Team jameda
Jeder kennt die lustig-lispelnde oder bedauernswert-stotternde Rolle in einer Komödie, über die man herzhaft lachen kann. Im echten Leben können Sprechfehler jedoch besonders Kinder enorm belasten. Warum sich Sprechstörungen entwickeln und wie man damit umgeht, erklärt dieses jameda Gesundheitsspecial.
Lispeln und Stottern gehören zu den Sprechfehlern
Bei einem Sprechfehler oder einer Sprechstörung ist die Fähigkeit, Sprachlaute korrekt und fließend zu bilden, beeinträchtigt. Dabei ist die motorische Erzeugung der Laute gestört, während bei einer Sprachstörung die gedankliche Erzeugung von Sprache betroffen ist. Sprech- und Sprachfehler können auch gemeinsam auftreten.
Lispeln: Sigmatismus kommt am häufigsten vor
Lispeln gehört zu den Lautbildungsstörungen, Betroffene können die Zischlaute s, sch und ch nicht korrekt artikulieren. Während sich die Zunge beim Aussprechen von Zischlauten normalerweise hinter den Zähnen befindet, berührt sie beim Lispeln die Zähne oder schiebt sich zwischen die vorderen Zahnreihen. Am häufigsten ist dabei der Sigmatismus, das fehlerhafte Aussprechen von s-Lauten. Schetismus wird die Störung der sch-Laute, Chitismus die Störung der ch-Laute genannt.
Zähne, Kiefer, Hörstörungen, schwache Muskeln als Ursachen
Kinder erlernen Zischlaute erst relativ spät, da sie am schwierigsten sind. So kommt es in den ersten Jahren öfter zu fehlerhaft gebildeten s-, sch- und ch-Lauten. Lispeln Kinder jedoch weiterhin, kann dies verschiedene Ursachen haben. Fehlerhafte Zahn- oder Kieferstellungen sowie Hörstörungen können zu Schwierigkeiten bei der Aussprache führen. Meist ist auch eine schwache Muskulatur von Zunge, Kiefer und Lippen der Grund für die falsche Position der Zunge beim Sprechen.
Muskeln stärken und Beweglichkeit der Zunge trainieren
Oft legt sich ein Lispeln, wenn die vorderen Milchzähne ausfallen und bleibende Zähne nachwachsen. Besteht es fort, sollte nach dem Zahnwechsel eine logopädische Behandlung erfolgen. Hier trainieren die Kinder auf spielerische Art die Muskulatur und Beweglichkeit von Zunge und Lippen und lernen, wo die Zunge bei den Zischlauten ihren Platz hat. Tägliches Üben mit Unterstützung der Eltern ist hier sehr wichtig.
Stottern: Wenn der Redefluss stockt
Typisch für stotterndes Sprechen sind häufige Wiederholungen und Dehnungen von Lauten, Silben oder Wörtern. Auch unterbrechen häufige Pausen den Redefluss. Neben diesen primären Symptomen des Stotterns zeigen Betroffene oft weitere Verhaltensweisen, die aus der unangenehmen, druckbeladenen Situation entstehen. Solche Sekundärsymptome können z. B. Grimassen oder ausholende Gesten sein.
Stottern ist keine Frage mangelnder Intelligenz
Meist tritt Stottern im Alter von zwei bis fünf Jahren auf, Jungen sind doppelt so häufig betroffen wie Mädchen. 80 % der Kinder, vor allem Mädchen, verlieren die Sprechstörung bis zur Pubertät wieder. Im Erwachsenenalter bleibt das Stottern meist ein Leben lang bestehen, in Deutschland leben etwa 800.000 erwachsene Stotterer. Stottern tritt in allen Kulturen und sozialen Schichten auf, mit einem bestimmten Bildungsniveau hat die Sprechstörung nichts zu tun.
Ein Teufelskreis aus angestrengtem Sprechen und Rückzug ins Schweigen
Die Ursache für die Sprechstörung Stottern ist noch ungeklärt. Man schreibt der genetischen Veranlagung eine wichtige Rolle zu, es gibt aber auch äußere Faktoren, die das Stottern auslösen und erhalten können. Stottern entsteht meist im Alter von zwei bis fünf Jahren, der Lebensphase, die für den Spracherwerb essentiell ist. Die Entwicklung der Sprache schreitet hier rasch voran und kann von zahlreichen gesellschaftlichen, emotionalen und geistigen Erlebnissen beeinflusst werden. Wird sich das Kind des Stotterns und der damit einhergehenden unangenehmen Gefühle bewusst, strengt es sich an, flüssiger zu sprechen. Oft werden Erzählen und Vorlesen dann zum frustrierenden Kraftakt, der die negativen Gefühle wie Unsicherheit und Scham noch verstärkt. Viele Kinder ziehen sich zurück und sprechen so selten wie möglich, um nicht aufzufallen.
Die Behandlung braucht Zeit und Geduld
Da sich nicht vorhersagen lässt, ob ein Kind das Stottern nach und nach verliert, ist eine frühzeitige Therapie auf jeden Fall sinnvoll. Eine fundierte Stottertherapie sollte von erfahrenen Fachleuten wie Logopäden, Sprachtherapeuten oder Ärzten durchgeführt werden. Die Therapie hilft dem Betroffenen langfristig, wenn sie sich über mehrere Wochen oder Monaten erstreckt und das Erlernte gut im Alltag verankert. Da Rückfälle in alte Sprechmuster häufig vorkommen, muss die Therapie auch für die Zeit nach der Behandlung Hilfen aufzeigen.
Das Handicap annehmen und gleichzeitig flüssiger sprechen
Um Stottern bei Kindern zu behandeln, werden Therapien mit sogenanntem direktem und indirektem Ansatz, oft auch in Kombination, angewandt. Beim direkten Ansatz wird das Stottern offen angesprochen, gestörte Sprechweisen werden gezielt durch Übungen verbessert. Die Kinder lernen Entspannungstechniken, um auch in unangenehmen Situationen „locker“ zu bleiben und flüssig sprechen zu können. Sie haben die Möglichkeit, von ihren Erfahrungen zu berichten und können so ihr Handicap leichter annehmen, auch die Eltern werden in die Therapie miteinbezogen.
Der indirekte Therapieansatz versucht die Freude der Kinder am Sprechen zu beleben und zu stärken. Ohne konkret auf die Stottersymptome einzugehen, werden Gespräche geübt und durch Entspannungs- und Bewegungsspiele ein bewusstes Körpergefühl gefördert.
Stotternde Kinder brauchen Ermutigung
Während stotternde Kinder sprechen, sollte man sich ihnen zuwenden und Interesse zeigen. Ein freundlicher Blickkontakt gibt ihnen die Gewissheit, dass man auf ihrer Seite ist. Gut gemeinte Ratschläge nach dem Motto „Ganz ruhig bleiben“ oder „Erstmal tief Luftholen“ sollten tabu sein, sie helfen dem Stotternden nicht und können demütigend wirken. Auch wenn es länger dauert, sollte man die Sätze nicht selbst vervollständigen, sondern die Kinder aussprechen lassen.
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