Team jameda
Da es am linken Niederrhein kaum Förderungsmöglichkeiten für hochbegabte Kinder und Jugendliche gibt, haben wir 1999 ein Hochbegabtenseminar initiiert. In 7 Altersgruppen werden derzeit circa 70 Kinder und Jugendliche mit Hochbegabung bzw. Teilleistungsstärken aus dem Umkreis von 80 km gefördert. Die Arbeitsweise und Erfahrungen dieses Hochbegabtenseminars sollen hier vorgestellt werden.
Förderungsangebote für hochbegabte Kinder und Jugendliche sind oft einseitig auf Leistung ausgerichtet. Wir halten es dagegen für wichtig, eine Balance der intellektuellen, psychosozialen und körperlichen Entwicklung anzustreben, sodass die Teilnehmer gut mit sich (Selbstwertgefühl) und ihrer Umwelt (Teamfähigkeit) zurechtkommen. Deshalb bieten wir hochbegabten Kindern und Jugendlichen Förderung auf mehreren Ebenen an:
Im Regelschulsystem sind Hochbegabte zumindest in einzelnen Fächern unterfordert. Bei unseren Treffen geben wir hochbegabten Kindern und Jugendlichen unter Anleitung von Fachkräften die Möglichkeit - speziell im Bereich Mathematik, Naturwissenschaften und Informatik - Themen tiefergehender zu beleuchten.
Bei Denksport- und Knobelaufgaben erleben die Teilnehmer Spaß und Wettbewerb und überwinden ihre Langeweile, die aus der schulischen Unterforderung resultiert. Fächerübergreifende Fragestellungen, vernetzte Aufgaben und „Querdenken“ sind angesagt. Die Freude am Lernen und Forschen wird gefördert.
Damit Hochbegabte von heute Führungskräfte von morgen sein können, führen die Seminarleiter die Teilnehmer kind- bzw. jugendgerecht an Schlüsselqualifikationen heran - wobei vor allem Teamfähigkeit und Sozialkompetenz wichtige Trainingsziele sind. Spitzenleistungen werden in unserer Gesellschaft schließlich kaum noch von einzelnen Personen im stillen Kämmerlein erbracht, sondern im Team entwickelt.
In diesem Bereich geht es vor allem um die Förderung der Fähigkeit, sich in Gruppen zu integrieren und mit Anderen zu kooperieren. Neben Präsentations- und Konfliktbewältigungstechniken wird der Umgang mit Regeln, Grenzen und unterschiedlichen gruppendynamischen Erscheinungen (z.B. Mobbing) trainiert.
Weiterhin erfahren die Teilnehmer, wie sie mit ihren Stärken und Schwächen, Frustrationen, Bedürfnissen und Gefühlen umgehen können.
Der Anspruch einer ganzheitlichen Förderung ist nur durch ein interdisziplinär tätiges Team zu erreichen. Derzeit sind in unserem Trainerpool Psychologen, Sozialpädagogen, Pädagogen, Erzieher, Naturwissenschaftler und Berufsschullehrer tätig.
Neben der Vertrautheit mit der Problematik hochbegabter Kinder und Jugendlicher ist ein hohes pädagogisch-didaktisches Talent bei der Trainerauswahl entscheidend. Gute Erfahrungen haben wir mit hochbegabten Erwachsenen, selbstbewussten Persönlichkeiten, die sich für ein Spezialthema interessieren und ihre Begeisterung dafür authentisch und spannend vermitteln können.
Außerordentlich wichtig sind die Flexibilität und die Durchsetzungsstärke der Trainer, d.h. die Fähigkeit, auf die Fragen und Impulse der Kinder einzugehen und Inhalte mit Ihnen entwickeln zu können, ohne den roten Faden und die Führung zu verlieren.
Unabdingbar ist die Bereitschaft zur Zusammenarbeit mit den anderen Trainern. So findet nach jedem Seminar eine Teamsitzung statt, in der die Beobachtungen reflektiert und ausgetauscht werden. Es wird gemeinsam überlegt, ob die Inhalte den Bedürfnissen der Kinder gerecht werden, die Gruppenzusammensetzung optimal ist oder Veränderungen vorgenommen werden sollten. Dadurch befindet sich die Arbeit des Teams in ständiger Weiterentwicklung und Optimierung.
Bei der Fachförderung erhalten die Kinder und Jugendlichen intellektuell herausfordernde Aufgaben, ‘Nüsse zum Knacken’, die ihrem Potenzial entsprechen und sie an ihre Grenzen bringen.
Der Schwerpunkt liegt auf den Naturwissenschaften, Mathematik und der Informatik. Schulischer Unterrichtsstoff wird weitgehend vermieden. Die Themen werden oft mit den Kindern zusammen entwickelt, sodass sie ein Mitspracherecht bei der Auswahl der Inhalte haben.
Der Wechsel eines Themas kann auch zum Wechsel des Lehrers innerhalb eines Halbjahres führen, zumal jeder Fachlehrer seine Spezialthemen hat, die in der Regel in zeitlich begrenzten Projekten vermittelt werden.
Die herkömmliche Unterrichtsmethodik halten wir für unsere Arbeit mit hochbegabten Kindern und Jugendlichen für unzureichend.
Ein zügiger Methodenwechsel, ein hohes Lerntempo und originelle Lernmethoden wirken außerordentlich motivierend. Die Trainer legen großen Wert auf Freude am Lernen und Forschen, fordern aber auch eine gute Arbeitshaltung und aktive Mitarbeit.
Besonders gut sprechen hochbegabte Kinder und Jugendliche auf Methoden der Erwachsenenpädagogik an.
Geeignet ist vor allem problemorientiertes Vorgehen, Experimentieren, Selbst-Produzieren, Projektarbeit, selbstgesteuertes Lernen. Der Schwerpunkt wird auf das aktive Handeln beim Lernprozess gelegt. Niemand kann ‘untertauchen’ und sich ‘berieseln lassen’. Vor allem durch praktische Handlungen werden die Kinder dazu angehalten, präzise und ergebnisorientiert zu arbeiten. Die Anstrengungsbereitschaft und Selbstorganisation wird auf diese Weise gefördert.
Ein positiver Nebeneffekt ist, dass durch das Experimentieren die Feinmotorik trainiert wird, bei der hochbegabte Kinder oftmals Defizite aufweisen. Durch die Bewältigung komplexer anspruchsvoller Aufgaben im Team erfahren die Kinder Erfolgserlebnisse, die sie zu weiteren Leistungen motivieren.
Hochbegabte sind oft „verkopft“. Deshalb ist es besonders wichtig für sie, ihr Körpergefühl und ihre (Selbst)-Wahrnehmung zu sensibilisieren. Dies geschieht vor allem durch Bewegungsspiele (z.T. im Freigelände), Wahrnehmungsübungen und Entspannungsverfahren, die die physischen Empfindungen und Bewegungen in den Mittelpunkt der Aufmerksamkeit rücken.
Filmprojekte und Theaterstücke fördern im besonderen Maße die Teamfähigkeit. Hier sind Kommunikationsfähigkeit, strategisches Denken in der Gruppe, Arbeitsteilung, Einhalten von Absprachen und Zuverlässigkeit gefragt.
Vor allem Jungs sprechen auf Fantasie-Rollenspiele sehr gut an. Dabei übernehmen die Teilnehmer unterschiedliche Rollen oder auch Charaktere, die sie sich mit Hilfe des Spielleiters unter Berücksichtigung eines Rollenspielregelwerks selber ausdenken. Während des Spiels folgen die Spieler einer Geschichte, die entweder in sich abgeschlossen ist oder über mehrere Kurstage immer weiter erzählt wird.
Am Anfang einer Spielsitzung werden dann die Ereignisse des letzten Treffens zusammengefasst. Der Spielleiter baut die aktuelle Spielsituation auf und ein dynamischer Spielfluss entsteht. Es wird gewürfelt, diskutiert, in Regelwerken geblättert, Absprachen werden getroffen. Häufig werden Skizzen angefertigt, Grundrisspläne und Landkarten zu Rate gezogen. Die Spieler haben die Freiheit, alles Erdenkbare im Rahmen der Fähigkeiten ihrer Spielfigur zu unternehmen.
Sie müssen aber auch die Konsequenzen ihres Handelns übernehmen. Abschließend werden einzelne Situationen reflektiert, die während des Spiels aufgetreten sind.
Durch die Identifizierung mit dem gewählten Charakter erproben die Kinder und Jugendlichen während des Spiels neue Verhaltensweisen, ohne Angst vor der Reaktion der realen Welt haben zu müssen, also in einem geschützten Rahmen. Die Spielsituation kann somit dafür genutzt werden, Handlungen und Verhalten auszuprobieren und herauszufinden, wie die Umwelt darauf reagiert. Beispielsweise kann ein sehr schüchternes Kind einen Charakter wählen, der vielleicht viel mutiger und schlagfertiger ist als es selbst.
Außerdem regt das Rollenspiel die Vorstellungskraft und Fantasie an, trainiert das logische Denken, die kommunikativen Fähigkeiten, das Gedächtnis und die Konzentration.
Das Hochbegabtenseminar findet 12-mal im Jahr statt. Diese Frequenz hat sich bewährt, zumal die Kinder und Jugendlichen dieses Seminar nicht als Ergänzungsschule, sondern als ‘Highlight’ erleben, bei dem sie sich Futter für den Kopf holen und Gleichgesinnte treffen.
Darüber hinaus finden Elternabende statt, bei denen die Eltern detailliert über die Seminarinhalte informiert werden und die Kursleiter von ihren Erfahrungen bei der Arbeit mit den Kindern berichten.
Nach 17 Jahren Erfahrung mit dem Hochbegabtenseminar blicken wir auf Langzeitergebnisse zurück, zumal viele Kinder, die sich 1999 zur ersten, damals einzigen Gruppe angemeldet haben, heute noch dabei sind.
Bei den inzwischen älteren der sieben Gruppen beobachten wir eine deutlich verbesserte Teamfähigkeit. Es haben sich zahlreiche Freundschaften zwischen den Seminarteilnehmern gebildet, aber auch die sozialen Beziehungen im schulischen sowie im familiären Umfeld haben sich positiv entwickelt. Insbesondere die Konfliktfähigkeit, das Selbstbewusstsein und die Selbstreflektion haben die Integrationsfähigkeit erhöht.
Durch den Kontakt zu anderen Hochbegabten erfahren die Kinder und Jugendlichen, dass es Andere gibt, die ähnlich sind wie sie selbst, ebenso fühlen und denken und dieselben Probleme haben. Dies trägt in erheblichem Maße zur Identitätsfindung in einem geschützten Rahmen bei.
Rückblickend fühlen wir uns im ganzheitlichen Ansatz bei der Hochbegabtenförderung bestätigt. Ganzheitliches Fördern bedeutet für uns, dazu beizutragen, dass diese Kinder vor allem glückliche Persönlichkeiten werden, die mit sich und ihrer Umwelt im Einklang und zufrieden sind.
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