Artikel 13/11/2018

Stripping-OP oder Venenkleber: So werden Krampfadern heute behandelt

Dr. med. Jörg Fuchs Facharzt für Allgemeinchirurgie, Gefäßchirurg, Phlebologe
Dr. med. Jörg Fuchs
Facharzt für Allgemeinchirurgie, Gefäßchirurg, Phlebologe
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Laut dem diesjährigen Kongress der Fachgesellschaft für Venenerkrankungen, der Deutschen Gesellschaft für Phlebologie, werden jährlich circa 350.000 Eingriffe an Krampfadern durchgeführt. Dadurch fallen Behandlungskosten in Höhe von 800 Millionen Euro an. Des Weiteren sind Betroffene in der Regel durchschnittlich circa 16 Tage arbeitsunfähig. Welches Verfahren eignet sich besonders, um Krampfadern schonend zu behandeln?

Was muss ich über Krampfadern wissen?

Venenerkrankungen betreffen das oberflächliche Venensystem. Eine dieser Sammelvenen, die Vena saphena magna, verläuft auf der Unterschenkel- und Oberschenkelinnenseite bis zur Leiste, so wie die Naht an einer Jeans. Auf der Unterschenkelrückseite verläuft die zweite Stammvene, die Vena saphena parva, wie eine Strumpfnaht bis zur Kniekehle.

In diesen Venen befinden sich Venenklappen, damit das Blut immer in die richtige Richtung zum Herzen zurückfließt.

Jede vierte Frau und jeder fünfte Mann in Deutschland haben Krampfadern. In Europa soll nach wissenschaftlichen Daten jeder Zweite betroffen sein. Das Alter spielt keine Rolle. Junge wie alte Patienten stellen sich zur Abklärung vor. Krampfadern entstehen völlig unabhängig davon, ob männlich oder weiblich, groß oder klein, dick oder dünn, sportlich oder unsportlich oder ob man hohe oder flache Schuhe trägt.

Es gibt auch keinen prophylaktischen Sport. Kompressionsstrümpfe können nur Symptome lindern, Krampfadern verhindern sie jedoch nicht.

Wann sollte ich zum Arzt gehen?

Bei folgenden Symptomen sollten Sie einen Venenspezialisten aufsuchen:

  • die Beine sind schwer
  • geschlängelte Venen oder Besenreißer zeigen sich
  • die Haut im Bereich der Innenknöchel verfärbt sich braun
  • rötliche schuppige juckende Hautveränderungen bilden sich
  • eine Wade ist prall und schmerzhaft, z.B. nach langem Sitzen im Flugzeug, im Auto, Büro oder Hörsaal

Hier sollte immer eine tiefe Beinvenenthrombose abgeklärt werden, auch wenn sie prinzipiell nichts mit Krampfadern zu tun hat. Irrtümlich werden oberflächliche, knotige, rote und schmerzhafte Venenveränderungen mit einer Thrombose gleichgesetzt und dramatisiert.

Seltener führt eine Thrombophlebitis zu Problemen und kann fast ausschließlich ohne einen Eingriff, also rein konservativ, behandelt werden.

So werden Krampfadern untersucht

Der Phlebologe untersucht mit einem speziellen Ultraschall, einer sogenannten farbkodierten Duplexsonografie. Mit dieser Untersuchung kann er die Funktionstüchtigkeit der oberflächlichen und tiefen Venen und auch der Arterien an vielen verschiedenen Stellen von der Leiste bis zum Fuß feststellen.

Eine Phlebografie ist nur in seltenen Fällen, meistens bei Gutachten, erforderlich, da sie sehr gefährlich ist. Hier kann ein allergischer Schock oder auch ein Nierenversagen entstehen. Nach der Duplexuntersuchung ist das Ausmaß der Krampfadern bekannt und die Therapie kann geplant werden. Auch ein Thromboseverdacht ist danach geklärt.

Welche Therapie kommt bei Krampfadern in Frage?

Anfangs wurde die Zahl von 350.000 Krampfader-Operationen genannt. Die klassische Varizen-Operation, die sogenannte Stripping-Operation, wird häufig immer noch als Goldstandard dargestellt. Erstaunlich ist, dass diese Form der Krampfader-Operation in Europa durch moderne Verfahren ersetzt wurde, weil dadurch Verletzungen von Arterien und Nerven oder der großen tiefen Venen vermieden werden können.

Moderne Verfahren der Krampfaderbehandlung

Im Wesentlichen sind hier hitzebasierte Verfahren, wie die Radiowelle oder der Laser oder nichtthermische Verfahren wie der Venenkleber zu nennen. Andere Methoden, wie die mechanisch chemische Venentherapie, Heißwasserdampf oder die Schaumsklerosierung, sind seltener angewandte Alternativverfahren. Die Schaumsklerosierung kommt bei Rezidivkrampfadern, also erneuten Varizen nach dem Ersteingriff, zum Einsatz, da sie ohne Narkose und ohne Hautschnitte durchgeführt werden kann

Gibt es Unterschiede bei den modernen endovenösen Krampfader-Operationen?

Absolut! Folgende Aspekte sollten bei jedem Verfahren berücksichtigt werden:

  • Risikoarmut
  • Nebenwirkungen
  • Patientenkomfort vor, während und nach dem Eingriff
  • Verzicht auf eine Vollnarkose oder eine Anästhesie im Bein (Tumeszenz-Lokalanästhesie)
  • Soforteffekt der verbesserten Drainage
  • Behandlungsoption auch der Wadenvene
  • Möglichkeit der Rezidiv-Behandlung
  • Anwendbarkeit bei arteriellen Durchblutungsstörungen (pAVK), diabetischer Polyneuropathie, offenen Wunden, Ulcus und Einnahme von Gerinnungsmedikamenten
  • Dauer der Wiederherstellung der Arbeits- und Sportfähigkeit
  • Notwendigkeit, Kompressionsstrümpfe zu tragen
  • Langzeitergebnisse

Das einzige Verfahren, das all diese Kriterien erfüllt, ist der Venenkleber:

  • keine Narkose
  • keine Kompressionsstrümpfe
  • Unterbrechung des Alltags nur für den Eingriff

Danach ist alles erlaubt. Das ist kaum zu glauben, aber Realität. Natürlich kann es zu Rötungen, Blutergüssen oder schmerzhaften Verdickungen im Verlauf der verklebten Venen kommen. Aber eben auch nicht mehr.

Der Kleber ist seit 1960 zur medizinischen Anwendung im Körper zugelassen. Viele kennen ihn, wenn damit Wunden ohne Naht verklebt werden. Manche haben Angst, dass er giftig oder vielleicht krebserregend ist. Nichts davon trifft zu und darüber hinaus ist er nach circa eineinhalb Jahren wieder aus dem Körper verschwunden, wenn von der Vene nur noch ein feiner Narbenstrang übriggeblieben ist.

Warum werden überhaupt noch Stripping-Operationen angewendet?

Stripping-Operationen werden von vielen Krankenkassen bevorzugt. Die modernen Verfahren lassen sich über Spezialverträge abrechnen. Und wenn Ihre Krankenkasse nicht dabei ist, dann wechseln Sie einfach. Für Pflichtversicherte geht das telefonisch innerhalb von fünf Minuten.

Jetzt haben viele aber Angst davor, nach 30 oder mehr Jahren ihre Krankenkasse zu wechseln. „Die kennen mich und haben mir doch immer gut geholfen.“ Seien Sie sich gewiss, die neue Kasse ist mindestens genauso engagiert. Privatversicherte mit und ohne Beihilfe? Die Innovation hat sich durchgesetzt und wird ohne Beanstandung erstattet.

Fazit

Wer Krampfadern hat, sollte sich beim Phlebologen untersuchen und beraten lassen. Wer auf Narkose, Kompressionsstrümpfe und Einschränkungen verzichten möchte, entscheidet sich für den Venenkleber. Der kann zu jeder Jahreszeit, auch im Hochsommer, angewendet werden. Stripping-Operation war gestern, Venenkleber ist heute. Fragen Sie sehr gerne bei weiteren Unklarheiten.

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