Team jameda
Ärzte haben einen besonderen Blick auf die Welt der Medizin. Damit Patienten hinter die Kulissen des Gesundheitswesens blicken können, stellt jameda Frau Sylvia Grandinetti Fragen zu ihren Erfahrungen als Zahnärztin und ihrem Interesse an technischen Innovationen in der Medizin.
jameda: Frau Grandinetti, was hat sie motiviert, Zahnärztin zu werden?
Frau Grandinetti: Bereits während meiner Schulzeit war ich sehr an medizinischen Themen interessiert, habe dann nach dem Abitur eine Ausbildung zur ZFA in einer der besten Praxen in Bonn absolviert und kam so zur Zahnmedizin.
jameda: Was macht Ihnen im Praxisalltag am meisten Freude? Wo sehen Sie die größten Herausforderungen?
Frau Grandinetti: Am meisten freuen mich natürlich Patienten denen ich auf lange Sicht die Angst vor der Behandlung genommen habe. Ich sehe es als besondere Herausforderung an, den Patienten „zahnverantwortlich“ gemacht zu haben. Über die anfängliche Prophylaxe findet bereits ein „Bewusstsein-schaffen“ für die eigene Zahngesundheit statt. Ich freue mich jeden Tag in meine sehr schöne Praxis zu kommen, ich liebe die Atmosphäre dort sehr. Die warme und menschliche Praxisgestaltung mit hohen Decken und weitläufigen Behandlungszimmern nehmen jede Beklemmung und unser ausgewogenes Zeitmanagement macht auch eine zwischenmenschliche Beziehung überhaupt erst möglich. Viele Patienten sind schon jahrelang mit der Praxis mitgezogen.
jameda: Welchen Vorurteilen begegnen Sie häufig in Ihrer Praxis?
Frau Grandinetti: Leider ist in der heutigen Zeit ein großes Misstrauen gegenüber Zahnärzten/Ärzten entstanden und die modernen Medien schüren ebensolche Bedenken.
Jeder Behandler empfiehlt Therapien, die er persönlich gut kennt und/ oder von deren Erfolg er überzeugt ist. Das kann von Behandler zu Behandler variieren, ich spreche mich gerne mit meiner Kollegin ab, die in Aachen studiert und gearbeitet hat, und darüber hinaus habe ich ein gut funktionierendes Netzwerk an Kollegen, auch interdisziplinär. Durch das moderne digitale Röntgen in der Praxis sind wir in der Lage unsere Befunde schnell zu versenden und kurzfristig Therapien zu besprechen.
Natürlich ziehe ich Spezialisten zu Rate sobald dies erforderlich wird, eine Zweitmeinung beruhigt den Patienten. Nur über Transparenz lassen sich Vorurteile entschärfen.
jameda: Manche Krankheiten und Therapien sind unangenehm und verlangen viel Durchhaltevermögen vom Patienten. Was raten Sie Patienten in solchen Situationen?
Frau Grandinetti: Wir betreuen den Patienten dann enger und sorgen verstärkt für die Wohlfühlkriterien auch im Rahmen einer ausgedehnten Behandlung.
So ist es mir z.B. besonders wichtig, dass der Patient zu keiner Zeit optisch eingeschränkt ist. Das lindert zwar keinen vorübergehenden Akutschmerz, sorgt aber für eine gewisse Gesellschaftsfähigkeit, das wiederum steigert den Toleranzlevel gegenüber der Behandlung.
Gerne visualisieren wir auch immer wieder das Ziel und sorgen mit einem individualisierten Provisorium für größtmögliche optische Annäherung an das Endziel. Ich arbeite mit ausgewählten Zahntechnikerlaboren eng zusammen.
jameda: Wie reagieren Sie, wenn Sie merken, dass ein Patient Ihren Therapieplan nicht befolgt?
Frau Grandinetti: Ein solcher Fall entsteht oft, wenn der Patient ungenügende Kenntnisse über seine Erkrankung hat, wir streben dann eine weitere Aufklärung an und gehen quasi zurück auf „Los“, d.h. wir beginnen bei der Prophylaxe.
Hierüber wird die häusliche Eigenverantwortung für die Mundgesundheit gestärkt, das halte ich für eines der wichtigsten Arbeitsfelder in der Zahnmedizin.
Gerne nehmen wir bei der Beratung auch engste Familienmitglieder dazu, um den z.T. verängstigten Patienten nicht zu überfordern und holen uns auf diese Weise über die Aufklärung nochmals „Rückendeckung“ im häuslichen Umfeld.
jameda: Wenn Sie das Gesundheitssystem ändern könnten, was würden Sie als Erstes tun?
Frau Grandinetti: Das Gesundheitssystem in Deutschland ist flächendeckend sozialverträglich etabliert und es ist für Versicherungsschutz für jeden gesorgt.
Im speziell zahnärztlichen Gebiet finde ich die Reglementierung durch fachfremde Gremien befremdend und das ganze Abrechnungssystem mit allen Besonderheiten und Regelungen etwas überkorrigiert. Hier würde ich zu weiterer Vereinfachung tendieren.
Des Weiteren würde ich es begrüßen, wenn sich jeder Bürger seine Versicherung nach den angebotenen Leistungen frei aussuchen könnte. Eine Regelung nach Berufseinkünften halte ich persönlich für nicht gelungen. Ganz besonders Vorsorgeorientierte Versicherungen würden auf diesem Wege sicherlich erfolgreich sein.
Durch Vorsorge, nicht nur im zahnmedizinischen Bereich, würde sich der Krankenstand doch erheblich verändern. Das gilt auch für Sportkurse etc.
jameda: Kein Mensch ist perfekt. In welchen Bereichen haben Ärzte Ihrer Meinung nach Verbesserungspotential?
Frau Grandinetti: Ärzte und Zahnärzte haben jahrelang studiert und sich das Wissen angeeignet, das den immer komplexer werdenden Fällen im Zusammenschluss mit anderen Fachrichtungen, also interdisziplinär, gerecht wird. Hinzu kommt eine Vielzahl von Reglementierungen jeder Art, angefangen bei Krankenhaus- und Klinikärzten wie –zahnärzten bis zu den in Einzelpraxen niedergelassenen Freiberuflern. Den Behandlern wird meiner Meinung nach zu wenig Raum für zwischenmenschliche Beziehungen in Form von angemessener Empathie gelassen. In kleinen Praxen ist das noch eher möglich als in größeren Praxen die sich auch z.T. dem immer größer werdenden wirtschaftlichen Druck beugen müssen. Hier sehe ich Verbesserungsbedarf.
jameda: Die Welt der Medizin verändert sich ständig. Gibt es neue Therapieverfahren oder Gerätschaften, die Sie in Ihrer Praxis anwenden?
Frau Grandinetti: Im März 2015 fand die IDS in Köln statt. Hier werden regelmäßig alle 2 Jahre die Neuigkeiten im Dentalsektor präsentiert. Für meine Praxis ein Pflichttermin. Hier können die Geräte ohne großen Aufwand getestet werden und die Entscheidung in Richtung einer Neuanschaffung verfestigt sich. Ich habe mir dieses Jahr ein Gerät zur verbesserten Wurzelkanalbehandlung zugelegt, hierbei wird nicht nur maschinell aufbereitet sondern die modernste Variante angewendet: das reziproke Aufbereiten der Wurzelkanäle in nur einer Sitzung. Wir haben im Rahmen einer Fortbildung die Theorie und die Fertigkeiten üben können und erzielen mit der dreidimensionalen Wurzelfüllung beste Ergebnisse.
Seit September 2014 besteht auch im Rahmen einer Parodontitistherapie die Möglichkeit, die Zahnfleischtaschen mit einer extra für diese Gewebe konzipierten Hyaluronsäure zu behandeln und so zu einem besseren Ergebnis zu kommen. Für meine bevorzugt minimalinvasive Behandlungsweise entschied ich mich für einen besonders für Bruxismuspatienten entwickelter Seitenzahncomposite. Er ist in der Farbgebung unschlagbar natürlich und aus meiner Praxis nicht mehr wegzudenken.
jameda: Gibt es einen Patienten oder ein Erlebnis in Ihrer Praxis, das Sie nie vergessen werden?
Frau Grandinetti: Ich arbeite jetzt seit 1992 in diesem Beruf und bei dieser Frage fallen mir sehr viel Fälle ein, und je länger ich nach einem „besonderen“ suche umso mehr werden es.
Sehr gerne denke ich an die Patienten, denen ich mit einfachen Mitteln zu einem natürlich schönen Lächeln verhelfen konnte. Mit kleinstem Aufwand größtmöglichen Erfolg erzielen ist eins meiner Hauptthemen.
Ich hatte vor Jahren einen Notfall der mir am Telefon erklärte, dass ein Stück seines Frontzahnes beim Trinken aus einer Wasserflasche durch einen Stoß abgebrochen sei und in der Flasche wäre. Das war gut so, denn der Zahn trocknete so nicht aus. Er kam mit dem Fragment in der Flasche und ich konnte es ihm wieder ansetzen, ca. 15 Jahre später stand er in meiner jetzigen Praxis und zeigte mir seinen Zahn und die nach wie vor nicht sichtbare Reparaturstelle. Zahn vital, Patient glücklich.
Ich habe das natürlich im Laufe meines Berufslebens sehr häufig machen müssen, aber dieser Fall war der erste und schön war es, das Resultat nach so vielen Jahren nochmal zu sehen.
jameda: Welchen Gesundheitstipp möchten Sie unseren Lesern mit auf den Weg geben?
Frau Grandinetti: Für den zahnmedizinischen Bereich kann ich nur empfehlen mindestens einmal täglich eine sogenannte „Luxusreinigung“ der Zähne durchzuführen. Unter 10 Minuten sollte sie nicht dauern und über eine richtige Zahnbürste mit entsprechender Zahnpasta bis hin zur Zahnseide, Zahnzwischenraumbürsten und Pflegeprodukten sollte alles zur Anwendung kommen.
Je nach Bedarf kann zwischen 1-4x jährlich ein Biofilmmanagment durchgeführt werden. Hierbei wird der Belag sichtbar gemacht, geeignete Reinigungsutensilien ausgewählt, der Biofilm entfernt, die Zahnoberflächen geglättet und bei Bedarf versiegelt. Leider wird das nicht immer von den Krankenkassen bezuschusst und einige Menschen leisten sich das deshalb nicht. Die Langzeitschäden schlagen aber beim Versicherer wesentlich stärker zu Buche. Bei einer optimalen häuslichen Pflege mit regelmäßigen Prophylaxesitzungen könnte man sich mehr auf ästhetische und minimalinvasive Therapien beschränken als immer restaurativ handeln zu müssen.
Die Zahnmedizin bietet eine Vielzahl von therapeutischen Möglichkeiten, der Zahnerhalt und die Ästhetik stehen bei mir im Vordergrund.
Nach meiner Ausbildung zur ZFA studierte ich Zahnmedizin an der Universität Bonn, meine Assistenzzeit leistete ich in weitgehend chirurgisch ausgelegten Praxen ab, schließlich erhielt ich eine Zulassung in der Praxis Dr. Haag, Poppelsdorf/ Zahnklinik Medeco. Von dort aus entschied ich mich jedoch zu einer Einzelpraxis und bin nun seit 1996 in eigener Praxis niedergelassen.
Die Praxis befindet sich nun nach drittem Umzug in einer Südstadtvilla am Rande der Bonner Südstadt/ Kessenich. Unsere Öffnungszeiten zwischen 7.00-21.00 Uhr werden sehr gut angenommen, viele Patienten nutzen die frühen und späten Stunden um im Beruf keine Fehlzeiten zu bekommen. Die Praxisphilosophie enthält im Kern die Zahnerhaltung sowie minimalinvasive Versorgung.
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