Team jameda
Was genau versteht man unter einem Trauma? Welche Beschwerden können nach traumatisierenden Erlebnissen bei Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen entstehen und wie sollten die ersten Schritte zur Heilung aussehen?
Verschaffen Sie sich hier einen kurzen Überblick zu der aktuellen Traumaforschung sowie zum Thema traumasensibler Umgang mit Betroffenen.
Der Begriff ‘Trauma’ wird in der Alltagssprache oft schon für akute Belastung oder Verlusterfahrung verwendet. Die Weltgesundheitsorganisation definiert jedoch sehr genau, welche Umstände ein Trauma auslöst, sodass eine klare Abgrenzung zu erschwerten Lebensbedingungen oder angemessenen Trauerreaktionen möglich ist.
Vom Trauma spricht man erst, wenn man einem belastendem Ereignis oder einer Situation mit
außergewöhnlicher Bedrohung oder katastrophalem Ausmaß ausgesetzt ist, die bei fast jedem eine tiefe Verstörung hervorrufen würde.
Erst wenn man in einer lebensbedrohlichen Situation völlige Hilflosigkeit erlebt, sich den
Umständen schutzlos ausgeliefert fühlt und sich anschließend in seinem Selbstvertrauen und in
seinem Weltbild völlig erschüttert fühlt, spricht man von einer posttraumatischen Störung.
Schwerer Verlust, Gewalt, Schädigung des Körpers und lebensbedrohliche Gefahr gelten als
traumatisierend. Man unterscheidet ein Monotrauma, also ein einmaliges Ereignis wie einen Unfall vom Multitrauma, wie zum Beispiel Gewalt in der Familie in Kombination mit Verlust der sicheren
Bezugsperson.
Besonders schädigend ist die sogenannte sequenzielle Traumatisierung, bei der mehrere
traumatisierende Ereignisse im Leben dicht hintereinander folgen. Dazu zählen Naturkatastrophen
mit Tod von Verwandten, Verlust der Existenzgrundlage und Überforderung durch Trennung von
Heimat und sozialem Umfeld.
Für Kinder und Jugendliche gilt die Sorge um die Eltern, aber auch die Vernachlässigung durch
überforderte Eltern als traumatisierend. Der Verlust der sozialen Sicherheit wiegt umso schwerer, je jünger und schutzbedürftiger ein Mensch ist.
Manche erleben auch ein Gefühl von Trance oder haben das Gefühl, sich selbst fremd zu sein.
Gelegentlich drängen sich innere Dialoge auf, woraus sich wiederum Schlafstörungen entwickeln
können. Zu den häufigen Beschwerden nach einem Trauma gehören wiederkehrende Alpträume.
Häufig treten nach traumatisierenden Erlebnissen Störungen der Konzentration und des Gedächtnisses auf. Manche Menschen haben auch das Gefühl, neben sich zu stehen und neigen zu Fehlleistungen. Erinnerungsfragmente an das traumatisierende Geschehen können sich zum Beispiel als innere Bilder oder als Geräusche aufdrängen.
Auch die Beziehung zum eigenen Körper leidet durch ein Trauma. Viele Menschen fühlen sich in der eigenen Haut nicht mehr richtig wohl, manche entwickeln Essstörungen, leiden unter diffusem Schwindel, haben Schmerzen ohne organische Ursachen oder Lähmungs- und Taubheitsgefühle. Auch hormonelle Störungen und Störungen des Immunsystems können posttraumatisch bedingt sein.
Kinder reagieren nach einem Trauma häufig mit Rückfällen in frühere Lebensphasen mit Daumenlutschen, Einnässen oder Anklammern. Die häufigsten Körpersymptome sind Essstörungen, Kopf-und Bauchschmerzen.
Auch Alpträume und nächtliche Ängste sind bei Kindern sehr häufig.
Bei Jugendlichen zeigen sich posttraumatische Belastungen häufig ganz anders, sie zeigen ihren Vertrauensverlust durch offenes Misstrauen, durch Zornausbrüche und neigen zu riskantem Verhalten. Manche entwickeln zerstörerische Impulse, die sich auch gegen sich selbst richten können.
Man spricht von einer sogenannten Somatisierungsstörung, wenn bei Schmerzen oder Beschwerden der Sinnesorgane keine körperlichen Ursachen auffindbar sind und gleichzeitig sehr große Ängste bestehen. Die Betroffenen spüren einen starken Drang, sich immer wieder untersuchen zu lassen und suchen in ihrer Verzweiflung oft Hilfe bei unkonventionellen Hilfsangeboten. Viele Menschen entwickeln nach einem Trauma solche Beschwerden, oft dauert es sehr lange, bis ihre Störung richtig diagnostiziert wird.
Die seltene Traumafolgestörung DIS - Dissoziative Identitätsstörung - geht mit Erinnerungslücken
einher, in denen die Betroffenen zeitweise nicht mehr wissen, wie sie sich verhalten haben. Es
kommt auch vor, dass bestimmte emotionale Anteile der Persönlichkeit nicht mehr richtig
dazugehören.
Ein Trauma führt immer zu kurzfristigem, manchmal zu langfristigem Vertrauensverlust. Deshalb
ist es heilsam, im Alltag verlässliche Unterstützung durch vertrauenswürdige Bezugspersonen zu
erfahren. Oft fällt es Menschen nach einem Trauma schwer, zu professionellen Behandlern
Vertrauen aufzubauen. Diese Vorsicht ist nachvollziehbar, weil man sich zusätzlich zur inneren
Hilflosigkeit auch in Gesundheitsfragen oft hilflos fühlt, diese Gefühle jedoch nur schwer ertragen
kann.
Traumaexperten respektieren das Bedürfnis ihrer Klienten und Patienten, nur nach und nach von ihren Erfahrungen zu berichten oder bestimmte Erfahrungen zunächst auch ganz auszuklammern.
Sie unterstützen die Betroffenen darin, wieder mehr Vertrauen in ihren Körper zu entwickeln und die psychischen Kräfte durch beruhigende Aktivitäten zu stabilisieren. Entspannungsübungen helfen dabei, Emotionen besser auszuhalten und fördern das körperliche Wohlgefühl.
Für Betroffene hat es sich als sehr hilfreich erwiesen, bei Belastungsstörungen nach einem Trauma viel Geduld für sich selber aufzubringen. Die inneren und äußeren Ressourcen sollten in kleinen Schritten wieder aufgebaut werden, man muss lernen, sich gut zu schützen und stabile soziale Kontakte zu pflegen.
Eine wichtige Ressource besteht darin, nach und nach wieder positive und sinnvolle Zukunftsperspektiven zu entwickeln.
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