Ein längeres Leben bedeutet heute auch die Notwendigkeit zur Auseinandersetzung mit Fragen zu Liebe, Sexualität und Partnerschaft in der zweiten Lebenshälfte, in der Menschen heute deutlich vitaler sind als in früherer Zeit.
Die Generation der zwischen 1950 und 1970 Geborenen wird heute gern von Marketingfachleuten und Trendforschern zur „Silver Generation“ zusammengefasst. In der Arbeitswelt gelten sie mit 40+ zwar schon als alt und teuer, doch ihr eigenes Selbstverständnis hat sich grundlegend gewandelt, ihr Bildungsstand ist heute höher, sie sind welterfahrener, sportlicher und körperbewusster als frühere Generationen v.a. Frauen.
Mit 50+ stehen dann weder Familien- noch Karriereplanung im Vordergrund. Die Entlassung aus dem Job der Familienmanagerin reduziert zahlreiche Verpflichtungen bevor einige Zeit später die Pflegebedürftigkeit der eigenen Eltern zur neuen Herausforderung und Belastung wird.
Viele Angehörige dieser Altersgruppe erfahren nach langen Jahren von Partnerschaft und Familie eine neue Freiheit, die erst einmal angenommen, definiert und gestaltet werden will. Viele Paare kommen an diesem Entwicklungspunkt in ernste Schwierigkeiten, denn Partnerschaft ist immer an Bedingungen geknüpft. Was tun, wenn sich die Bedingungen ändern?
Für viele Paare wird der Zustand der eigenen Partnerschaft zu dieser Zeit auch zu einer schmerzhaften Erfahrung der Auf- und manchmal auch der Abrechnung: Man hat sich entfremdet voneinander, es geht plötzlich auch um Themen wie Alterungsprobleme, Gesundheitsdefizite, Gerechtigkeitsansprüche, Anerkennungsdefizite, Verletzungen, Gefühle der Vernachlässigung, Zukunftsängste, Affären, Langweile, sexuelle Schwierigkeiten.
Für viele Paare ist hier Schluss, sie schaffen die Wende zu einer neuen Paarverabredung nicht. Erschwert wird dies durch den Verlust der Kommunikation oder die fehlende Entwicklung einer paarorientierten Kommunikation.
Für Frauen heißt das aber auch, Sex mit Freiheit gleichsetzen zu können, die eigenen Bedürfnisse ernst zu nehmen, Lebens- und Beziehungserfahrung nach einer Trennung auch in eine neue Partnerschaft einbringen zu wollen.
Männer entdecken manchmal ihre Attraktivität bei jüngeren Frauen und verlieben sich zum ersten Mal nach vielen Jahren wieder, gehen Affären oder Dreiecksbeziehungen ein. Was für Männer wie ein Kavaliersdelikt aussehen mag, ist für Frauen ungleich schwerer umsetzbar, denn in der Gesellschaft ist es noch immer schwer vorstellbar, dass eine Frau einen jüngeren Mann wählt. Eine Lücke der Emanzipation? Die Gleichberechtigung müsste es eigentlich ermöglichen.
Frauen treffen mitunter aber auch auf Männer, die schon mit den ersten Einschränkungen des Älterwerdens zu kämpfen haben:
Testosteronmangel v.a. bei übergewichtigen Männern, Andropause, erektile Dysfunktion, Lustlosigkeit, längere Anlaufzeiten beim Sex, Erschöpfung und Nebenwirkungen von Medikamenten wie Blutdrucksenkern sind hier nur einige Schlagworte.
Häufig sind Männer ab 55 Jahren überfordert mit dem Selbstverständnis dieser selbstbewussten Frauen, die oft auch recht fordernd auftreten können und die ihre Ansprüche an Aussehen und Auftreten natürlich auch auf ihren Partner übertragen. Fähigkeiten zur Selbstpflege spielen für beide Geschlechter auch in dieser Altersgruppe inzwischen eine ganz zentrale Rolle.
Und dazu gehört auch, für sich selbst genau definieren zu können, was wirklich notwendig ist, was das Minimum ist für eine gut gelingende Beziehung. Und was weniger essenziell ist.
Dabei geht es nicht um die Frage, ob es immer das Beste sein muss, sondern um die Frage, ob etwas gut genug ist wie der Paartherapeut Arnold Retzer dies formuliert.
Darüber hinaus muss berücksichtigt werden: Der Sex zwischen älteren Menschen ist anders als bei jüngeren Menschen, es muss mehr und offener auch über bereits bestehende Probleme gesprochen werden, um überhaupt Sex haben zu können.
Scheidentrockenheit, Schmerzen, Herz-Kreislauf-Krankheiten, Lustlosigkeit, Verlängerung des Vorspiels, stärkere genitale Manipulation zur Erregung und Erektion, geringerer Härtegrad bei Erektionen u.ä.m. spielen häufig eine Rolle, die den Sex zwar beeinträchtigen, nicht aber verunmöglichen bei angemessenem Umgang.
Die Medikamente aus der Gruppe der sogenannten PDE-5-Hemmer können in vielen Fällen eine sehr gute Unterstützung bieten. Zentrale Fragen von Partnerschaft und Sexualität werden damit aber nicht beantwortet, denn der Sex wird auf natürliche Weise langsamer und braucht längere Anlaufzeiten. Mehr emotionale Verbundenheit für Erregung, Begehrtsein, Nähe, Beisammensein und Zugehörigkeit gewinnen an Bedeutung. Der Orgasmus als Ziel verliert an Bedeutung.
Der Wandel vollzieht sich von der Quantität zur Qualität.
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