Wenn ein kleiner Junge auf die Welt kommt, ist die Vorhaut mit der Eichel verklebt und löst sich erst im Laufe der ersten Lebensjahre. Früher war man der Ansicht, das müsste bis zur Einschulung erledigt sein.
Heute wissen wir, dass dieser Prozess gelegentlich auch länger dauern kann, sich aber in den allermeisten Fällen doch noch spontan löst. Nur selten ist die Vorhaut tatsächlich eng und kann nicht zurückgeschoben werden.
In vielen Fällen ist die Vorhaut nur leicht verengt, sodass sie sehr gut mit Cortisonsalbe behandelt werden kann. Die Erfolgsraten dieser konservativen Therapie sind sehr hoch, wenn sie richtig und lange genug konsequent durchgeführt wird. In der Regel reichen dazu sechs bis acht Wochen aus.
Nicht mehr empfehlen sollte man, die Vorhaut schrittweise in der Badewanne zurückzuziehen, so wie es früher angeraten wurde. Dabei können Risse entstehen, die narbig abheilen. Am Ende hat man dann möglicherweise eine echte narbige Vorhautenge, die dann tatsächlich operiert werden muss.
Die echte behandlungsbedürftige Vorhautverengung ist mit einer Häufigkeit von etwa 1 % relativ selten. Meistens handelt es sich um normale Entwicklungsstadien, die bei Bedarf vom Fachmann untersucht und beurteilt werden sollten. Dabei muss auch geprüft werden, ob eine angeborene Erkrankung wie eine Harnröhrenfehlmündung vorliegt.
Einen Notfall stellt immer noch die sogenannte Paraphimose – auch spanischer Kragen genannt – dar. Hier ist die enge Vorhaut zurückgezogen und verklemmt sich hinter der Eichel. Sie schwillt dann akut und schmerzhaft an, so dass die Patienten in der Regel in der Notaufnahme landen.
Seit 2017 gibt es eine neue Leitlinie zur Therapie der Vorhautverengung, die von Kinderchirurgen, Kinderärzten und Urologen, aber auch von Psychologen gemeinsam erarbeitet wurde. Demnach ist die Beschneidung bei Kleinkindern nur noch sehr selten medizinisch erforderlich. Vor allem sollte man in der kritischen Entwicklungsphase zwischen drei und sechs Jahren zurückhaltend sein.
Die Fachleute haben erkannt, dass die Vorhaut ein wesentlicher, keinesfalls ein überflüssiger Körperteil ist. Sie schützt die Eichel und hat selbst extrem viele sensible Nervenfasern, die für das Sexualempfinden wichtig sind. Nach der Geburt und im ersten Lebensjahr sollte die Beschneidung gar nicht mehr durchgeführt werden. In diesem Alter sollte der Eingriff nur auf ganz bestimmte Kinder mit Fehlbildungen und häufigen Harnwegsinfekten beschränkt sein.
Eine unnötige Beschneidung ohne Indikation und ohne vorherige medikamentöse Therapie sollte heute daher auch in Hinblick auf Risiken der Operation und der Narkose unterlassen werden. Komplikationen können in bis zu 10 % der Fälle auftreten und reichen von Wundheilungsstörungen über kosmetisch nicht zufriedenstellende Ergebnisse bis hin zur Fistelbildung mit weiteren Operationsnotwendigkeiten. Auch von Spätschäden und negativen Auswirkungen auf die Sexualentwicklung wird in der Fachliteratur zunehmend berichtet.
Bei Ärzten, Eltern und in der Gesellschaft hat daher ein Umdenkungsprozess zum Wohle der Kinder begonnen: Man waretet heute eher ab, statt zu opererieren.
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