Ärzte haben einen besonderen Blick auf die Welt der Medizin. Damit Patienten hinter die Kulissen des Gesundheitswesens blicken können, stellt jameda Herrn Halben interessante Fragen zu seinen Erfahrungen als Zahnarzt.
jameda: Herr Halben, was hat Sie motiviert, Zahnarzt zu werden und warum haben Sie sich für Ihre Spezialgebiete entschieden?
Herr Halben: Ich stamme aus einer Zahnarztfamilie. Am Mittagstisch haben sich mein Vater und mein Großvater gegenseitig Prothesen gezeigt. Im damals vorhandenen Praxislabor habe ich als Kind oft gespielt. Die Zahnmedizin war von Geburt an ein Teil meines Lebens. Als Schüler hatte ich mich zunächst für ein Physikstudium entschieden. Die Sorge, ein Teil der Entwicklung von Waffen zu werden, brachte mich als 17-Jährigen dann zurück zu medizinischen Berufen.
Letztlich war es ein lang gehegter familiärer Plan, die väterliche Praxis in dritter Generation zu übernehmen. Glücklicherweise kam nach dem Staatsexamen die eigene Motivation in großem Maße dazu. Bei Fortbildungen fand ich endlich die Lehrer, denen ich folgen konnte und die ich im Studium vermisst hatte.
Mein erstes ‘Spezialgebiet’ war und ist die Parodontologie. Aus dem Studium wusste ich, dass in Deutschland nur 30 % der Zähne durch Karies und Trauma verloren gehen, aber 70 % durch die Parodontitis. Das wollte ich ändern.
Die Implantologie war eine Folge meiner chirurgischen Ausbildung, die Endodontie aufgrund des allgemein niedrigen Niveaus in Deutschland notwendig. Wenn man konsequent seine eigenen Schwächen durch Fortbildungen zu Stärken werden lässt, hat man irgendwann alle Bereiche der Zahnmedizin bearbeitet und ist wirklich in der Lage, komplexe Fälle zu lösen. Ich bin ein überzeugter Generalist!
jameda: Worin liegt Ihr Tätigkeitsschwerpunkt und was macht diesen so besonders?
Herr Halben: Durch die Zusammenarbeit mit nunmehr zwei Kolleginnen, die beide in ihren Bereichen hervorragend ausgebildet sind, kann und muss ich Schnittstellen definieren, ganze Bereiche abgeben, um mich auf die Dinge zu konzentrieren, die für mich ‘übrigbleiben’: Das ist in erster Linie die Parodontologie.
Anders als bei anderen Fachgebieten ist die Parodontologie mit der Prothetik, Endodontie, Gnathologie, Oralchirurgie und auch der Zahnerhaltungskunde (deren Teil sie formal ist) eng verknüpft. Der Parodontologe muss sich in allen Bereichen zuhause fühlen, da die Parodontitis letztlich auch alle Bereiche betrifft.
Subtile regenerative Verfahren machen die Therapie heute besonders spannend. Erfolgreich werden wir aber nur dann behandeln, wenn wir und unsere Dentalhygienikerinnen unsere Patienten begeistern und zu einer Veränderung der Hygienebemühungen motivieren.
jameda: Gibt es im medizinischen Bereich ein Vorbild, das Ihre Laufbahn besonders geprägt hat?
Herr Halben: Ja, tatsächlich haben mich vor allem drei Zahnärzte nachhaltig geprägt: Von Dr. Dr. Heinz Erpenstein (Münster) habe ich gelernt zu lesen, das heißt Fachartikel auszuwählen, zu bewerten und umzusetzten. Seine Konsequenz, Disziplin und westfälische Klarheit waren wegweisend für mich. Fachlich war er mein wichtigster Lehrer und Freund.
Mein wichtigster Chef war sicher Dr. Bernd Heinz (Hamburg). Sein Enthusiasmus für die Zahnmedizin hat er mit glühenden Augen vermittelt. Seine Herzlichkeit, sein bedingungsloser Einsatz für seine Patienten und seine immer sehr persönlichen Interpretationen wissenschaftlicher Erkenntnisse haben mich nachhaltig begeistert.
Bereits kurz nach meinem Staatsexamen durfte ich bei Dr. Jürgen Koob (Hamburg) hospitieren. Das Konzept der in seiner Zeit sicher renomiertesten Zahnarztpraxis Hamburgs hat er mir in aller Offenheit freundschaftlich gezeigt: gediegen, hanseatisch, solide.
jameda: Gibt es aktuell Hilfen oder Neuerungen, die Ihnen Ihren Praxisalltag erleichtern können?
Herr Halben:
1. Das Operationsmikroskop. Neben der plastischen Parodontalchirurgie und Kompositfüllungstechnik liegt das Haupteinsatzgebiet sicher in der Endodontie. Die bis 40-fache Vergrößerung und die perfekte Ausleuchtung ermöglichen Wurzelbehandlungen auf einem anderen Niveau. Der Verzicht auf ein Mikroskop bei einer Wurzelbehandlung muss heute als veraltet gelten.
2. Cerec. Die Einführung der CAD-CAM-Technik in der Zahnmedizin 1989 war von Anfang an begeisternd. Inzwischen ist das Cerec-System, das ursprünglich von der Firma Siemens zusammen mit der Zahnklinik Zürich entwickelt wurde, längst praxisreif. Keine Abformungen, keine Provisorien, keine Laborkosten bei gleicher Passgenauigkeit sind für viele Patienten eine große Verbesserung. Das zahntechnische Labor ist verzichtbar – Keramikrestaurationen in einer Sitzung mit niedrigeren Kosten! Hier liegt sicher die Zukunft der Zahnmedizin.
3. Das DVT. Das digitale Volumentomogramm macht die Röntgentechnik in der Zahnarztpraxis dreidimensional. Für Implantatplanungen, zur Schonung anatomischer Nachbarstrukturen (Nerven, Kieferhöhle…) in der zahnärztlichen Chirurgie (verlagerte Weisheitszähne, Knochenaufbauten…) und in der Endodontie ist das DVT inzwischen unverzichtbar. Mit dem DVT stellen wir sichere Diagnosen und sind somit bessere Zahnärzte.
jameda: Wo sehen Sie in Ihrem Fachgebiet die größten Herausforderungen für die Zukunft?
Herr Halben: Der Wissenszuwachs in der Zahnmedizin ist so groß wie noch nie: Nach nur fünfeinhalb Jahren ist die Hälfte der gültigen Lehrmeinungen schon wieder ausgetauscht. Das erfordert von den Zahnärzten eine erhebliche Lernbereitschaft über die ganze Dauer ihrer Behandlungstätigkeit, um immer auf dem aktuellen Stand zu bleiben.
Durch das Internet sind auch die Patienten schnell über Fortschritte in der Zahnmedizin informiert und ihre Ansprüche an die Zahnmedizin sind in Deutschland ohnehin schon immer sehr hoch.
Jedoch stoßen die finanziellen Möglichkeiten unseres Gesundheitssystems zunehmend an Grenzen. Hier wird die Ausweitung der Selbstbeteiligung der Patienten an den Kosten unausweichlich sein, um andere Bereiche des besten Gesundheitssystems der Welt nicht zu sehr zu limitieren.
jameda: Was wird an Ihrem individuellen Umgang mit Ihren Patienten besonders geschätzt?
Herr Halben: Ich finde, das ist die am schwersten zu beantwortende Frage! Ich habe mich umgehört: Es werden die spürbare Begeisterung für meinen Beruf, meine Arbeit und Zähne allgemein genannt. Meine Interpretationen der Befunde orientieren sich immer an fachlichen Aspekten. Die daraus resultierenden Behandlungspläne sind überzeugend, die Aufklärungen ehrlich.
Es wird mir zweitens unterstellt, als Generalist umfassend auch herausfordernde Situationen kompetent zu lösen.
Als drittes wird mir nachgesagt, dass ich meinen Patienten und Ihren Lebenssituationen mit Empathie begegne und mich mit all meinem Wissen, Fertigkeiten und meiner zahnärztlichen Kunst für ihren Zahnerhalt einsetze.
jameda: Was schätzen Sie an Ihren Patienten besonders?
Herr Halben: Das, was ein Arzt von seinem Patienten immer braucht, ist Vertrauen. Für manche Patienten ist die Summe an negativen Erfahrungen schon so groß, dass sie Mühe haben, mir diesen Vertrauensvorschuss zu geben, der aber notwendig ist. Wie in allen anderen Beziehungen auch ist für das Arzt/Patientenverhältnis die Ehrlichkeit ganz besonders wichtig – in beiden Richtungen.
Abschließend schätze ich Disziplin ganz besonders: bei der Einhaltung der verabredeten Termine, beim Überstehen mancher unangenehmen Behandlungssituationen und dem zeitnahen Begleichen meiner Liquidationen. Viele meiner Patienten sind über die Jahre zu guten Freunden geworden und mir ans Herz gewachsen.
jameda: Gibt es ein besonderes Patientenerlebnis, das Sie nie vergessen werden?
Herr Halben: Zu viele!
jameda: Welchen Gesundheitstipp möchten Sie unseren Lesern mit auf den Weg geben?
Herr Halben: Regelmäßige Professionelle Zahnreinigungen stellen neben dem eigenen Zähneputzen den wesentlichen Teil zahnärztlicher Prophylaxe dar. In keinem Bereich der Medizin ist die Vorbeugung so effektiv wie in der Zahnmedizin. In einer sehr großen Zahl wissenschaftlicher Studien konnte gezeigt werden, dass das Kariesrisiko durch Professionelle Zahnreinigungen allein im Vergleich zum häuslichen Zähneputzen auf bis zu 2 % gesenkt wird.
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