Team jameda
Die Bedeutung des TSH-Wertes bei der Behandlung der Hashimoto-Thyreoiditis wird kontrovers diskutiert.
Lesen Sie in diesem jameda Gesundheitsspecial, wie es zu unterschiedlichen Einschätzungen durch medizinische Leitlinien, behandelnde Ärzte und betroffene Patienten kommen kann und wie Patienten den individuell besten Wert ermitteln.
Das Hormon TSH (Thyroidea stimulierendes Hormon) ist ein Steuerungshormon, das in der Hirnanhangdrüse gebildet wird. Es wird bei niedrigen Blutspiegeln der Schilddrüsenhormone Trijodthyronin (T3) und Levothyroxin (L-Thyroxin, T4) ausgeschüttet und regt die Schilddrüse zur Hormonproduktion an. Ist die T3- und T4-Konzentration im Blut wieder ausreichend, sinkt die TSH-Ausschüttung über den Mechanismus der negativen Rückkopplung. Die Bildung von TSH wird wiederum vom Thyroidea-Releasing-Hormon (TRH) aus dem Hypothalamus angestoßen.
Da die Schilddrüse die Stoffwechsellage des Körpers bestimmt und maßgeblich Einfluss auf die Reifung von Skelett, Gehirn und Muskulatur sowie die Fruchtbarkeit hat, ist die Gesundheit der Schilddrüse von hoher Bedeutung.
Bei der Hashimoto-Thyreoiditis ist die Schilddrüse aufgrund einer Autoimmunreaktion chronisch entzündet. Dabei geht Schilddrüsengewebe unter, was anfangs zu einer Schilddrüsenüberfunktion geführt hätte, langfristig jedoch eine latente oder manifeste Unterfunktion bewirken kann. Anfangs unbemerkt, treten im weiteren Verlauf der Erkrankung Symptome unterschiedlichster Natur auf, die oft erst nach einem langen Leidensweg einer Hashimoto-Thyreoiditis zugeordnet werden können.
Um Hashimoto zu diagnostizieren und den Patienten gegebenenfalls mit Schilddrüsenmedikamenten optimal einzustellen, bestimmt der Arzt verschiedene Schilddrüsenwerte und untersucht die Schilddrüse durch Abtasten und mit Ultraschall auf Formveränderung und Entzündungsherde.
Der TSH-Wert gibt einen Hinweis auf die Aktivität der Schilddrüse. Ist er erhöht, kann das auf eine Schilddrüsenunterfunktion (Hypothyreose), bei einem Wert unterhalb der Norm auf eine Überfunktion (Hyperthyreose) hindeuten. Die Spiegel für freies T3 (fT3) und freies T4 (fT4) geben an, wie viele der Schilddrüsenhormone tatsächlich aktiv im Körper wirken. Marker für die Autoimmunreaktion des Körpers sind Antikörper gegen die Schilddrüsenperoxidase (Anti-TPO, TPO-AK) und gegen das Speicherprotein Thyreoglobulin (Anti-Tg, TAK).
Die Behandlung der Schilddrüsenunterfunktion erfolgt in der Regel mit L-Thyroxin, manchmal in Kombination mit Trijodthyronin. Die medikamentöse Einstellung ist individuell und einschleichend. Manchmal dauert es ein halbes bis ganzes Jahr, ehe die optimale Dosierung gefunden ist. Die Einstellungsphase und korrigierende Dosisanpassungen im Verlauf der Erkrankung können für die Patienten körperlich wie seelisch sehr anstrengend sein, da Symptome der Unter- und Überdosierung möglich sind. Ist die Hormongabe zu niedrig, bleiben folgende Symptome stehen
Anzeichen einer Überdosierung sind
Ein gesundheitsfördernder Lebensstil gehört neben der regelmäßigen ärztlichen Kontrolle und guten medikamentösen Einstellung zur Therapie einer Hashimoto-Thyreoiditis.
Grundsätzlich ist bei medizinischen Normwerten zu beachten, dass sie statistische Größen darstellen. Sie werden stichprobenartig ermittelt und geben den Bereich an, in dem der Großteil der gesunden Bevölkerung liegt. Demnach gibt es auch Patienten mit Werten außerhalb der Norm, die gesund sind, und andere, die „ideale“ Laborwerte aufweisen, sich aber gleichzeitig krank fühlen.
Bei der Erhebung und Einordnung des TSH-Wertes muss man wissen, dass die Werte vom Alter und Geschlecht des Patienten, der Nahrungsaufnahme und der Einnahme bestimmter Medikamente sowie Tages- und Jahreszeit abhängen können.
So sollte das Blut für die Schilddrüsenwerte vormittags vor der Einnahme der Schilddrüsenhormone abgenommen werden. Es ist zudem sinnvoll, nur Werte zu vergleichen, die mit der gleichen Bestimmungsmethode erhoben werden, da das jeweilige Labor den Referenzbereich und die verwendeten Einheiten auswählt. Auch ein einmalig erhöhter TSH-Wert sollte in einer erneuten Messung überprüft werden. Gerade während der Schwangerschaft können die Werte schwanken.
Die Diskussion um den TSH-Wert im Zusammenhang mit Hashimoto entspinnt aus der Definition seiner Obergrenze und der Gewichtung des Wertes. Viele Mediziner halten sich z.B. an die Leitlinien für Hausärzte, die in Deutschland einen TSH-Wert zwischen 0,4 und 4,0mU/l (Milli-Einheiten pro Liter) bei einem Erwachsenen als normal definieren. Andere Ärzte plädieren dagegen für eine niedrigere Obergrenze von 2,0-2,5mU/l, der bei Hashimoto angesteuert werden sollte.
Für Schwangere gelten grundsätzlich strengere Normwerte. Hier werden die Frauen im ersten Drittel der Schwangerschaft auf 2,5mU/l eingestellt, im zweiten Drittel auf 3mU/l und im letzten Drittel sollte der Wert bei 3,5mU/l liegen. Auch bei Kinderwunsch wird oft ein niedriger TSH-Wert von 1,0-2,0mU/l als Ziel gesetzt.
Einige Hashimoto-Patienten machen die Erfahrung, dass sie allein aufgrund des TSH-Wertes ohne Berücksichtigung der freien Schilddrüsenhormone medikamentös überwacht werden. Dabei ergibt erst die Messung des T4 zusammen mit dem TSH-Wert eine leitliniengerechte Diagnose: Ein erniedrigter T4-Wert zusammen mit einem erhöhten TSH-Wert bedeutet eine manifeste, behandlungsbedürftige Hypothyreose. Ein T4-Wert im Normbereich kann dagegen auf eine latente Schilddrüsenunterfunktion hinweisen, die nach Leitlinien nicht unbedingt behandelt werden muss. In der Bestimmung des freien T3, der eigentlichen Wirkform der Schilddrüsenhormone, sehen die Leitlinien keinen weiteren Nutzen.
Durch die Behandlung mit Schilddrüsenhormonen kann es auch zu sehr niedrigen TSH-Werten von unter 0,4mU/l kommen. Obwohl sich Patienten damit unter Umständen wohl fühlen, warnen Mediziner vor solchen supprimierten TSH-Spiegeln, die mit einem größeren Risiko für Herz-Kreislauf-Ereignisse wie Herzrhythmusstörungen und Schlaganfall sowie Osteoporose einhergehen können.
Eine schlecht eingestellte Hashimoto-Thyreoiditis beschert dem Betroffenen ernstzunehmende Beschwerden. Sie verstärken sich, wenn Patienten das Gefühl haben, nur nach Laborparametern behandelt zu werden, ohne dass ihr Wohlbefinden dabei berücksichtigt wird. Gleichwohl entwickeln viele Patienten mit der Zeit ein Gespür für ihre Erkrankung.
Zusammen mit dem Hausarzt oder Endokrinologen ihres Vertrauens sollten sie ein individuelles Konzept für die Behandlung erarbeiten. Wer sich als Patient intensiv mit seiner Erkrankung befasst, seinen Lebensstil anpasst und regelmäßig zur Kontrolle geht, dem wird ein behandelnder Arzt in gewissen Grenzen auch mehr Eigenverantwortung zugestehen, z.B. was die variable Dosierung der Schilddrüsenhormone angeht.
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