Artikel 13/08/2021

Das jameda-Interview: 9 Fragen an Herrn Christian W. Engelbert

Christian W. Engelbert Allgemeinmediziner (Hausarzt), Akupunkteur
Christian W. Engelbert
Allgemeinmediziner (Hausarzt), Akupunkteur
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Ärzte haben einen besonderen Blick auf die Welt der Medizin. Damit Patienten hinter die Kulissen des Gesundheitswesens blicken können, stellt jameda Herrn Christian W. Engelbert interessante Fragen zu seinen Erfahrungen als Arzt.

jameda: Herr Engelbert, was hat Sie motiviert, Arzt zu werden, und warum haben Sie sich für Ihre Spezialgebiete entschieden?

Herr Engelbert: Mein Patenonkel war Kinderarzt und die Art, wie er mich als Kind behandelte, hat wohl das Samenkorn, Arzt zu werden, in mich gelegt. Meine Mutter hatte Medizin studiert, aber sich nach meiner Geburt um die Familie gekümmert – so wie es damals üblich war. Ihr habe ich viele Impulse zu verdanken.

Nach meiner Zeit in der Universitätsmedizin im Fachgebiet Innere Medizin und Kardiologie habe ich erkannt, dass es „noch mehr’ geben muss. So habe ich im Laufe der Jahre die Ausbildungen zum Allgemeinmediziner, Notarzt und Naturheilkundler mit breitem Spektrum durchlaufen.

jameda: Worin liegt Ihr Tätigkeitsschwerpunkt und was macht ihn so besonders?

Herr Engelbert: Das wichtigste war und ist für mich die Verbindung der wissenschaftlichen Medizin mit der modernen Naturheilkunde. Nur mit diesem Rüstzeug kann ich den immer vielfältigeren Symptomen und Krankheitsursachen begegnen.

Meine Art der Medizin ist Heilkunde und Heilkunst. Das versuche ich im Alltag zu leben. Die Verdauungsstörungen haben sich neben meiner ‘alten Liebe’ Herz/ Kreislauf durch die immer häufigeren Beschwerden zu einem Schwerpunkt entwickelt. Dass sich im Hintergrund häufig eine unerkannte Stresssituation verbirgt, habe ich in der Universitätsmedizin am eigenen Leibe zu spüren bekommen.

Das alles, aber auch alles im Organismus miteinander verbunden ist und kommuniziert, habe ich durch die Naturheilkunde gelernt. Heute forschen wir an der Darm-Hirn-Achse – eine Tatsache, die den „alten’ Ärzten seit Jahrzehnten geläufig ist.

jameda: Gibt es im medizinischen Bereich ein Vorbild, das Ihre Laufbahn besonders geprägt hat?

Herr Engelbert: Allen voran meine erste Professorin Meta Alexander, die uns in den ersten Klinik-Semestern das Handwerk im wahrsten Sinne des Wortes beigebracht hat: hören und zuhören, Herz, Lunge und Bauch mit dem Stethoskop untersuchen, tasten, klopfen, fühlen mit Hand und Herz. Das erlebt der moderne Patient leider nur noch selten und damit fehlt meiner Meinung nach das Wichtigste: die Berührung.

Große Lehrer waren Prof. Theodor Dissmann, der mich das kritische Hinterfragen lehrte und Prof. Ernst-Eberhard Weinhold, bei dem ich an der Nordseeküste das Rüstzeug für einen richtigen Landarzt bekam.

Albert Schweitzer und Mahatma Gandhi (obwohl kein Arzt) sind große Vorbilder.

jameda: Gibt es aktuell Hilfen oder Neuerungen, die Ihnen Ihren Praxisalltag erleichtern können?

Herr Engelbert: Allem voran sind meine Mitarbeiterinnen die wichtigste Hilfe in meinem Alltag. Ohne sie könnte ich mein Pensum sowohl zeitlich als auch thematisch nicht bewältigen. Unsere fröhliche Praxisstimmung ist für mich kraftspendend.

Ich komme aus der „alten Schule’ der Medizin, erkenne jetzt aber die Neuerungen im Praxisalltag als hilf- und segensreich: Mit richtigem Augenmaß und ohne die persönlichen Begegnungen von Patient und Arzt aufzugeben, halte ich Dinge wie Online-Terminvergaben, Videosprechstunden und besondere Formen der Telemedizin für zeitgemäß und sinnvoll. Die persönliche Begegnung mit den Patienten wird für mich allerdings immer das Wichtigste bleiben.

jameda: Wo sehen Sie in Ihrem Fachgebiet die größten Herausforderungen für die Zukunft?

Herr Engelbert: Aus meinem Wissen und der jahrzehntelangen Erfahrung heraus sage ich es klipp und klar: Wir müssen bei Diagnostik und Behandlung zunehmend mehr Faktoren berücksichtigen.

Die Lebensweise der Menschen mit veränderten Ernährungsgewohnheiten, die mangelnde Regeneration bei zunehmender Stressbelastung, das Fehlen der menschengemäßen Bewegung, die Umweltfaktoren, die teilweise selbstgemacht sind… All das führt zu einer vielfältigen Belastung des Organismus.

An den dramatisch zunehmenden Verdauungsstörungen (wir verdauen ja nicht nur Essen und Trinken, sondern auch Vereinsamung, Stress am Arbeitsplatz u.a.) und der immer noch sehr hohen Erkrankungsrate an Herz, Blutdruck, Gefäßen und Atemwegen – also den Organen unseres Lebensrhythmus, erkennen wir, das eine Neuorientierung unsere Lebensplans vonnöten ist.

Wir Ärzte müssen vom Halbgott in Weiß zum Begleiter der Patienten werden, Ratschläge statt das bisherige „Sie müssen“, Vorschläge statt „Wenn Sie nicht…, dann…“ unterbreiten. Eine Diagnose ist häufig nur eine Schublade. Hören wir den Menschen besser zu, lassen wir sie sprechen und ihre Beschwerden beschreiben.

jameda: Was wird an Ihrem individuellen Umgang mit Ihren Patienten besonders geschätzt?

Herr Engelbert: Ich denke, das zugewandte Zuhören, mein Versuch, mich in die Situation des Patienten hineinzudenken und mich an dem Behandlungswunsch zu orientieren, sind wichtige Grundlagen. Die Berührung mit Hand und Wort scheint mir gerade in heutiger Zeit ein wichtiger Heilimpuls zu sein.

jameda: Was schätzen Sie an Ihren Patienten besonders?

Herr Engelbert: Dass sie sich mir anvertrauen.

jameda: Gibt es ein besonderes Patientenerlebnis, das Sie nie vergessen werden?

Herr Engelbert: Wissen Sie, es gibt täglich besondere Erlebnisse. Einen „Fall“ werde ich sicher nie vergessen:

Ich war noch Student im klinischen Semester. Wir hatten gerade ein Seminar über Hauterkrankungen absolviert. Es war ein heißer Sommer und mein Vater stand mit freiem Oberkörper in der Küche vor dem Kühlschrank. Ich entdeckte eine verdächtige Stelle an seinem Rücken. Es handelte sich um einen Leberfleck, den er schon Jahre hatte. Im Zentrum fiel mir eine Aufhellung auf, der Rand war unregelmäßig geworden.

Ich veranlasste eine sofortige Konsultation beim Hautarzt in der Klinik. Einige Tage später wurde mein Vater am schwarzen Hautkrebs, einem malignen Melanom, operiert. Der Professor gestattete mir, bei der Operation dabei zu sein. Es gab einen riesigen Hautschnitt, um möglichst alles zu entfernen. Nach dem Eingriff murmelte mir der Operateur zu: Sie haben Ihrem Vater das Leben gerettet. Mein Vater wurde 84 Jahre alt.

jameda: Welchen Gesundheitstipp möchten Sie unseren Lesern mit auf den Weg geben?

Herr Engelbert: Achten Sie auf Ihren Lebensrhythmus. Sind Schlafen und Wachen, Essen und Verdauen, Aktivität und Regeneration im Gleichgewicht, kann uns so leicht nichts umwerfen.

Nutzen Sie das Waldbaden: eine oder zwei Stunden durch den Wald gehen, verweilen, lauschen, riechen, spüren. Den auf engsten Raum lebenden Japanern, die kaum Urlaub haben und ihren Sinn in der Arbeit sehen, ist das Waldbaden eine Quelle der Gesundheit.

Zur Person

  • Magister Artium (M.A.) der Europa Universität Viadrina
  • Facharzt für Allgemeinmedizin
  • Rettungsmedizin Naturheilverfahren
  • Experte in Biologischer Medizin, Universität Mailand ,WHO-Center für Naturheilverfahren
  • Spezialist in Mikrobiologischer Therapie
  • Referent und Dozent, u. a. Urania Berlin, Ärztegesellschaften, Key-Akademie
  • Experte RBB
  • Buchautor
  • verheiratet, zwei weibliche „Herzblätter“

Zur Praxis

  • Praxis für Integrative Medizin
  • Praxis für Privatpatienten und Selbstzahler
  • Schwerpunkte: Verdauungsstörungen, Herz-Kreislauf-Beschwerden, Bluthochdruck, Stressbewältigung
  • Online-Terminvergabe
  • Videosprechstunde
  • Telemedizin

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