem von selbst. Sehr häufig erleben wir aber z. B. Menschen mit Migrationshintergrund, die Ihre Zähne durch Knirschen und Beißen (meist bei Nacht) regelrecht zerstören. Könnte hier eine ausweglose psychische Belastung mit Entwurzelungssymptomatik der Auslöser sein?

Also muss man sich wiederholt die Frage stellen:
Warum kann ich nicht psychisch erkranken? Und warum lasse ich mir dann nicht helfen?

Zu jedem größeren Unfall mit Auto / Bus / Bahn / Flugzeug werden in der Regel sofort psychiatrische ‘Ersthelfer’ geschickt. Warum wohl? Und warum sofort und nicht erst in 2 Jahren?

Fazit für den Zahnarzt: Erheben Sie eine gründliche Anamnese, insbesondere, wenn Sie ‘der Einzige sind, der noch helfen kann…’. Lehnen Sie die Behandlung ab, wenn Sie Ihren Patienten nicht richtig ‘verstehen’. Das wird sich im Laufe einer Behandlung jedenfalls nicht bessern.

Fazit für den Patienten: Hören sie auf die Worte, die gesprochen werden. Nehmen Sie Hilfe rechtzeitig an, auch wenn es Ihnen zunächst unnötig erscheint.

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