Artikel 13/05/2024

Paradigmenwechsel bei der Implantatwahl in der Brustvergrösserung

Dr. med. Burak Fouquet Plastischer & Ästhetischer Chirurg
Dr. med. Burak Fouquet
Plastischer & Ästhetischer Chirurg

Silikonimplantate werden in der plastischen und ästhetischen Chirurgie grundsätzlich in zwei Hauptbereichen verwendet. Diese sind einerseits die rekonstruktive, andererseits die plastisch-ästhetische Brustchirurgie. Im plastisch-ästhetischen Bereich kommen Implantate sowohl bei der reinen Brustvergrößerung zur Anwendung als auch unterstützend im Rahmen einer Bruststraffung.

Heutzutage sind die Ansprüche an die Implantate, die in der Brustchirurgie eingesetzt werden, hoch. Unser aktueller wissenschaftlicher Kenntnisstand darüber, wie der menschliche Körper die Silikonimplantate annimmt und mit ihnen umgeht, ist deutlich umfangreicher als beispielsweise vor 30 Jahren. Implantate müssen die Eigenschaften mitbringen, die einerseits für unser Zielvorhaben dienen, andererseits in Bezug auf die Patientengesundheit ein Maximum an Sicherheit erfüllen. Speziell für das Silikonimplantat bedeutet dies, dass es durch seine Konsistenz und Formgebung die weibliche Brust weitestgehend imitieren sollte. Dabei sollten jedoch die Belastung und die Umstellung für den Körper auf ein Minimum reduziert und die Haltbarkeit des Implantates so weit wie möglich verlängert werden.

In Bezug auf die Patientengesundheit wird in den Beratungsgesprächen häufig der Begriff „Verträglichkeit“ verwendet, welches vermutlich aus didaktischen Gründen am besten beschreibt, wie der Körper ein Implantat annimmt und wie lange er das Implantat toleriert. Ich ersetze diesen Begriff gerne und immer häufiger durch den Begriff „Bekömmlichkeit“, denn die „Verträglichkeit“ sollte ja bei den heutigen technischen Möglichkeiten in der Implantatherstellung als auch im operativen Vorgehen fast immer gegeben sein. Die „Bekömmlichkeit“ meint dagegen nicht, ob und wie lange man ein Implantat verträgt, sondern vielmehr den zeitlichen Umfang, den Patientinnen benötigen, bis die Ein- und Abheilung nach einer Implantat-Operation abgeschlossen ist.

Eine junge Frau steht nur in einem BIkinioberteil in einem Feld und streckt sich in die Sonne. Mit der Auswahl der Implantatoberfläche steht uns heutzutage ein wichtiges Instrument zur Verfügung, das maßgeblich unsere Reaktion auf die neuen Silikonimplantate beeinflusst.

Wir haben vor 15 Jahren Silikonimplantate mit rauer Oberfläche als den Goldstandard in der Brustvergrößerung gesehen und empfohlen, weil wir uns durch das adhäsive Verhalten der Implantatoberfläche einen längeren Halt des Implantates in der weiblichen Brust versprochen haben. Heute nach 15 Jahren wissen wir, dass zwar die Rauigkeit einen besseren „Grip“ und ein besseres Zusammenspiel zwischen dem Implantat und der Brust bedeutet, jedoch hinsichtlich der „Verträglichkeit“ deutliche Bedenken an diese Eigenschaft aufgekommen sind. Die Rauigkeit bedeutet nämlich einen äußerst starken Reiz für den Körper, nämlich dort, wo das Implantat mit der Brust in Kontakt tritt. Wir reagieren, wie bei jedem „Eindringling“ in unseren Körper mit einer immunologischen Antwortreaktion, welche sich bei Brustimplantaten mit einer Kapselbildung zeigt. Eine dünne Kapselschicht aus Bindegewebe umgibt das Implantat und „schottet“ es sozusagen ab. Die Kapselbildung ist eine Reaktion auf die Oberfläche des Implantates und hängt somit davon ab, wie die Oberfläche des Implantates beschaffen ist. Schaut man sich eine raue, das heißt eine texturierte Implantatoberfläche unter dem Mikroskop an, so ähnelt diese sehr einer „fuchsbauartigen“ Architektur. Unter der Texturierung entstehen sehr viele labyrinthartige Gänge, die sich über die gesamte Implantatoberfläche ziehen. Unsere Immunzellen versuchen, diese texturierte Implantatoberfläche bis zu “der letzten Ecke” zu erreichen und „abzuschotten“. Bei sehr ausgeprägter Texturierung gelingt es unseren Immunzellen leider nicht, das Labyrinth vollständig zu lösen. Das Immunsystem fängt an, ständig zu arbeiten, um eben diese letzten Ecken zu erreichen. Das Ergebnis ist eine anhaltende Kapselreaktion, die nicht beendet wird und sich über Jahre hinweg fortsetzt. Eine permanente Kapselreaktion wiederum führt zu einer Kapselwucherung (die sog. Kapselfibrose). Dies kann zur Folge haben, dass Verhärtungen und Formveränderungen und Muskelkater-artige Beschwerden auftreten. Die Kapselfibrose wird nach der Baker-Klassifikation in vier Stadien eingeteilt. Je nachdem, wie ausgeprägt die Formveränderung und/oder die Beschwerden sind, sollte dann ein Implantatwechsel und eine Kapselentfernung durchgeführt werden.

Gehen wir nun von weniger rauen, also weniger texturierten Implantaten aus (glatt oder sogenannte nanotexturierte Implantate), ist durch die viel „überschaubarere“ Implantatoberfläche die Arbeit für unser Immunsystem ebenfalls sehr einfach. Das Immunsystem schafft es innerhalb kürzester Zeit (einige Wochen), bereits die gesamte Oberfläche des Silikonimplantates mit der Kapsel zu benetzen. So können wir von einer abgeschlossenen Kapselreaktion sprechen, ohne zu befürchten, dass sich die Kapselreaktion „unkontrolliert“ fortsetzt. Wir wissen heutzutage, dass die Phase der Kapselbildung bei einigen Implantaten sogar bis auf 2 Wochen reduziert wird. Das heißt, dass das Risiko für eine Kapselfibrose ebenfalls enorm reduziert wird.

Mit der Auswahl der Implantatoberfläche steht uns heutzutage ein wichtiges Instrument zur Verfügung, das maßgeblich unsere Reaktion auf die neuen Silikonimplantate beeinflusst. Hinsichtlich der körperlichen Belastung nach einer Implantat-OP kann nahezu eine unbemerkbare Abheilung erfolgen. Daher stellt sich für mich immer mehr die Frage, ob die „Bekömmlichkeit“ eines Implantates heutzutage der zutreffendere Begriff sein sollte, der die „Verträglichkeit“ ersetzt.

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