Ärzte haben einen besonderen Blick auf die Welt der Medizin. Damit Patienten hinter die Kulissen des Gesundheitswesens blicken können, stellt jameda Herrn Till Reimann interessante Fragen zu seinen Erfahrungen als Zahnarzt.
jameda: Herr Reimann, was hat Sie motiviert, Zahnarzt zu werden?
Herr Reimann: Ich liebe den Kontakt zu Menschen und auch das feinmotorische Handwerk hat mich immer fasziniert. Zudem erlaubt die Zahnmedizin immer, neue Techniken und Werkstoffe kennenzulernen und zu benutzen. Es gibt praktisch stetigen Fortschritt in unserem Fachbereich. Über allem steht jedoch klar der Punkt, dass ich durch diesen Beruf Menschen aus oft sehr unangenehmen Situationen helfen kann. Zum Beispiel Schmerzen, Scham aufgrund schlechter Zähne oder eingeschränkte Lebensqualität).
jameda: Was macht Ihnen im Praxisalltag am meisten Freude? Wo sehen Sie die größten Herausforderungen?
Herr Reimann: Am meisten Freude bereitet mir, wenn ich merke, dass wir mit unserer Arbeit wirklich helfen können. Es ist toll, jeden Tag ein Ergebnis von dem zu sehen, was man herstellt. Die größte Herausforderung ist sicherlich, dass jeder Patient total unterschiedlich ist und auch ganz unterschiedliche Ansprüche hat. Man sollte jeden Menschen gleich behandeln und auf der gleichen Ebene abholen. Auch muss man täglich ein Stück weit Psychologe sein, denn der Gang zum Zahnarzt ist für viele Patienten nach wie vor sehr unangenehm. Umso schöner ist es, wenn man hinterher hört, dass die Patienten es sich viel schlimmer vorgestellt haben, als es dann letztendlich war.
jameda: Welchen Vorurteilen begegnen Sie häufig in Ihrer Praxis?
Herr Reimann: Zum Glück kann ich nicht behaupten, jeden Tag mit Vorurteilen konfrontiert zu werden. Aber es ist sicherlich so, dass immer noch viele Menschen enttäuscht sind, wenn die Krankenkasse nicht alles übernimmt. In solchen Fällen muss man einsehen, dass man für Qualität „made in Germany“ noch selbst zuzahlen muss.
jameda: Manche Krankheiten und Therapien sind unangenehm und verlangen viel Durchhaltevermögen vom Patienten. Was raten Sie Patienten in solchen Situationen?
Herr Reimann: Ganz wichtig ist für mich, dass beide Seiten ständig miteinander kommunizieren. Ich muss und möchte wissen, wovor der Patient Angst hat oder wovor er sich schämt. Nur so kann ich genug auf ihn eingehen. Anders herum finde ich es genauso wichtig, dem Patienten immer mal wieder mitzuteilen, was gerade in seinem Mund geschieht. Und ganz wichtig: Der Patient muss jederzeit, ob vor oder während der Behandlung, genau wissen, was gemacht wird und dass es keine bösen Überraschungen geben kann.
jameda: Wie reagieren Sie, wenn Sie merken, dass ein Patient Ihren Therapieplan nicht befolgt?
Herr Reimann: Ich versuche die Ursache zu ergründen. Habe ich dem Patienten nicht zugehört? Konnte ich Ängste nicht ausräumen? Ist es ein finanzielles Problem? Sind grundsätzliche Fragen nicht beantwortet worden? All das versuche ich dann in einem Gespräch oder Telefonat herauszufinden.
jameda: Wenn Sie das Gesundheitssystem ändern könnten, was würden Sie als Erstes tun?
Herr Reimann: Das ist eine schwierige und sehr komplexe Frage. Wahrscheinlich würde ich versuchen, eine immer weiter klaffende Ungleichheit von Behandlungsbedarf und Behandlungskosten einzudämmen. Wenn ich von unserem Fachbereich mal in andere Bereiche der Medizin schaue, denke ich, dass der eklatante Personalmangel im Krankenhaus und in der Pflege und auch die dort herrschende Unterbezahlung sicherlich die ersten Bereiche wären, in denen ich versuchen würde, etwas zu ändern.
jameda: Kein Mensch ist perfekt. In welchen Bereichen haben Ärzte Ihrer Meinung nach Verbesserungspotential?
Herr Reimann: Man bekommt es aus Gesprächen mit Patienten immer wieder mit, dass es leider immer noch Kollegen zu geben scheint, welche über den Kopf des Patienten Entscheidungen treffen oder einfach nicht zuhören oder sich vielleicht auch gar keine Zeit nehmen können und wollen, zuzuhören. Was will der Patient? Diese Frage sollte über allem stehen. Natürlich muss ich als Mediziner dann entscheiden, ob diesem Wunsch auch entsprochen werden kann.
jameda: Die Welt der Medizin verändert sich ständig. Gibt es neue Therapien oder Geräte, die Sie in Ihrer Praxis anwenden?
Herr Reimann: Wir wollen in allen Teilbereichen der Zahnmedizin auf dem neuesten und besten Stand sein. Die Sedierung mit Lachgas, um Angstpatienten angstfrei behandeln zu können, ist ein enormer Fortschritt. Zurzeit verfolgen wir die Möglichkeit der digitalen Abformung, damit eine Behandlung ohne störenden Abdruck möglich wird.
jameda: Gibt es einen Patienten oder ein Erlebnis in Ihrer Praxis, das Sie nie vergessen werden?
Herr Reimann: Ich kann und möchte keinen speziellen Fall herausheben, dafür erlebt man viel zu viele unvergleichliche und schöne Momente. Es gibt nichts schöneres, als zusammen mit dem Patienten große Hürden zu meistern, sodass er danach seine Dankbarkeit zeigt. Das können große, umfangreiche Rekonstruktionen mit Kronen, Brücken und Implantaten sein, genauso wie die kleine Füllung beim Angstpatienten.
jameda: Welchen Gesundheitstipp möchten Sie unseren Lesern mit auf den Weg geben?
Herr Reimann: Der regelmäßige Gang zum Zahnarzt und zur Prophylaxe spart unterm Strich nicht nur die ein oder andere Füllung oder im schlimmsten Fall Schmerzen, sondern auch jede Menge Geld. Sprechen Sie mit ihrem Zahnarzt über alles, was sie interessiert und verunsichert. Der direkte Kontakt zum Spezialisten ist immer besser, als sich im Internet zu informieren.
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