Team jameda
Vorab ein Zitat meines ‘Lieblingslästermauls’, des Göttinger Physikprofessors Georg Christoph Lichtenberg (1742-1799): „Dass die wichtigsten Dinge durch Röhren getan werden, beweisen erstlich die Zeugungsglieder, die Schreibfeder und unser Schießgewehr.“ Lichtenberg fällt sodann das Urteil: „Ja, was ist der Mensch anderes, als ein verworrenes Bündel Röhren?“ Auf genau zwei dieser Röhren haben wir es abgesehen.
Irgendwann stellt sich für viele Paare die Frage, wie die Verhütung weiter durchgeführt werden soll. Die Kinder sind groß oder man hat sich gemeinsam dazu entschlossen, auf Nachwuchs zu verzichten. Das Paar möchte ohne Reue genießen, aber das Risiko Nachwuchs zu zeugen, ist immer noch vorhanden.
Kondome erweisen sich meist als ausgesprochene Spaßbremse. Eine Verhütung mit der „Pille“ kann wiederum zunehmende und vor allem ernsthafte Risiken für die älter werdende Partnerin bedeuten. Nun wäre es doch endlich für den Mann an der Zeit, die Verantwortung für die weitere Familienplanung zu übernehmen, oder?
Aber wir reden hier auch über Männer, die bisweilen selbst schon ernsthafte psychologische Probleme bekommen, wenn sie den Familienhund zur Kastration bringen sollen.
Um weiter sachlich über dieses Thema sprechen zu können, sollten wir hier erst einmal einige Begriffe klären:
Wir reden hier über die Sterilisation des Mannes und nicht über die Kastration. Hier gibt es einen großen Unterschied.
Bei der Sterilisation, oder auch Vasektomie, werden lediglich die Samenleitungen von den Hoden zur Prostata unterbrochen. Die Hoden - und somit die wichtigen Hormonlieferanten des Testosterons - bleiben natürlich völlig unangetastet. Über diese Röhrchen werden täglich lediglich wenige Tropfen aus dem Hoden an die Samenblase und die Prostata weitergeleitet. In diesen Tröpfchen befinden sich allerdings die Spermien, also die mikroskopisch kleinen Samenfäden, die für den Nachwuchs verantwortlich sind.
Da fast die gesamte Samenflüssigkeit weiter in der Prostata erzeugt wird, bleibt der Samenerguss in Menge und Aussehen somit völlig unverändert. Lust- und Erektionsstörungen kommen nach einem solchen Eingriff vor, beruhen dann aber auf psychologischen Ursachen.
Eine Sterilisationsvasektomie ist ein für den Betroffenen meist völlig folgenloser kleiner Eingriff. Nur sehr selten treten in der Folgezeit leichtere Beschwerden im Bereich der Hoden oder der Leisten auf. Alle möglichen Risiken und Komplikationen sollten ausführlich in einem Aufklärungsgespräch erörtert werden, das einige Tage vor dem Eingriff durchgeführt werden sollte. Hier ist kein Platz für Eile.
Aber gleich, wie viel Erfahrung und Mühe der Operateur in diesen Eingriff investiert, bei einem von ca. 200 Operierten kommt es in den ersten Monaten zu einer spontanen Rekanalisation. Das heißt, dass die Samenleiter von selbst wieder zusammenwachsen und der Mann weiter zeugungsfähig bleibt. Das liegt daran, dass es schließlich der Job der Natur ist, eine Heilung unter allen Bedingungen zu versuchen.
Nach der Operation sind somit unbedingt Erfolgskontrollen notwendig. Sie sollten nach zwei und vier Monaten durchgeführt werden. Dabei wird eine Samenprobe zur Untersuchung abgegeben. Die Probe muss nicht in der Praxis entnommen werden, sondern kann auch mitgebracht oder anders übermittelt werden. In diesen beiden Proben sollten dann aber gar keine Samenfäden mehr nachweisbar sein. Erst wenn in zwei Proben kein Sperma mehr zu finden ist, ist ein ungeschützter Verkehr ohne Fortpflanzungsrisiko möglich.
Der vergleichbare Eingriff bei der Frau hat mindestens zwei Nachteile: Die Rekanalisationsrate ist deutlich höher und der „Erfolg“ der Operation ist nicht wie beim Mann nachprüfbar.
Der Entschluss zu einer Vasektomie sollte dennoch wohl überlegt und kein Schnellschuss sein. Frust nach dem Ende einer Beziehung ist immer ein schlechter Ratgeber. Mann und Frau sollten sich schon sehr sicher sein, dass sie beide mit der Fortpflanzung abgeschlossen haben.
Psychologisch wichtig ist die Tatsache, dass eine Sterilisationsvasektomie mit hoher Wahrscheinlichkeit rückgängig gemacht werden kann. Man sollte sich aber an ein ausgewiesenes Zentrum wenden, das einen solchen Eingriff schon öfter und regelmäßig durchgeführt hat.
An dieser Stelle soll nicht unerwähnt bleiben, dass die Vasektomie seit Anfang 2004 von den Patienten selber bezahlt werden muss. Die Kosten einer Wiederherstellung können leicht das Fünffache der Kosten einer Vasektomie betragen.
Früher wurden die Samenleiter mit größeren Schnitten im Hodensack aufgesucht und dort unterbunden. Dieses Verfahren führte leicht nachvollziehbar oft zu länger bestehenden Schmerzen und Problemen. Die eigentliche Operation fand im Hodensack statt.
Heute wird fast ausschließlich eine mehr oder weniger abgewandelte Form der „non scalpell vasectomy“ durchgeführt. Dabei werden beide Samenleiter direkt unter der Haut des Hodensacks mit einem chirurgischen Instrument fixiert und außerhalb des Hodensacks frei präpariert und durchtrennt. Die Hautschnitte sind meist nur drei bis vier Millimeter groß.
Anschließend werden ca. ein bis drei Zentimeter des Samenleiters entfernt und die verbleibenden Enden elektrisch verlötet. Dann werden sie wie ein Spazierstockgriff umgenäht und verschlossen. Wie weiter oben schon beschrieben, verbindet sich trotz aller Sorgfalt in den ersten Wochen ungefähr ein Samenleiter bei 200 Operationen erneut. In diesem Fall sollte eine Zweitoperation mit noch großzügigerer Entfernung durchgeführt werden.
Obwohl der Eingriff nur unter einer örtlichen Betäubung durchgeführt wird, ist er auch bei sehr ängstlichen Personen fast völlig schmerzfrei. Lediglich ein leichtes Ziehen in den Leisten oder eine erhöhte Druckempfindlichkeit erinnern an die Operation. Meist sind diese leichten Beschwerden jedoch nach einigen Tagen völlig abgeklungen. Auf allzu große körperliche Belastungen sollte dennoch sicherheitshalber in den ersten Tagen nach der Operation verzichtet werden.
Obligatorisch möchte ich an dieser Stelle darauf hinweisen, dass eine Sterilisationsvasektomie nur vor ungewolltem Nachwuchs, aber nicht vor Geschlechtskrankheiten schützt. Vor letzteren schützt nur ein Kondom und der gesunde Menschenverstand.
Die Veröffentlichung dieser Inhalte durch jameda GmbH erfolgt mit ausdrücklicher Genehmigung der Autoren. Die Vervielfältigung, Bearbeitung, Verbreitung und jede Art der Verwertung außerhalb der Grenzen des Urheberrechtes bedürfen der schriftlichen Zustimmung der jeweiligen Autoren.
Die Inhalte der Experten Ratgeber ersetzen nicht die Konsultation von medizinischen Spezialisten. Wir empfehlen Ihnen dringend, bei Fragen zu Ihrer Gesundheit oder medizinischen Behandlung stets eine qualifizierte medizinische Fachperson zu konsultieren. Der Inhalt dieser Seite sowie die Texte, Grafiken, Bilder und sonstigen Materialien dienen ausschließlich Informationszwecken und ersetzen keine gesundheitlichen Diagnosen oder Behandlungen. Es wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass Meinungen, Schlussfolgerungen oder sonstige Informationen in den von Dritten verfassten Inhalten ausschließlich die Meinung des jeweiligen Autors darstellen und nicht notwendigerweise von jameda GmbH gebilligt werden. Wenn die jameda GmbH feststellt oder von anderen darauf hingewiesen wird, dass ein konkreter Inhalt eine zivil- oder strafrechtliche Verantwortlichkeit auslöst, wird sie die Inhalte prüfen und behält sich das Recht vor, diese zu entfernen. Eigene Inhalte auf unserer Website werden regelmäßig sorgfältig geprüft. Wir bemühen uns stets, unser Informationsangebot vollständig, inhaltlich richtig und aktuell anzubieten. Das Auftreten von Fehlern ist dennoch möglich, daher kann eine Garantie für die Vollständigkeit, Richtigkeit und Aktualität nicht übernommen werden. Korrekturen oder Hinweise senden Sie bitte an experten-ratgeber@jameda.de.