Ärzte haben einen besonderen Blick auf die Welt der Medizin. Damit Patienten hinter die Kulissen des Gesundheitswesens blicken können, stellt jameda Herrn Prof. Dr. med. Kai Joachim Bühling interessante Fragen zu seinen Erfahrungen als Frauenarzt.
jameda: Herr Prof. Dr. Bühling, was hat Sie motiviert, Frauenarzt zu werden?
Herr Prof. Dr. Bühling: Während meines Studiums habe ich in unterschiedlichen Bereichen in der Krankenpflege gejobbt. Durch meine Tätigkeit in der Frauenklinik (Ich war dort übrigens die erste männliche Pflegekraft, davor wurden ausschließlich Frauen eingesetzt.), gelangte ich in den Kreißsaal. Dort wohnte ich erstmalig einer Geburt bei – und später vielen Weiteren. Dieses Geburtserlebnis hat mich nachhaltig fasziniert und schlussendlich den Wunsch geweckt, Frauenarzt zu werden.
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jameda:** Was macht Ihnen im Praxisalltag am meisten Freude? Wo sehen Sie die größten Herausforderungen?
Herr Prof. Dr. Bühling: Ich finde die Vielfalt unsers Faches toll. Angefangen bei der Geburtshilfe über die Schwangerenbetreuung bis hin zur Patientin mit Kinderwunsch. In meiner Praxis habe ich durch meine Spezialisierungen die Möglichkeit, die Patientinnen wirklich von Anfang an betreuen zu können. Nach 12-jähriger Tätigkeit kenne ich einige Patientinnen schon sehr lange. Hatten sie damals noch den Wunsch nach Verhütung, haben sie jetzt schon zwei Kinder.
Herausfordernd ist dabei immer, dass man von morgens bis abends eine Top-Leistung erbringen möchte. Nach einem anstrengenden Tag ist es aber äußerst befriedend, viele zufriedene Patientinnen gesehen zu haben.
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jameda:** Welchen Vorurteilen begegnen Sie häufig in Ihrer Praxis?
Herr Prof. Dr. Bühling: Die Frage, weshalb man als Mann Frauenarzt werden kann, höre ich immer seltener. Für die jüngere Generation ist das auch gar keine Frage mehr. Ich habe mal in einer Schulklasse über mein Berufsbild als Hochschullehrer und Frauenarzt gesprochen und am Ende gefragt, weshalb denn niemand diese Frage gestellt hat. Das haben die gar nicht verstanden und fragten „Warum denn, das ist doch ein Beruf?“. Das war beeindruckend!
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jameda:** Manche Krankheiten und Therapien sind unangenehm und verlangen viel Durchhaltevermögen vom Patienten. Was raten Sie Patienten in solchen Situationen?
Herr Prof. Dr. Bühling: Die Kunst liegt sicherlich darin, mittels einer positiven Ausstrahlung Sicherheit zu vermitteln und auch das „Licht am Ende des Tunnels“ zu zeigen. Manchmal ist das ein mühsamer Weg. Letztlich spiegeln die Patientinnen einem aber auch immer zurück, wie sie sich gefühlt haben.
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jameda:** Wie reagieren Sie, wenn Sie merken, dass ein Patient Ihren Therapieplan nicht befolgt?
Herr Prof. Dr. Bühling: Das ist für mich völlig unproblematisch. Ich verstehe mich als medizinischen Berater und erkläre jeder Patientin individuell, was ich weshalb genau machen würde. Wenn sie es besser weiß, kann sie das gerne machen. Sie darf sich dann nur nicht hinterher beschweren, wenn vielleicht die andere Therapie nicht angeschlagen hat. Einige Patientinnen kommen geläutert zurück und sind dann froh, wenn man ihnen hilft.
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jameda:** Wenn Sie das Gesundheitssystem ändern könnten, was würden Sie als Erstes tun?
Herr Prof. Dr. Bühling: Wir haben ja nun leider ein Zweiklassensystem, was beide „Klassen“ nur schwer beeinflussen können. In Deutschland hat ja jeder das Glück, in einer gesetzlichen Krankenkasse Platz zu finden, egal, welche Vorerkrankungen vorliegen. Das ist ja eigentlich super, nur leider führt die Budgetierung vieler Leistungen dazu, dass die Fachärzte manchmal lange Wartezeiten haben.
Gleichzeitig ist diesen Patientinnen aber der Weg in eine private Krankenversicherung versperrt, wenn sie nicht eine gewisse Einkommensgrenze überschreiten. Dafür gibt es doch auch überhaupt keinen Grund. Jeder muss doch entscheiden können, wie er sich versichert. Ich finde die Idee einer Grundversorgung ohne Budgetierungen, mit der Möglichkeit einer zusätzlichen privaten Krankenversicherung, auch als Ergänzungsversicherung, optimal. Wie beim Fliegen, man kann Economy, Business oder auch First class buchen, jedem wie es ihm beliebt.
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jameda:** Kein Mensch ist perfekt. In welchen Bereichen haben Ärzte Ihrer Meinung nach Verbesserungspotential?
Herr Prof. Dr. Bühling: Diese Frage sollte wohl jeder Arzt für sich selbst beantworten. Mir sind manche Ärzte zu apodiktisch. Hier würde ich mir mehr Offenheit wünschen. Die Zeiten der „Götter in Weiß“ sind überholt. Bei einigen fehlt mir auch die Empathie, was aber durchaus einigen zum Teil idiotischen Vorgaben des Gesundheitssystems geschuldet sein kann. Das führt dann zur Resignation, womit man den Beruf nicht mehr gut ausüben kann. Als ich bei mir den Keim bemerkte, habe ich mich zur Abgabe des Kassensitzes entschieden. In dem derzeitigen Setting kann ich so arbeiten, wie ich das immer wollte und nach dieser langen Ausbildung auch für angemessen halte.
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jameda:** Die Welt der Medizin verändert sich ständig. Gibt es neue Therapien oder Geräte, die Sie in Ihrer Praxis anwenden?
Herr Prof. Dr. Bühling: Ich habe viele Jahre an der Charité gearbeitet. Da war es geradezu selbstverständlich, immer die neuesten Ultraschallgeräte zu verwenden. Das habe ich auch in meine Praxis aufgenommen, letztlich muss das Gerät immer besser sein als der Untersucher. Gleichfalls habe ich mich für die vaginale Lasertherapie begeistern können. Denn sie erzielt bei entsprechender Indikation wirklich gute Ergebnisse. Alles teure Geräte, aber auch ich möchte bei der Arbeit Freude haben.
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jameda:** Gibt es einen Patienten oder ein Erlebnis in Ihrer Praxis, das Sie nie vergessen werden?
Herr Prof. Dr. Bühling: Zu Beginn meiner Tätigkeit in der Praxis stellte sich eine neue Patientin mit Brustkrebs erstmalig bei mir vor und sagte beim Ausziehen der Turnschuhe: „Ich war gerade auf dem Tennisplatz, aber da müssen Sie jetzt durch.“ Damals war ich so perplex, dass ich gar nichts gesagt habe. Ich überlegte nur, in welch schlechter psychischer Verfassung jemand sein muss, um die Aggressionen an mir, an dem neuen Arzt auszulassen. Heute würde ich sie freundlich nach Hause schicken mit der Bitte, einen neuen Termin zu vereinbaren, zu dem sie vor dem Tennis kommt.
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jameda:** Welchen Gesundheitstipp möchten Sie unseren Lesern mit auf den Weg geben?
Herr Prof. Dr. Bühling: Es gibt gefühlte 1.000 tolle Tipps, wie man leben sollte, was man essen sollte, wie man sich bewegt und lebt. Alle diese Tipps könnte ich den ganzen Tag rauf und runter beten – häufig werden sie dennoch nicht befolgt. Ich glaube, dass die meisten Menschen eigentlich wissen, was gut und was nicht so gut ist. Und letztlich muss es jeder so entscheiden, wie er es möchte. Wichtiger ist ja fast, dass man mit dem, was man macht, zufrieden ist. Und wenn ein paar Kilo mehr auf der Waage sind, ist das eben so. Aber es hat ja keinen Zweck, ständig mit schlechtem Gewissen zu essen und dann noch mehr zu wiegen. Dann lieber gutes Gewissen und denken „Ich bin so, wie ich bin“.
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Zur Person**
Prof. Dr. med. Kai J. Bühling studierte Medizin in Hamburg und Berlin und absolvierte seine Facharztausbildung im Allgemeinen Krankenhaus Altona (Hamburg) sowie an der Charité Universitätsmedizin Berlin. Hier leitete er von 1997 bis 2005 die Diabetes-Sprechstunde der Klinik für Geburtsmedizin und erwarb die Voraussetzungen für seine Schwerpunktbezeichnung »Spezielle Geburtshilfe und Perinatalmedizin«. Nach seiner Habilitation 2004 zum Gestationsdiabetes arbeitete er zunächst in der Abteilung für gynäkologische Endokrinologie und Reproduktionsmedizin der Charité (Leiter: Prof. Dr. Horst Lübbert). Im Anschluss war er in der Gemeinschaftspraxis Bohnet, Knuth & Graf in Hamburg tätig. Diese Weiterbildung schloss er mit seiner zweiten Schwerpunktbezeichnung »Gynäkologische Endokrinologie und Reproduktionsmedizin« im Jahre 2005 erfolgreich ab. 2007 übernahm Prof. Dr. med. Kai J. Bühling die Leitung der Hormonsprechstunde der Klinik und Poliklinik für Gynäkologie der Universitätsklinik Hamburg-Eppendorf. Seitdem hat er einen Lehrauftrag am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf. Neben seiner klinischen Tätigkeit mit den Schwerpunkten Kinderwunschbehandlung, Kontrazeption, Hormonersatztherapie und Schilddrüse betreibt Prof. Dr. med. Kai J. Bühling eine Schwerpunkt- und Privatpraxis zur Behandlung hormoneller Störungen und Risikoschwangerschaften. Als einer der ersten Frauenärzte bot er den vaginalen CO2-Laser „MonaLisa Touch®“ in Deutschland an.
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Zur Praxis**
Die Privatpraxis befindet sich in Blankenese in einer Altbauvilla. Sie ist aus dem Ziel heraus entstanden, allen Patientinnen eine Expertenmedizin in einer sehr persönlichen Atmosphäre anzubieten. Das Wohlfühlen soll bereits bei der Begrüßung durch sehr freundliche Mitarbeiterinnen beginnen und sich über die Wartelounge bis in das Sprechzimmer ziehen.
Um die Zahl der Arztwechsel geringzuhalten, arbeiten in der Praxis von Professor Bühling Fachkollegen mit Spezialisierungen (z. B. Brustultraschall) mit speziellen Sprechzeiten.
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