Artikel 03/04/2015

Die Hüftdysplasie - immer noch ein Thema in der Kinderorthopädie?

Team jameda
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Seit Einführung der gesetzlichen Hüftultraschalluntersuchung im Jahre 1996 durch die großartige Arbeit von Prof. Graf aus Österreich könnte man meinen, dass diese Erkrankung ihren „Schrecken“ aus vergangener Zeit verloren hat und nur noch äußerst selten anzutreffen ist. Da dies leider auch heutzutage noch nicht der Fall ist, sollen mit diesem Artikel interessierten Betroffenen oder Angehörigen Erkrankung, Diagnostik und Therapie näher gebracht werden.

Was ist die Hüftdysplasie?

Die Hüftdysplasie stellt eine Reifungsstörung mit unzureichender Ausbildung der Hüftgelenkspfanne und einer Störung der Verknöcherung des Pfannenerkers dar. Der Pfannenerker ist der die Körperhauptlast tragenden Anteile der Hüftgelenkspfanne. Es kann angeboren, direkt nach der Geburt oder im Laufe einer ungenügend behandelten Dysplasie zu einem schrittweisen (Dezentrierung) oder kompletten Herausrutschen (Luxation) des Hüftkopfes aus der Hüftgelenkspfanne kommen.

In Mitteleuropa kommt die Dysplasie bei ca. 2 - 4 % aller Neugeborenen, die bei Geburt bereits bestehende Luxation bei 0,5 - 1 % aller Geburten vor. Mädchen sind von dieser Erkrankung wesentlich häufiger betroffen als Jungen: die Geschlechterverteilung liegt bei 4:1.

Einflüsse, die eine Rolle bei der Entstehung dieser Erkrankung spielen:

  • Vererbung (nahe Verwandte haben auch eine Hüftdysplasie)
  • Hormone (Mädchen sind häufiger betroffen)
  • mechanische Gründe (Enge im Mutterleib durch eine Erstgeburt, durch eine Steiß- oder Beckenendlage oder durch Mehrlingsschwangerschaften)

Aufgrund dieser Punkte kommt es zu einer Reifungsstörung der bei der Geburt noch rein knorpeligen Pfanne. Im Verlauf kommt es ohne Behandlung zu einem Abflachen des sogenannten Pfannenerkers - der Hüftkopf bewegt sich langsam nach außen. Wird immer noch nichts unternommen, bildet sich eine Rinne im Erker - der Hüftkopf verlässt die Pfanne - es kommt zu einer Luxation. Eine angeborene Luxation ist sehr selten, die Übergänge zwischen Dysplasie und Luxation im Verlauf des Wachstums nach der Geburt sind fließend.

Wie wird die Dysplasie diagnostiziert?

Ohne spezielle Untersuchungen lässt sich eine Hüftdysplasie meist nicht erkennen. Vor der Entdeckung der Ultraschalluntersuchung hatte man nur unsichere Möglichkeiten, eine Hüftdysplasie zu erkennen:

  • durch Unterschiede des Faltenverlaufs der Oberschenkel
  • durch die Unterschiede der Beinlänge (Verkürzung des betroffenen Beines)
  • durch eine Abspreizbehinderung der Oberschenkel
  • durch eine Instabilität des Hüftkopfes bei der tastenden Untersuchung

Diese Zeichen sind jedoch sehr unsicher, vor allem in der Hand des wenig Erfahrenen, oder wenn beide Seiten betroffen sind. Aus diesem Grund entstand durch die Entwicklung des Ultraschalls eine „neue Ära“ der Hüftdysplasie-Diagnostik. Seitdem diese Untersuchung auch gesetzlich bei der U3 und in manchen Geburtskliniken direkt nach der Geburt eingeführt wurde, sind eine frühe Diagnose und eine frühe Behandlung möglich.

Bei dieser Ultraschalluntersuchung wird die Hüfte samt zweier Winkel beurteilt, einem Typ zugeordnet und festgestellt, ob und welche Therapie notwendig wird. Auch eine Untersuchung durch einen speziell geschulten Arzt deckt zusätzliche Aspekte auf. Am Ende der Therapie oder bei älteren Kindern, bei denen keine Ultraschalluntersuchung mehr möglich ist, ersetzt das Röntgenbild die Ultraschalluntersuchung.

Wie kann die Dysplasie behandelt werden?

Nicht operative Therapie:
Die Therapie richtet sich nach der Schwere des Befundes und nach dem Alter des Kindes. Das Ziel der frühen Therapie bei den Babys ist die Beuge-Abspreiztherapie. Dies kann durch breites Wickeln oder Spreizwindeln in leichteren Fällen, über Beuge-Spreizschienen bei mittelschweren bis hin zu Sitz-Hockgipsen in schweren Fällen erreicht werden.

Eine deutliche Verbesserung kann vor allem neben der oben genannten Therapie durch die Krankengymnastik auf neurophysiologischer Basis nach Vojta erzielt werden. Diese sollte bei schweren Befunden fester Bestandteil der nicht-operativen, aber auch der operativen Behandlung sein.

Operative Therapie:
Kommt es trotz Therapie nicht zu einer Verbesserung des Befundes oder wird die Therapie versäumt bzw. nicht durchgeführt, ist sogar manchmal eine frühe Operation notwendig. Diese erfolgt dann, wenn trotz mehrfacher Versuche der Hüftkopf nicht zurück in die Pfanne zu bringen ist oder eine Dysplasie zurückbleibt.

Welche Aussichten haben die Diagnose und Behandlung?

Trotz guter Diagnostik und moderner Therapiemethoden ist die schwere Hüftdysplasie oder eine Hüftluxation bei Säuglingen, Kleinkindern, Jugendlichen und auch bei Erwachsenen auch heute noch ein großes Thema.

Wichtig ist neben einer guten und frühen Diagnostik auch die richtige und konsequent durchgeführte Therapie. Gerade bei Kindern von Eltern, die selbst eine Hüftdysplasie hatten oder bei denen sie bei anderen Familienmitgliedern vorkommt, sind eine frühe und kompetente Diagnostik und Therapie wichtig.

Zu empfehlen ist hierbei die Vorstellung bei einem speziell ausgebildeten Arzt: einem Kinderorthopäden. Dieser kann aufgrund entsprechender, jahrelanger Erfahrung die Eltern gut beraten, das Kind in allen Facetten behandeln und insbesondere die bis zum Wachstumsabschluss notwendigen Verlaufskontrollen durchführen.

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