Team jameda
Neulich hat mich meine Tochter gefragt, woran die Menschen überhaupt erkennen, dass sie Hilfe benötigen. Haben Sie sich die Frage auch schon einmal gestellt?
Ich mache zunehmend die Erfahrung, dass sehr viele meiner Klienten mit der Unfähigkeit aufgewachsen sind, „Nein“ zu überzogenen Anforderungen, Unverschämtheiten und Grenzüberschreitungen zu sagen. Interessanterweise geht das oft Hand in Hand mit der Ablehnung, sich helfen zu lassen. Um Hilfe zu bitten, ja sogar Hilfe anzunehmen, die freiwillig angeboten wird, bedeutet für diese Menschen, dass sie sich unfähig, nicht perfekt oder sogar als echte Verlierer empfinden.
Die Fassade spielt sehr lange - oft bis zum endgültigen Zusammenbruch - die wichtigere Rolle, als die Ängste und Befürchtungen, die Orientierungslosigkeit und Verzweiflung im Inneren. Dabei wäre oft schon eine offene Kommunikation im engsten Freundes- und Verwandtenkreis hilfreich. Doch auch hier habe ich immer wieder den Eindruck, dass oft auch in diesem Kreis die Fassade gewahrt wird und man sich einander nichts anvertraut. Die zahlreichen Freunde sind eher Bekannte, mit denen man zwar sportliche oder andere Interessen teilt, die über die eigentliche Persönlichkeit mit ihren Wünschen und Bedürfnissen jedoch wenig bis nichts wissen.
Dabei sind es so viele Dinge, mit denen Menschen schwer allein zurecht kommen: berufliche Probleme und Überlastung, partnerschaftliche Auseinandersetzungen, Stress beim Ausbalancieren von Kindererziehung und Arbeit, Verlassenheitsgefühle nach einer Trennung oder im Alter. Ich könnte die Liste noch ausweiten.
Sie können das an den Zahlen erkennen: Die Anzahl psychischer Erkrankungen steigt seit Jahren. Dabei trifft es Frauen besonders häufig. 2015 hatten Arbeitsunfähigkeitstage bei Frauen auf Grund psychischer Erkrankungen schon fast die lange führenden Ausfalltage durch Skelett-und Muskelprobleme erreicht. Auf 1000 weibliche Mitglieder der BKK kamen 2015 bereits 3000 Arbeitsunfähigkeitstage; also drei Tage für jedes Krankenkassenmitglied! Erst wenn nichts mehr weitergeht, sucht man Hilfe beim Arzt.
Das bedeutet, es geht wohl eher darum, zu erkennen, dass man Hilfe benötigt, noch ehe man wirklich krank wird. Denn für viele Menschen wäre es vermutlich hilfreich gewesen, wenn sie sich eher Unterstützung für ihre Lebenssituation geholt hätten.
Vielleicht haben Sie ja auch schon einmal darüber nachgedacht, ob Sie Ihre Themen nicht einmal mit jemandem besprechen könnten? Weil Sie wirklich unzufrieden mit Ihrem Job oder Ihrer Partnerschaft sind? Weil Sie zunehmend gereizt oder lustlos sind und Ihnen die Sozialkontakte und Hobbys verloren gehen? Weil Sie das deutliche Gefühl haben, irgendetwas im Leben ändern zu müssen, aber nicht wissen, was genau oder wie? Alles, was Ihre Lebensfreude einschränkt und sich ohne Sie nicht ändern wird, könnte ein Thema sein.
Wenn Sie sich jetzt fragen, mit wem sie sprechen könnten, dann sollten Sie zunächst eine Idee haben, welche Unterstützung passen könnte. Schauen Sie zunächst einmal in den Kreis Ihrer Freunde und Verwandten. Vielleicht ist jemand dabei, dem Sie so viel Vertrauen entgegenbringen, dass Sie sich vorstellen können, auch mit schwierigen Themen dort gut aufgehoben zu sein.
Sind Sie nicht sicher oder wollen von vornherein eher den Blick oder Rat eines Außenstehenden, so sind auch hier unterschiedliche Wege möglich. Schränkt Ihr Leiden Sie bereits in Ihrem familiären und beruflichen Leben ein? Haben Sie Ihren Arzt bereits wegen zahlreicher körperlicher Störungen konsultiert, so fragen Sie doch hier einmal nach Therapien, die die Krankenkasse bezahlt.
Denn auch hier gilt: Je eher man diesen Weg geht, desto kürzer ist er bis zu einer Neuorientierung. Für manche Probleme - gerade im beruflichen Bereich - benötigt man vielleicht sogar die Hilfe eines kundigen Anwalts.
Für die Erörterung von Lebenshindernissen und neuen Weichenstellungen bietet sich Coaching, für eine ganzheitliche Betrachtung der aktuellen Lebenssituation neben den Psychoanalytikern und Psychotherapeuten aber auch Heilpraktiker mit den unterschiedlichsten Schwerpunkten an. Verschiedene Plattformen im Internet unterstützen die Suche nach geeigneten Therapeuten.
Wägen Sie nun noch ab, ob es sich nicht doch lohnt, vor sich selbst und vielleicht Freunden und Familie zugeben zu können, dass Sie es allein nicht schaffen, um dann wieder mit mehr Freude, Ausgelassenheit, Klarheit oder Muße durch Ihr Leben zu gehen.
Dann hören Sie anderen zu oder lesen Sie im Internet oder in zahlreichen Büchern, wie andere mit diesen Problemen umgegangen sind - hören Sie auf Ihre Intuition und entscheiden Sie sich für einen Weg, der für Sie passt. Und vor allem: Schieben Sie es nicht weiter vor sich her.
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