Artikel 19/06/2020

Die häufigsten Sportverletzungen von Läufern: Typische Diagnosen und Beschwerden

Dr. med. Oliver Tobias Mahr Allgemeinmediziner (Hausarzt), Chirotherapeut, Sportmediziner
Dr. med. Oliver Tobias Mahr
Allgemeinmediziner (Hausarzt), Chirotherapeut, Sportmediziner
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Der Rücken schmerzt, das Knie tut weh, das Schienbein zwickt – Verletzungen und Beschwerden im Laufsport haben in den vergangenen Jahren deutlich zugenommen.

30-50 Prozent aller sportbedingten Beschwerden betreffen dabei das Knie. Als lauftypisch gelten auch Schmerzen der Schienbeinkante. Auch Rückenschmerzen, insbesondere im Bereich der Lendenwirbelsäule, sowie Achillessehnenbeschwerden sind keine Seltenheit.

Akute Sportverletzungen sind im Laufsport eher selten. Meistens handelt es sich um Beschwerden, die aufgrund einer dauerhaften Überlastung oder Fehlbelastung entstanden sind. Außerdem trainieren viele Läufer nicht ihrem Leistungsniveau entsprechend.

Anhand mehrerer Studien konnte gezeigt werden, dass etwa die Hälfte der Läufer im Freizeitbereich zu schnell läuft, also über dem eigenen Lauflimit trainiert.

Beinachsenabweichung (O-und X Beine)

Einer weiteren Fehlbelastung liegen zudem oft biomechanische Ursachen zugrunde. Zahlreiche Läufer haben beim Laufen ein dynamisches X- oder O-Bein, also eine physiologische Beinachsenabweichung. Sie entsteht erst durch das Laufen im Moment der Laufphase. Oder aber sie haben zum Beispiel einen Knick-Senk-Fuß. Beim Laufen werden Muskeln und Gelenke dann zwangsläufig falsch belastet. Auch unpassende oder zu sohlenharte Schuhe können zu einer Fehlbelastung führen.

Eine frühzeitige Diagnose und ein zügiger Therapiebeginn sind für den Heilungserfolg bei Sportverletzungen entscheidend. Denn in der Regel verschwinden die Beschwerden nicht von allein.

Runner’s Knee (das Läufer-Knie)

Stechende Schmerzen auf der äußeren Seite des Kniegelenkes sind typische Symptome des Läuferknies. Im Anfangsstadium treten die Beschwerden nach etwa 15-20 Minuten des Lauftrainings auf und können bei höherem Tempo wieder verschwinden. Im fortgeschrittenen Stadium tut schon das normale Gehen weh.

Das Läuferknie wird medizinisch Ilio-tibiales Bandsyndrom (ITBS) genannt, da das Problem durch Überlastung und Reizung des sogenannten Tractus iliotibialis entsteht. Bei dem Tractus iliotibialis handelt es sich um eine Muskelsehnenplatte, die Gesäß, Hüfte und Knie verbindet. Sie hat ihren Ursprung am Becken und verläuft an der Seite des Oberschenkels bis hin zum Schienbeinkopf.

Bei einem Läuferknie reibt der Tractus iliotibialis immer wieder am äußeren Knochenvorsprung des Oberschenkelknochens über dem Kniegelenk, wie ein Seil an einer Felskante. Physiotherapie und Krafttraining sind die Basis der Behandlung. Die Rumpf und Hüftmuskeln müssen trainiert werden, um die Beinachse zu stabilisieren und das Knie zu entlasten. Liegt eine Fehlstellung vor, können Einlagen helfen.

Jumper’s Knee (das Patellaspitzensyndrom)

Schmerzen im Bereich der Kniescheibenspitze, die zunächst nur nach dem Training auftreten, weisen auf ein Patellaspitzensyndrom (Jumper’s Knee) hin. Im fortgeschrittenen Stadium schmerzt das Knie kontinuierlich.

Da es vor allem am Sehnenansatz der Kniescheibenspitze weh tut, wird die Erkrankung Patellaspitzensyndrom genannt. Ist die Sehne dauerhaft überlastet, kommt es zu einer Sehnenreizung. Die Sehne fasert auf, degeneriert immer mehr und kann sogar in kleinen Teilen einreißen.

Fersensporn und Plantarfasziitis

Die Fersen zählen ebenfalls zu den typischen Problemzonen von Läufern. Tritt der Schmerz im Bereich der Ferse vor allem beim Auftreten des Fußes auf, kann es sich um eine Entzündung der Sehnenplatte (Plantarfasziitis) handeln. Betroffen ist eine dicke sehnenähnliche Bandstruktur der Fußsohle.

Wird die Entzündung nicht unter Kontrolle gebracht, versucht der Körper diesen Bereich zu stärken und lagert an den Sehnenansätzen Kalk ab. Es bildet sich dann allmählich der sogenannte Fersensporn.

Therapeutisch sind neben einer vorübergehenden Laufpause Dehnübungen die erfolgreichste Behandlung bei einer Plantarfasziitis. Die oft verkürzte Wadenmuskulatur wird dabei gedehnt. Ein weiterer großer Stellenwert hat neben der Physiotherapie eine spezielle Einlagenversorgung mit Aussparung der druckschmerzhaften Ferienregion. In zunehmend therapierefraktären Fällen kann auch die lokale Injektion mit Kortisonzusätzen helfen.

Shin Splint Syndrome (Schienbeinkantensyndrome)

Schmerzen und diffuse Druckgefühle auf der Innenseite des Unterschenkels, vom Knöchel bis hinauf zum Knie, machen das Joggen fast unmöglich. Die Beschwerden beginnen unmittelbar nach dem Laufstart und bleiben bis zum Ende der Laufbelastung.

Beim Schienbeinkantensyndrom handelt es sich um eine Überlastung der Knochenhaut (Periost). Hauptursache ist meist eine Beinachseninstabilität oder ein erworbener Knick-Senkfuß. Hierbei kommt es in der Folge zu einer Überlastung des hinteren Schienbeinmuskels (Musculus tibialis posterior).

Tapeverbände können die beanspruchten Areale stabilisieren. Physiotherapie zum Anlernen von Übungen und Verbesserung der Lauftechnik, evtuell helfen auch lokale Injektionen.

Achillodynie (Achillessehnen-Beschwerden, Tendinitis)

Die Achillessehne ist einer der kräftigsten Sehnen im Körper des Menschen. Sie hat eine Reißkraft bis zu 1.000 Kilogramm!

Aufgabe der Achillessehne ist es, die Kraft der Wadenmuskulatur bei jedem Schritt auf das Fersenbein zu übertragen und ein Abrollen des Fußes zu ermöglichen. Bei chronischer Überbelastung nimmt die Elastizität ihrer Kollagenen Fasern ab. In der Folge kommt es zu einer Entzündung und Verdickung der Sehne.

Es führt zu Einlagerung von Flüssigkeit, Einwachsen von Gefäßen und schmerzhaften Rezeptoren. Wertiges Kollagengewebe wird dabei von minderwertigem Gewebe ersetzt. Das Schmerzzentrum liegt meist am Ansatz der Sehne am Fersenbein.

Therapeutisch bewährt hat sich neben einer Muskeldehnungstherapie der Waden auch Physiotherapie mit Techniken wie Querfriktionen, also eine intermittierende Massage an Muskel/Sehnen/Knochenübergängen.
Individuell angepasste Einlagen können die Achillessehne ebenfalls gut entlasten.

Kontraindiziert aufgrund erhöhter Rupturgefahr sind Injektionen mit Kortison. Eine Injektion mit Lokalanästhetika und Homöopathie können aber hilfreich sein.

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