Artikel 25/08/2020

Wenn der Schuh drückt: Ursachen, Symptome & Behandlung von Kleinzehenfehlstellungen

Dr. med. Mellany Galla Orthopäde & Unfallchirurg, Fußchirurg, Chirotherapeut
Dr. med. Mellany Galla
Orthopäde & Unfallchirurg, Fußchirurg, Chirotherapeut
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Viele Menschen zwängen ihre Füße in zu enge und zu spitze Schuhe und ahnen nicht, was sie ihren Zehen damit antun. Häufig bemerkt man erst nach einigen Stunden, dass die Zehen schmerzen und sich gerötete Druckstellen entwickelt haben. Auch auf Dauer tut das den Füßen nicht gut und kann die Zehen dauerhaft verformen.

Wie ist die Anatomie des Fußes aufgebaut?

Wenn die Kleinzehen verformt sind, muss man genau hinsehen und untersuchen. Denn obwohl eine Kleinzehe nur zwischen drei bis sechs Zentimeter lang ist, gibt es ganz verschiedene Arten der Fehlstellung. Eine Kleinzehe ist in drei Glieder unterteilt: Grundglied, Mittelglied und Endglied.

Zwischen den Gliedern befinden sich jeweils Gelenke. Das Gelenk zwischen dem Grund- und Mittelglied ist das Mittelgelenk. Das Gelenk zwischen dem Mittel- und dem Endglied wird als Endgelenk bezeichnet. Diese drei Glieder sind von einer Vielzahl von Muskeln und deren Sehnen umgeben. Auf der Oberseite der Zehe verlaufen die kurze und die lange Zehenstreckersehne.

Auf der Unterseite befinden sich die kurze und die lange Zehenbeugersehne. Am Grundglied und an der Streckerhaube der Sehnen setzen die sog. Zwischenknochenmuskeln an. Darüber hinaus ist jedes Gelenk noch von einer Hülle, der Gelenkkapsel, umgeben. Die einzelnen Glieder und Gelenke werden durch dieses komplexe Konstrukt in Balance gehalten.

So entstehen Kleinzehenfehlstellungen

Zu einer Kleinzehenfehstellung kommt es, wenn das Gleichgewicht dieser Strukturen gestört ist. Sind die Streckersehnen kräftiger als die Beugersehnen, tritt die Zehe höher. Umgekehrt führt ein Überwiegen der Beugesehnen gegenüber den Streckersehnen zu einer verstärkten Krümmung der Zehe.

Je nachdem, welcher Anteil und welche Stelle betroffen sind, entwickeln sich unterschiedliche Zehenverformung auf. Zu den häufigsten Kleinzehenfehlstellungen gehören die Hammerzehe und die Krallenzehe. Bei der Hammerzehenfehlstellung ist das Zehenmittelgelenk verstärkt gekrümmt. Das Zehenendglied hat dabei noch Bodenkontakt.

Charakteristisch für die Krallenzehendeformität ist, dass zusätzlich zu der Beugefehstellung im Zehenmittelgelenk eine Überstreckungsstellung im Grundgelenk der Zehe zu finden ist. Diese Überstreckung resultiert darin, dass die Zehe den Bodenkontakt vollständig verliert und in der Luft hängt.

Darüber hinaus gibt es noch andere Fehlstellungen:

  • ‘Mallet toe’ (Endgelenkshammerzehe): übermäßige Krümmung der Zehe im Endgelenk
  • ‘Curly toe’ (Lockenzehe): Beugefehlstellung im Endgelenk mit einer Innendrehfehlstellung der Zehe.
  • ‘Splay toe’: Abwandern der gesamten Zehe zur Seite nach außen oder innen
  • ‘Supraductus/Subductus’: Überlappung bzw. Unterlappung, d. h. die Zehe liegt über oder unter der benachbarten Zehe

Eine Kleinzehenfehlstellungen kann isoliert an einer Zehe oder aber natürlich auch mehreren Zehen auftreten. Meist treten solche Veränderungen in Kombination mit anderen Vorfußfehlstellungen wie z. B. bei einem Spreizfuß oder bei einem Hallux valgus auf.

Die genaue Häufigkeit von Kleinzehendeformitäten ist nicht sicher bekannt. Es scheint allerdings, dass diese Fehlstellungen mit dem Alter zunehmen und besonders häufig zwischen dem 60. Und 70. Lebensjahr auftreten. Frauen sind etwa fünf Mal häufiger betroffen als Männer.

Wie können Kleinzehenfehlstellungen verursacht werden?

Auslöser sind in den meisten Fällen ungeeignetes Schuhwerk. Wird der Fuß zu häufig in zu enge und kurze Schuhe gezwängt, bilden sich Muskel- und Sehnenungleichgewichte zwischen der Strecker- und Beugerseite aus. Die Zehe wandert dann in eine Fehlstellung.

Kleinzehendeformitäten können auch als Folge eines Unfalls oder einer Verletzung entstehen. Wenn ein Knochenbruch an der Zehe in einer Fehlstellung ausheilt, kann eine dauerhafte Krümmung oder ein dauerhafter Hochstand der Zehe die Folge sein. Weitere Ursachen für das Auftreten einer Fehlstellung der Kleinzehen können auch rheumatische und neurologische Erkrankungen sein.

Welche Symptome können mit einer Zehenfehlstellung einhergehen?

Am Anfang bestehen meist noch keine Beschwerden. Doch wenn sich Ihre Zehen immer weiter verformen, können die ersten Symptome auftreten. Möglicherweise entstehen dort, wo die verformten Zehen gegen den Schuh drücken, unangenehme und sehr schmerzhafte rote Druckstellen und Verhornungen.

Je nachdem, welche Kleinzehenfehlstellung bei Ihnen vorliegt, findet sich ein Hühnerauge über dem Zehenmittel- oder dem Zehenendgelenk. Da die Zehen den Boden in der Regel nicht mehr richtig berühren, steigt die Druckbelastung am Vorfuß unter den Mittelfußköpfchen. Das Abrollen bereitet am Vorfußballen starke Schmerzen.

Welche Therapien kommen bei Kleinzehenfehlstellungen in Frage?

Der unangenehme Schmerz durch die Druckstellen im Schuh lassen sich rasch reduzieren mit einfachen Hilfsmitteln wie z. B. Filzringe oder Gummipolster. Auch Einlagen können den Schmerz am Vorfußballen reduzieren. Wichtig ist, dem Fuß durch die geeignete Schuhauswahl genügend Raum zu geben. Im Anfangsstadium sind die Zehen noch flexibel. Bleibt die Fehlstellung länger bestehen oder schreitet sie ungehindert fort, werden die Zehen immer steifer.

Am Ende sind die Gelenke gar nicht mehr beweglich und die Fehlstellung ist rigide. In den meisten Fällen ist dann eine Operation erforderlich, um die Zehen wieder in die natürliche Achse zu bringen. Die Kleinzehenfehlstellung ist ein komplexes Zusammenspiel aus einer Knochenfehlstellung und einer Sehnenfehlfunktion. Daher müssen bei der Operation entweder der Knochen oder die Sehnen korrigiert werden.

In fortgeschrittenen Stadien werden meist verschiedene Operationsschritte miteinander kombiniert. Dann wird zusätzlich zur Knochenbegradigung z. B. eine Sehnenverlängerung oder eine Sehnenverpflanzung an der Zehe durchgeführt. Um den geeigneten Eingriff festzulegen, sind eine sorgfältige Untersuchung des Fußes und eine Röntgenuntersuchung nötig. Welche Operationstechnik angewendet wird, hängt vom Ausmaß und der Lokalisation der Deformität ab und wird beim Patienten individuell entschieden.

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