Artikel 25/08/2014

Häufige Scheidenpilze – verschiedene Erklärungsmodelle und neue Therapieansätze

Team jameda
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Ständig wiederkehrende Candida-Infektionen der Genitalorgane sind für viele Frauen ein sehr belastendes Problem. Ständiger Juckreiz, weißlicher Ausfluss, der krümelig oder cremig ist, Wundheit der Venuslippen bei und nach dem Geschlechtsverkehr sind Symptome für die Pilzinfektion.

Böse Pilze?
Eine Sichtweise, die lange in der universitären und konventionellen Medizin richtungweisend war, sieht die Pilze als schädliche und aggressive Erreger, denen mit fungiziden, also pilzabtötenden, Arzneimitteln der Garaus gemacht werden sollte. Fungizide werden lokal als Zäpfchen und Salben oder zum Schlucken angewendet. Das Problem ist nur: Für den Moment sind dann die Candida-Pilze weg, aber sie können wiederkommen.

Milchsäureflora nicht in Ordnung?
Eine weitere Sichtweise geht davon aus, dass Candida-Pilze gar nicht so aggressiv sind, sondern als eher harmlose Vertreter erst Ärger machen, wenn sie sich in der Überzahl in der Scheide ausbreiten. Dafür spricht, dass bei bis zu 20% der beschwerdefreien Frauen vereinzelte Pilze in Scheidenabstrichen gefunden werden, ohne dass die Frauen sie bemerken. Das Milchsäurebakterien-Schutzsystem der Vagina hält im Idealfall die Pilze unter Kontrolle und verhindert eine Ausbreitung und die damit verbundenen Beschwerden. Bei wiederholten Abstrichkontrollen verschwinden die Pilze und auch deren Sporen häufig, wenn genügend fleißige Milchsäurebakterien vorhanden sind. Sie bilden nämlich neben der Milchsäure auch andere Abwehrfaktoren, welche Fremdkeime an der Vermehrung hindern. Wenn durch Einnahme von Antibiotika oder auch durch übertriebene Intimhygiene wie Scheidenduschen oder zu viel Seife die Milchsäureflora gestört wird, sind Frauen deutlich anfälliger für einen Pilzinfekt.

Diese Beobachtung begründet auch, warum es bei vielen Frauen einen starken Zusammenhang zwischen dem Auftreten von Pilzinfektionen und psychosomatischen Faktoren gibt. Professor Dr. Werner Mendling hat erforscht, dass die Milchsäureschutzflora abnimmt, wenn Frauen unter starkem Stress stehen. Ob Belastungen am Arbeitsplatz oder ungelöste Partnerschaftskonflikte – bei Problemen, die einen psychischen Druck ausüben, können die schützenden Milchsäurebakterien regelrecht „auswandern“. Gerade wenn sich die Konflikte nicht einfach lösen lassen, ist es wichtig, dass Frauen eine gute Selbstfürsorge leben. Ausreichend Schlaf, gesunde, gemüsereiche Ernährung und moderater Sport oder Yoga können helfen, nach Belastungen wieder zu entspannen und Stress besser zu verarbeiten. Daneben stabilisieren Präparate, die die Schutzflora wieder aufbauen, die lokale Abwehr.

Individuelle Heilimpfungen (Autovakzine) als Immuntherapie
Aber warum sind einige Frauen extrem anfällig für wiederkehrende Infektionen, obwohl sie häufig Fungizide und Präparate zur Florapflege verwenden, sich gesund ernähren und keine übertriebene Hygiene betreiben? Eine relativ neue Hypothese geht von einer unterschiedlichen Kompetenz des Immunsystems aus: So könnte das Immunsystem bei einigen Frauen einen „blinden Fleck“ haben, sodass lokale Schutzfaktoren erst eingreifen, wenn sich der Erreger schon massiv vermehrt hat. Andere scheinen ein überreagierendes Immunsystem zu haben, welches wie bei einer Allergie schon bei minimalem Auftreten von Candida-Pilzen mit heftigstem Juckreiz reagiert.

Vor der Ära der Antibiotika in der modernen Medizin waren Autovakzine recht verbreitet: individuelle Heilimpfseren aus den Keimen, die den Patienten immer wieder quälen. Heute, im Zeitalter der zunehmenden Resistenzen, erleben sie eine Renaissance, z. B. gegen häufige Harnwegsinfekte. Für eine Heilimpfung aus Candida-Pilzen wird bei einer akuten Pilzinfektion ein Abstrich in ein spezielles Labor geschickt. Dort werden die Pilze vermehrt und dann durch Hitze abgetötet. Aus den Zellwandbestandteilen wird ein Impfserum hergestellt, das in ansteigenden Dosen zweimal pro Woche über fünf bis zehn Wochen angewendet wird. Damit wird das Immunsystem getriggert, auf die Pilze schneller zu reagieren.

Wir haben in der Praxis gute Erfahrungen mit Autovakzinen gemacht, sowohl mit solchen, die über die Mundschleimhaut wirken, als auch mit Nasensprays. Es gibt auch Heilimpfungen zum Spritzen, aber zweiwöchentliche Termine in der Arztpraxis sind für berufstätige Patientinnen eine Belastung. Es liegen zwar bislang nur wenige wissenschaftliche Studien über Autovakzine aus Candida-Pilzen vor, zum Beispiel von PD Dr. rer. nat. Andreas Schwiertz. Trotzdem wurde diese Form der Therapie sogar in die Leitlinien der deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe aufgenommen – als mögliche Therapieoption, wenn andere Hilfen beim chronischen Pilzinfekt versagt haben.

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