Artikel 08/09/2019

Tschüss Erschöpfung – Hallo, gesunde Work-Life-Balance: 6 Balancebausteine inklusive Übungen

Julia Cremasco Heilpraktiker für Psychotherapie
Julia Cremasco
Heilpraktiker für Psychotherapie
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Wie schaffen Sie es, der Erschöpfung zu entkommen und eine Balance im Alltag zu finden, die sich richtig gut anfühlt? Darum soll es in diesem Artikel gehen. Im Einzelnen betrachten wir:

Die Ausgangslage: Unsere heutige Zeit

  • Die Beschleunigung am Arbeitsplatz und im Alltag nimmt permanent zu.
  • Wir kämpfen an allen Ecken und Kanten und fühlen uns dabei ein wenig wie Don Quichotte beim Kampf gegen die Windmühlen.
  • Ständig muss alles gleichzeitig passieren. Obwohl wir doch wissen, dass Multitasking ein Märchen ist.
  • Alles hämmert auf uns ein und zerrt an uns herum.
  • Pausenlos strömt eine irrsinnige Datenflut auf uns ein: Anrufe, Kurznachrichten, Mails, Internet, TV…
  • All die Themen sorgen dafür, dass wir zu oft in der Nacht Kopfkino erleben. Sei es, dass wir nicht einschlafen können oder dass unser Verstand uns mitten in der Nacht wach macht.
  • Der Lauf im Hamsterrad erscheint unendlich.
  • Und scheinbar kümmert es niemanden, wie es uns dabei geht.

Kurz: Ein Gefühl von Erschöpfung macht sich breit. Kommt Ihnen das bekannt vor?
Und es ist nicht nur ein Gefühl von Müdigkeit, sondern mehr des Ausgelaugtseins?

Belastender Stress ist der Auslöser der Erschöpfung: Denn wenn wir Tag für Tag immer wieder unter Überforderung, Zeitdruck und Belastung stehen, reichen die körpereigenen Reserven irgendwann kaum noch aus, um sich fit und kraftvoll zu fühlen. Gern lesen Sie meinen Artikel zum Thema Stress hier.

Ist Entschleunigung sinnvoll?

Wenn alles schneller und hektischer wird, kann dann Entschleunigung als Gegenpol zur Beschleunigung die Lösung sein? Ich bin der Meinung, ein „einfaches“ Verlangsamen verringert kaum die Probleme, sondern schafft womöglich nur weitere. Denn Ihre Umwelt verlangsamt sich ja wahrscheinlich nicht zusammen mit Ihnen.

Es mag vielleicht pathetisch klingen, aber ein Wiederankommen im Menschsein, ein echtes und nicht virtuelles In-Resonanz-treten mit sich und anderen Menschen ist eher Teil der Lösung. Innere und individuelle Heimat finden, ist der Schlüssel zu mehr Balance und weniger Erschöpfung.

Offline-Zeiten sind dabei lediglich ein Teilaspekt des Ganzen. Das zuvor Beschriebene deutet bereits auf etwas Essentielles hin: Aktivität. Selbst aktiv zu werden, ist unumgänglich. Diesen und alle weiteren Bausteine schauen wir uns im Folgenden an.

Der Balanceakt des Lebens

Was würden Sie Stand heute sagen: Wieviel Energie haben Sie? Ist Ihr Akku voll aufgeladen? Auf einer Skala von 1 bis 10 – wo stehen Sie? Je weniger Energie Sie spüren, umso wichtiger ist es, zu handeln und Selbstfürsorge zu betreiben.

Das sollte jedoch nicht gnadenlos egoistisch erfolgen. Denn Sie werden mir bestimmt Recht geben, wenn ich vermute, dass in Ihrem Leben auch andere Menschen eine Rolle spielen. Und zugleich können Sie sich aber nur diesen anderen passend zuwenden, wenn es Ihnen entsprechend gut geht. Sie sehen schon: Es ist ein permanenter, lebendiger Balanceakt zwischen Ihren eigenen Bedürfnissen, Zielen, Erwartungen und denen der anderen Menschen in Ihrem Leben. Sei es am Arbeitsplatz oder im Privaten.

Hierbei vergessen Sie aber bitte nicht, dass Sie auch am Arbeitsplatz Lebenszeit verbringen. Ich tue mich deshalb immer schwer mit dem Begriff „Work-Life-Balance“. Vielleicht werden Sie im Folgenden erkennen, dass die Aspekte eines gesunden Gleichgewichts alle Lebensbereiche betreffen.

Lassen Sie uns also konkret auf all die Bausteine schauen, von denen ich behaupte, dass sie zu einer lebendigen und gesunden Balance im Alltag beitragen. Ich lade Sie ein, beim Lesen einfach mal hinzuspüren, inwieweit die einzelnen Aspekte bei Ihnen schon im ausreichenden Maße Raum bekommen und von Ihnen gepflegt werden.

Balancebaustein 1: Achtsamkeit

Fangen wir mit dem Grundlagen-Baustein an: Achtsamkeit. Bitte denken Sie nicht, dass mein Artikel in irgendein Esoterik-Gedöns abrutscht. Mittlerweile existieren zahlreiche Studien darüber, dass Achtsamkeit sehr wirksam ist.

In den 1970er Jahren fing bereits Ron Kabat Zinn an zu forschen. Aktuell ist das sogenannte „ReSource-Projekt“, eine Langzeitstudie von Professorin Dr. Tania Singer, im Blick der Wissenschaftler. Und auch Professor Dr. Thilo Hinterberger zeigt mit seiner Forschung, dass Achtsamkeit wirkt.

Achtsamkeit ist grundlegend wichtig – gerade in der heutigen Zeit, die uns häufig wie ein grellbuntes, permanent blinkendes und unablässig verführendes Las Vegas ablenkt. Wir werden ständig ins Außen gezogen und sind rasant schnell in Urteilen und Vorannahmen verstrickt.

Was ist also Achtsamkeit? Achtsamkeit lehrt uns, uns wertfrei auf den gegenwärtigen Augenblick zu besinnen – ganz im Sinne eines „So ist es jetzt.“. Nur wenn Sie das hinbekommen, werden Sie – so wie oben beschrieben – auf sinnvolle Weise in der Lage sein, Ihre eigenen Bedürfnisse, Ziele und Erwartungen wahrzunehmen und zugleich auch die Ihres Umfeldes.

Darüber hinaus ist die Fähigkeit zur Achtsamkeit hilfreich, wenn Sie auf Ihrem Entwicklungsweg immer wieder schauen wollen, wo Sie im übertragenen Sinn gerade stehen und welcher Balance-Baustein gefestigt ist bzw. welcher wackelt. Zur Schulung der Achtsamkeit existiert eine Vielzahl an unterschiedlichsten Übungen. Die simpelste gebe ich Ihnen an dieser Stelle mit auf den Weg:

Setzen Sie sich für zwei oder drei Minuten still hin (stellen Sie gern den Timer am Smartphone), beide Füße am Boden, die Hände locker abgelegt. Sie dürfen die Augen schließen, alternativ schauen Sie permanent auf einen Punkt.

Jetzt gilt es, die ganze Zeit über nur dem Atemstrom zu folgen: jedem Einatemzug, jedem Ausatemzug. Wenn Sie merken, dass Sie gedanklich abschweifen oder sich bzw. die Übung verurteilen, sagen Sie sich „Ah, da ist ein Gedanke/eine Verurteilung.“ und kehren Sie für die verbleibende Übungszeit zum Atem zurück.

Es passiert nicht mehr und nicht weniger in den zwei bis drei Minuten. Mit dieser Übung schulen Sie Ihre Achtsamkeit. Probieren Sie es aus! Einmal täglich, fünfmal täglich – ganz wie Sie mögen. Je regelmäßiger, desto besser.

Achtsamkeit unterstützt die Fähigkeiten der Kausalanalyse und der Emotionsregulierung: Sie erforschen Ihre Gefühle und gehen den emotionalen Gegebenheiten auf den Grund: Welches Gefühl liegt unter einem Gefühl und welche Situation ist der Auslöser? Werden Sie wütend, obwohl Sie eigentlich traurig oder verunsichert sind? Oder werden Sie traurig, weil Ihnen Wut aberzogen wurde? Vergessen Sie, dass Sie immer eine ganze Bandbreite von Gefühlen in sich tragen, wenn eine Emotion mächtig in den Vordergrund tritt?

Balancebaustein 2: Werte

Auf der Reise zu mehr Balance ist es sehr wichtig, die eigene Wertewelt und das Leben zu identifizieren. Wissen Sie, was Sie motiviert und was Ihrem Leben Sinn gibt? Leben Sie auch danach? Parallel dazu ist es wichtig, auf den eigenen Selbstwert zu schauen:

Wie sehr akzeptieren Sie sich? Wie sehr vertrauen Sie sich selbst? Wie erleben Sie Ihre Kontaktfähigkeit und wie gut sind Sie in sozialen Beziehungen aufgefangen?

Sehr früh sollten auf dem Entwicklungsweg zu mehr Balance übrigens zwei quasi Randfaktoren ins Spiel kommen: Selbstwirksamkeit und Eigenverantwortung. Sie allein sind für Ihr Leben und Ihre Lebensqualität verantwortlich. Bitte kommen Sie nicht auf die Idee, dass irgendwer anders – weder der Partner noch die Chefin – hier in die Verantwortung genommen werden darf. Darüber hinaus sollte die Erkenntnis bei Ihnen reifen, dass Ihr Handeln und Tun wirkt. Ja, Sie können tatsächlich etwas in Ihrem Leben bewegen!

Balancebaustein 3: innere Anteile

Sobald Sie sich mit Ihrer Wertewelt befassen, werden Sie schnell auch über Glaubenssätze und Überzeugungen stolpern, um zu erkennen, dass in Ihrem Inneren ein ganzes Orchester an verschiedenen Persönlichkeitsanteilen aktiv ist.

Die, die sich aktuell kritisch in Ihnen austoben, dürfen Sie im besonderen Maße unter die Lupe nehmen: Ziel ist es, mit dem inneren Kritiker, dem permanenten Ja-Sager etc. so zu kooperieren, dass ein größeres Wohlgefühl entsteht. Ja, Kooperation ist möglich. Zumal kritische Anteile nicht über Bord geworfen werden können.

Sie kommen ja auch nicht auf die Idee, sich einen Arm auszureißen, nur weil ein Fingernagel eingerissen ist, oder? Also, auf in die Zusammenarbeit mit dem kritischen, inneren Anteil.

Balancebaustein 4: Ziele

Der nächste Baustein richtet sich auf Ihre Ziele aus: Balance hat sehr viel mit Zukunftsorientierung zu tun. Es gilt, nicht permanent auf vergangene Fehler zu schauen, sondern auf das, was sein soll. Was wollen Sie erreichen? Seien Sie mutig und malen sich Ihre Zukunft und Ihre Ziele aus, dies bitte mit einer guten Portion realistischem Optimismus gewürzt.

Balancebaustein 5: Bindung, Beziehung, Kommunikation

Nicht nur in Sachen Selbstwert spielen Bindung, Beziehung und Kommunikation eine maßgebliche Rolle. Auf individuell passende Weise gut in Netzwerke (privat wie beruflich) integriert zu sein, ist ein nachweislich wichtiger Faktor für die Gesundheit und das Wohlergehen. Ich verweise hier auf eine Meta-Analyse von Holt-Lunstad et al., 2010.

Die eigene Kommunikationsfähigkeit ist das zentrale Werkzeug im Rahmen der Netzwerkpflege. Achtsamkeit und Wertschätzung in der Kommunikation helfen Ihnen unter anderem, stabile Netzwerke zu gestalten.

Um sich diesem Themenfeld zuzuwenden, kann es helfen, sich einen ersten Überblick zu verschaffen: Teilen Sie einen DIN A4-Bogen in die vier Felder „Familie (inkl. Partnerschaft)“, „Beruf“, „Freunde“ und „Bekannte“. Füllen Sie die Felder mit realen Namen! Sind am Ende alle Felder gleich stark befüllt?

Und wie sind die Beziehungen zu den einzelnen: Regelmäßig und harmonisch? Je deutlicher Sie jetzt zweimal „nein“ gesagt haben, umso wichtiger ist es, ins Handeln zu kommen und Bestehendes zu pflegen und/oder neue Beziehungen zu knüpfen.

Balancebaustein 6: Hürden nehmen

Schließlich ist es sinnvoll, sich rechtzeitig über mögliche Hürden Gedanken zu machen, die im Leben und beim Aufbau von mehr gesunder Balance aufkommen können: Wie gehen Sie damit um, wenn es mal schwer wird? Wenn im Außen Gegenwind weht oder Sie selbst innerlich zweifeln, sich verurteilen, sich blockieren? Sind Sie in der Lage, am Ball zu bleiben, auch wenn es länger dauert als vermutet?

Je früher Sie sich mit diesen Fragen befassen und Notfallpläne entwickeln, umso leichter wird der Umgang mit den Hürden, wenn sie in Erscheinung treten. Sich erst im akuten Notfall Strategien zu überlegen, ist nicht clever und funktioniert mit Sicherheit auch nicht. Denn dann ist Ihr Stresslevel bereits viel zu hoch, als dass Sie noch kreativ-gelassen sinnvolle Handlungspläne entwickeln können.

Fazit

Sie sehen: Es gibt viele Stellschrauben, an denen Sie drehen können, wenn Sie ausbalancierter durch Ihr Leben gehen wollen. Welcher Bereich ist der für Sie drängendste? Fangen Sie mit diesem an, am besten noch heute.

Sie werden merken, dass mit dem Schließen dieser Lücke bereits sehr viel an Energie und damit auch Balance im Alltag gewonnen ist. Und schon erste kleine Schritte können nachhaltig Entwicklung und Veränderung bewirken. Fangen Sie heute an. Noch besser jetzt.

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