Ärzte haben einen besonderen Blick auf die Welt der Medizin. Damit Patienten hinter die Kulissen des Gesundheitswesens blicken können, stellt jameda Herrn Nils Möhle interessante Fragen zu seinen Erfahrungen als Internist.
jameda: Herr Möhle, was hat Sie motiviert, Internist zu werden?
Herr Möhle: Mir war recht früh klar, dass ich mehr mit Menschen, als mit Technik zu tun haben wollte - ein Medizinstudium lag da nahe. Die Innere Medizin ist das umfassendste Fachgebiet, ein Lehrsatz lautet deshalb: „Es gibt nichts, das es nicht gibt!“. Diese Vielfalt der inneren Erkrankungen des Menschen fasziniert mich bis heute. Bei der Wahl des Faches war für mich zudem von großer Bedeutung, dass man nicht nur Organe, sondern den Menschen und den Körper des Menschen als Ganzes sieht und behandelt. Für mich ist die Innere Medizin das interessanteste und spannendste Fach.
jameda: Was macht Ihnen im Praxisalltag am meisten Freude? Wo sehen Sie die größten Herausforderungen?
Herr Möhle: Am meisten Freude bereitet mir der Mensch in seiner Vielfalt. Es ist einfach toll, in einem Gesundheitssystem mit immer mehr Spezialisierungen und Ressourcenknappheit, für meine Patienten da zu sein, d.h., für ihre Erkrankungen, aber auch für ihre Sorgen, Ängste und Nöte. Die größten Herausforderungen sehe ich in zunehmend knapper werdenden Ressourcen, in einer zunehmenden Überalterung der Ärzteschaft mit einem daraus folgenden Mangel an Ärzten außerhalb der Ballungsgebiete und in einer zunehmend älter werdenden Gesellschaft, was deutlich komplexere Krankheitsbilder zur Folge hat.
jameda: Welchen Vorurteilen begegnen Sie häufig in Ihrer Praxis?
Herr Möhle: ‘Der Arzt hat keine Zeit für mich!’ ist sicher das größte Vorurteil. Ich versuche, meinen Patienten zu vermitteln, dass Sie selbst im Mittelpunkt stehen und nicht nur die Krankheit, irgendwelche Budgets oder sonst irgendetwas. Seltener höre ich, dass Hausärzte nichts weiter tun, als „Pillen zu verschreiben“ und „Krankenscheine auszustellen“. Der Hausarzt ist die wichtigste Anlaufstelle für Patienten, er sieht den Menschen als Ganzes und beschränkt sich nicht auf ein einzelnes Fachgebiet oder Organsystem. Wir Hausärzte setzen das Puzzle aus einer Vielzahl von einzelnen Organbefunden zu einem großen Ganzen zusammen, binden den Patienten als Partner in die Planung der Therapie ein und sind so in der Lage, ihm optimal zu helfen.
jameda: Manche Krankheiten und Therapien sind unangenehm und verlangen viel Durchhaltevermögen vom Patienten. Was raten Sie Patienten in solchen Situationen?
Herr Möhle: Geduld, d.h., Geduld mit sich selbst! Dabei versuche ich, zu vermitteln, dass das Glas halb voll ist. Ja, manchmal kann man im Verlauf einer Erkrankung auch mal verzweifeln und doch gibt es oft noch einen Weg - wenn auch manchmal klein und beschwerlich. Und auf diesem bin ich der Begleiter. Zu wissen, dass man eine Krankheit nicht alleine durchstehen muss, nimmt einen Großteil der mit der Erkrankung verbundenen Angst.
jameda: Wie reagieren Sie, wenn Sie merken, dass ein Patient Ihren Therapieplan nicht befolgt?
Herr Möhle: Ich stelle mein Wissen zur Verfügung und berate die Patienten über mögliche Folgen, ohne dabei zu dramatisch oder gar dogmatisch zu werden. Vorab versuche ich freilich, die Therapie mit meinen Patienten zu besprechen und die Entscheidung zu einer Therapie gemeinsam zu treffen.
jameda: Wenn Sie das Gesundheitssystem ändern könnten, was würden Sie als Erstes tun?
Herr Möhle: Raus aus dem Hamsterrad! Das heißt, wir müssen weg von der sogenannten ‘Einzelleistungsvergütung’, sodass wir mehr Zeit für unsere Patienten haben. Und natürlich ein Abbau der Bürokratie. Ich helfe meinen Patienten nur selten, wenn ich irgendwelche Formulare ausfülle, die irgendwelche Verwaltungsapparate um ihrer selbst Willen am Laufen halten.
jameda: Kein Mensch ist perfekt. In welchen Bereichen haben Ärzte Ihrer Meinung nach Verbesserungspotential?
Herr Möhle: Beim Zuhören. Gerade ich als hausärztlich tätiger Internist weiß um die Bedeutung der Anamnese und des Gesprächs. Dabei ist das Zuhören von größter Bedeutung. Ich weiß dadurch, wo der Patient steht und wo ich ihn abholen und begleiten kann. Außerdem ‘verrät’ mir ein Gespräch auf Augenhöhe schon sehr viel - auch ohne Gerätediagnostik.
jameda: Die Welt der Medizin verändert sich ständig. Gibt es neue Therapieverfahren oder Gerätschaften, die Sie in Ihrer Praxis anwenden?
Herr Möhle: Ja! Unser Ultraschallgerät ist auf dem neuesten Stand der Technik. Aber auch in Bezug auf die Therapien bieten wir gerade bei Diabetes die eine state of the art-Therapie an.
jameda: Welchen Gesundheitstipp möchten Sie unseren Lesern mit auf den Weg geben?
Herr Möhle: Seien Sie achtsam mit sich! Und - es gibt immer noch kein Medikament, dass besser ist als Bewegung. Das muss nicht gleich ein Marathon sein. Es genügt, darauf zu achten, dass man sich regelmäßig bewegt; das Auto mal stehen lässt und öfters die Treppen nimmt.
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