Team jameda
Ärzte haben einen besonderen Blick auf die Welt der Medizin. Damit Patienten hinter die Kulissen des Gesundheitswesens blicken können, stellt jameda Frau Nora Eckert interessante Fragen zu ihren Erfahrungen als Zahnärztin.
jameda: Frau Eckert, was hat Sie motiviert, Zahnärztin zu werden?
Frau Nora Eckert: Zunächst einmal wollte ich eine Tätigkeit ausüben, die mit Menschen zu tun hat – ich wollte ihnen helfen. Somit stand für mich der Beruf des Arztes an erster Stelle. Speziell an Zahnmedizin hat mich die Kombination aus Medizin und praktischer Tätigkeit interessiert. Außerdem ist der Beruf sehr vielseitig, weil man unterschiedlichsten Menschen begegnet. Zähne sind sehr wichtig und es ist schön, dass ich meinen Patienten dabei helfen kann, wieder richtig zu essen und vor allem wieder strahlend lächeln zu können.
jameda: Welchen Vorurteile begegnen Sie häufig in ihrer Praxis?
Frau Nora Eckert: Viele Menschen sind der Meinung, dass Zahnärzte weniger helfen, als mit den Patienten Geld verdienen möchten und dafür sogar unnötige Therapien vorschlagen würden. Daher ist es mir besonders wichtig, den Patienten zu erklären, warum eine Therapie nötig ist und welche Alternativen es zu einer Therapie gibt. Ein weiteres Vorurteil ist, dass Zahnärzte emotional nicht genügend auf ihre Patienten eingingen. Die große Zahl der durch zahnärztliche Behandlungen traumatisierten Kinder, die unsere Praxis aufsuchen, bestätigt dieses Vorurteil eher. Daher liegt unsere Aufgabe speziell darin, diese Kinder wieder emotional zu stärken und die Angst vor Behandlungen aufzulösen.
jameda: Manche Therapien sind unangenehm und verlangen viel Durchhaltevermögen vom Patienten. Was raten Sie Patienten in solche Situationen?
Frau Nora Eckert: Um die kleinen Patienten nicht zu überfordern, benötigt ein Kinderzahnarzt ein gutes Einschätzungsvermögen, wie viele und welche Behandlungen einem Kind zugemutet werden können. Das ergibt sich durch das Patientenalter, die Vorgeschichte und den Gesamtumfang der Mundhöhlen-Sanierung. Um ein Kind nicht zu überfordern, ist bei großem Behandlungsumfang manchmal die Sanierung in Vollnarkose die bessere Wahl. Manchmal kann eine einfache Probebehandlung unter guter psychologischer Führung helfen, die Belastbarkeit des Kindes herauszufinden. Und in manchen Fällen muss bei der ersten Behandlung eine orale Sedierung oder Lachgassedierung über die Hemmschwelle hinweghelfen.
jameda: Wie reagieren Sie, wenn ein Patient Ihren Therapieplan nicht befolgt?
Frau Nora Eckert: Sofern es sich um die Einnahme von Medikamenten dreht, halten sich die Patienten bzw. ihre Eltern dann an die Vorgaben, wenn sie genau erklärt bekommen, warum ein Medikament wichtig ist und welche Folge die Nichteinnahme haben könnte. Bei der täglichen Mundhygiene halten sich viele Patienten und auch ihre Eltern leider nicht bzw. nicht ausreichend an die Therapievorgaben. Dem wirken wir mithilfe von Prophylaxeprogrammen entgegen. Auch hier ist wiederum das Verständnis wichtig, wie überhaupt richtiges Zähneputzen funktioniert. Bei Mundhygiene-Anleitungen vor dem Spiegel lernen nämlich nicht nur die Kinder, sondern auch ihre Eltern dazu. Durch engmaschige Nachkontrollen können auch schwierige Fälle zur Mitarbeit für eine bessere Mundgesundheit motiviert werden.
jameda: Wenn Sie das Gesundheitssystem ändern könnten, was würden Sie als Erstes tun?
Frau Nora Eckert: Um unser Gesundheitssystem einerseits finanziell zu entlasten und aber andererseits möglichst viel ohne Eigenleistung der Patienten finanzieren zu können, sollte ein besseres Belohnungssystem für therapiewillige und sich bemühende Patienten gelten. So ist zum Beispiel die empfehlenswerte halbjährliche professionelle Zahnreinigung keine Kassenleistung. Bei desolatem Gebisszustand wird von den Krankenkassen die Vollnarkose auch dann übernommen, wenn bereits schon einmal eine Vollsanierung in Narkose stattgefunden hat, womit eigentlich diejenigen Patienten belohnt werden, die sich überhaupt nicht um Mundhygiene bemühen. Hingegen sind Sedierungsmaßnahmen mit Lachgas leider eine Eigenleistung, obwohl sie dazu führen, den Patienten behandlungswilliger und psychologisch sattelfester zu machen.
jameda: Kein Mensch ist perfekt. In welchen Bereichen haben Ärzte Ihrer Meinung nach Verbesserungspotential?
Frau Nora Eckert: Ärzte sind meistens Spezialisten auf einem Gebiet. Oftmals fehlt aber der Blick auf andere ärztliche Teilgebiete, die Interdisziplinarität, also das gebietsübergreifende Denken ist oftmals eingeschränkt. Verbesserungspotential besteht also einerseits im fachübergreifenden Austausch der Ärzte untereinander und in Fortbildungen bezüglich anderer Fachdisziplinen.
jameda: Gibt es einen Patienten oder ein Erlebnis in Ihrer Praxis, das Sie nie vergessen werden?
Frau Nora Eckert: Ja, es gibt so einige Patienten oder Geschichten, an die man sich immer wieder erinnert: Da wäre zum Beispiel ein 11-jähriges Mädchen, das so traumatisiert war, dass es schon beim Anblick eines Mundspiegels in Tränen ausbrach und das schon nach 2 Behandlungsterminen so weit gekommen ist, dass es beim dritten Mal wieder mit Tränen in den Augen kam, aber dieses Mal mit Freudentränen der Erleichterung und einem Geschenk in der Hand. Oder eine völlig verzweifelte Mutter eines 18-Monate-alten Sohnes, die sich von mir eine Zweitmeinung einholte, weil sie ihr Kind nicht in Vollnarkose behandeln lassen wollte. Wir konnten ihrem Sohn auch ohne Vollnarkose helfen, wofür sie mir sehr dankbar war. An solche Erfolgserlebnisse erinnert man sich gerne.
Die Veröffentlichung dieser Inhalte durch jameda GmbH erfolgt mit ausdrücklicher Genehmigung der Autoren. Die Vervielfältigung, Bearbeitung, Verbreitung und jede Art der Verwertung außerhalb der Grenzen des Urheberrechtes bedürfen der schriftlichen Zustimmung der jeweiligen Autoren.
Die Inhalte der Experten Ratgeber ersetzen nicht die Konsultation von medizinischen Spezialisten. Wir empfehlen Ihnen dringend, bei Fragen zu Ihrer Gesundheit oder medizinischen Behandlung stets eine qualifizierte medizinische Fachperson zu konsultieren. Der Inhalt dieser Seite sowie die Texte, Grafiken, Bilder und sonstigen Materialien dienen ausschließlich Informationszwecken und ersetzen keine gesundheitlichen Diagnosen oder Behandlungen. Es wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass Meinungen, Schlussfolgerungen oder sonstige Informationen in den von Dritten verfassten Inhalten ausschließlich die Meinung des jeweiligen Autors darstellen und nicht notwendigerweise von jameda GmbH gebilligt werden. Wenn die jameda GmbH feststellt oder von anderen darauf hingewiesen wird, dass ein konkreter Inhalt eine zivil- oder strafrechtliche Verantwortlichkeit auslöst, wird sie die Inhalte prüfen und behält sich das Recht vor, diese zu entfernen. Eigene Inhalte auf unserer Website werden regelmäßig sorgfältig geprüft. Wir bemühen uns stets, unser Informationsangebot vollständig, inhaltlich richtig und aktuell anzubieten. Das Auftreten von Fehlern ist dennoch möglich, daher kann eine Garantie für die Vollständigkeit, Richtigkeit und Aktualität nicht übernommen werden. Korrekturen oder Hinweise senden Sie bitte an experten-ratgeber@jameda.de.