Seit circa 2000 beschäftigen sich Literatur und Forschung zunehmend mit den Lebensproblemen der Kriegskinder und Kriegsenkel.
Kriegskinder (geb. 1929-1947)
Kriegskinder sind zumeist geprägt durch traumatische Erlebnisse während des Zweiten Weltkriegs wie Hunger, Tod, Entwurzelung durch Bombardements oder Flucht, was ihnen aber oft nicht bewusst ist. Viele Kriegskinder, die sich jetzt im Rentenalter befinden, stellen fest, dass plötzlich wieder alte Erinnerungen hoch kommen. Traumatische Erlebnisse werden wieder spürbar, die doch längst verdrängt erschienen. Oder aber es kommt zu depressiven Einbrüchen, Ängsten oder Suchtproblemen, die ihre Wurzeln in weit zurück liegenden traumatischen Erlebnissen haben. Erst durch das Herstellen einer Verbindung von damaligen traumatischen Erlebnissen zu der eigenen Lebensgeschichte und den jetzt vorhandenen psychischen Problemen kann eine Grundlage geschaffen werden, um die psychischen Probleme vor einem anderen Hintergrund zu verstehen und erfolgreich zu behandeln.
Kriegsenkel (geb. 1960-1975)
Bei Kriegsenkeln, den Kindern der Kriegskinder, stellt man ein anderes Phänomen fest. Sie fühlen sich von den Eltern nicht wirklich wahrgenommen, haben oft den Eindruck, die eigenen Eltern kennen sie eigentlich gar nicht. Kriegsenkel beschreiben die Atmosphäre in ihrem Elternhaus zumeist als distanziert, gefühllos, misstrauisch gegenüber anderen, zwanghaft, nur an materiellen Werten orientiert. Sie vermissen Wärme, Geborgenheit, einen lebendigen zwischenmenschlichen Austausch und ein Gefühl von Lebensfreude. Erst wenn die eigenen Eltern als belastet durch die Kriegsereignisse wahrgenommen werden können, kann sich die Perspektive der Kriegsenkel verändern, und das eigene Leben lässt sich in einem ganz anderen Kontext betrachten. Denn es ist naheliegend, dass Kriegskinder, die schwierigste Situationen überlebt haben, nur wenig Mitgefühl und Verständnis für die „banalen Probleme“ ihrer eigenen Kinder aufbringen konnten. Ihre traumatischen Erfahrungen wurden quasi an die nächste Generation, die Kriegsenkel, in Form von fehlendem Vertrauen in das eigene Leben, von fehlendem Einfühlungsvermögen und von Ängstlichkeit weitergegeben („transgenerationale Weitergabe“ kriegsbelasteter Kindheiten).
Unterstützungsangebote
Sowohl Kriegskinder als auch Kriegsenkel können sehr unter der oben beschriebenen Problematik leiden. Je nach Schweregrad der Belastung bietet sich einerseits die aktive Auseinandersetzung mit der eigenen Lebensgeschichte an: beispielsweise über einen Gesprächskreis, über eine biografische Aufarbeitung oder über entsprechende Literatur- und Vortragsangebote. Andererseits kann die Inanspruchnahme professioneller Hilfe angezeigt sein: Linderung der psychischen Probleme verschaffen dann Psychologische Beratung oder Psychotherapie, zum Beispiel in Form der Kognitiven Verhaltenstherapie. Wichtig sind darüber hinaus Fortbildung und Supervision für Menschen, die täglich mit Kriegskindern arbeiten wie Ärzte oder Pflegepersonal, um den Spezifika Rechnung zu tragen. Gerade in Altenheimen zeigen Bewohner eigenwillige Verhaltensmuster, die erst im Kontext der Kriegstraumata richtig verstanden werden können.
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