Die moderne Labordiagnostik ermöglicht immer neue, tiefere Einblicke in funktionelle Störungen des menschlichen Organismus. Gerade bei der Fibromyalgie, die ja keine spezifischen Labormarker hat, sondern eine Ausschlussdiagnose darstellt. Bei dieser Erkrankung eröffnen sich durch moderne Labordiagnostik neue therapeutische Ansätze. Sie können häufig zumindest eine Verbesserung der Symptome erzielen.
Die funktionelle oder integrative Medizin betrachtet dabei nicht isoliert ein einzelnes Organsystem. Stattdessen bemüht sie sich, den gesamten Menschen mit all seinen Symptomen und Erkrankungen ganzheitlich als System zu begreifen.
An Fibromyalgie erkrankte Patienten leiden häufig an Begleiterkrankungen wie
Versteht man Fibromyalgie als Multisystemerkrankung mit Störungen auf mehreren Ebenen (Psyche, Immunsystem, Hormonsystem, vegetatives Nervensystem, Entgiftungssystem, Darm, mitochondriale Energiegewinnung), dann ergeben sich hier individuelle diagnostische und auch therapeutische Ansätze.
Bei Patienten mit Fibromyalgie hat es sich nach meiner Erfahrung bewährt, in der Anamnese folgende Faktoren zu berücksichtigen. Anschließend geht es darum, bei entsprechender Symptomatik, eine gezielte Laboranalytik zu veranlassen. Sehr häufig finden sich Überschneidungen.
Wenn das sympathische Nervensystem überwiegt, wird der Schwerpunkt auf die lebenswichtigen Funktionen des Körpers gelegt (Blutdruck, Muskelspannung, Bereitstellung von Energie). Alles andere (Verdauung, Immunsystem, Reproduktion / Hormonsystem, Schlaf und Regeneration) wird auf Sparflamme gesetzt.
Entsprechend wirkt es sich auch aus, wenn jemand dauerhaft unter dem Einfluss von Stresshormonen steht und der Parasympathikus als „innere Bremse“ es nicht mehr schafft, gegenzusteuern. Wird dieses Ungleichgewicht nicht erkannt und therapeutisch berücksichtigt, wird sich keine nachhaltige Veränderung einstellen. Eine gut untersuchte und einfache Methode zur Einschätzung des vegetativen Nervensystems bietet die Messung der Herzratenvariabilität (HRV-Messung).
Die paarig angelegten Nebennieren werden strukturell in Rinde und Mark unterteilt und produzieren vor allem die Stresshormone Adrenalin und Noradrenalin sowie die Steroidhormone Aldosteron, Cortisol und Androgene. Die Schulmedizin kennt verschiedene Formen der Nebenniereninsuffizienz, was einen nahezu kompletten Ausfall der Funktion bedeutet und ein seltenes, aber lebensgefährliches Krankheitsbild darstellt. Zum Vollbild der Nebenniereninsuffizienz gehören
Viele betroffene Patienten müssen nachts häufig Wasser lassen. Die Insuffizienz der Nebenniere erfordert zeitlebens eine Behandlung mit Hydrocortison. Eine funktionelle Schwäche im Sinne einer Unterfunktion des Organs, wie wir es etwa bei der Schilddrüse kennen, gibt es in der Schulmedizin erstaunlicher Weise nicht. Ursachen für primäre Nebenniereninsuffizienz können beispielsweise Autoimmunerkrankungen oder virale Infekte (z. B. CMV) sein, Erkrankungen, die langsam nach und nach die Nebenniere schädigen können.
Allein diese Tatsache zeigt, dass zwischen voller Funktionsfähigkeit und komplettem Funktionsverlust auch Zwischenstufen in Form einer Nebennierenschwäche vorkommen müssen. Auch bei normalen Cortisol-Werten im Blut und unauffälligem ACTH-Test kann bei entsprechender Symptomatik ein Speicheltest („Cortisoltagesprofil“) Hinweise auf eine Nebennierenschwäche geben.
Durch gezielte Veränderungen in Ernährung und „Lifestyle“ sowie durch entsprechende orthomolekulare Präparate können die Nebennieren dann entlastet und unterstützt werden.
Der menschliche Organismus ist in der Lage, unbrauchbare oder schädliche Stoffe über die Haut, die Lunge, die Nieren und den Darm auszuscheiden. Aus evolutionsbiologischer Sicht ist diese Fähigkeit hauptsächlich für endogene (im Körper entstehende) Stoffwechselprodukte gedacht. Heute verstoffwechseln wir Aroma- und Konservierungsstoffe, Pflanzenschutzmittel, Xenohormone, Umweltschadstoffe, Medikamente und vieles mehr über diesen Weg.
Man unterscheidet in der Leberentgiftung eine
Allerdings haben viele Menschen genetische Varianten, die nicht so gut funktionieren, wie sie sollten. Man spricht hier von genetischen Polymorphismen. Ungünstig ist es vor allem dann, wenn die Phase I („Zerkleinerung“) sehr gut funktioniert und die Phase II („Löslichmachen“) aber nur schleppend von statten geht. Denn dann häufen sich die toxischen Zwischenprodukte an und können nicht ausgeschieden werden.
In der heutigen Zeit sind wir einer unüberschaubaren, ständig wachsenden Menge von Umweltschadstoffen ausgesetzt, die unser Entgiftungssystem erheblich herausfordern. Bei Überlastung werden Schadstoffe, Zwischenprodukte und toxische Metalle im Gewebe gespeichert, wo sie oxidativen und nitrosativen Stress begünstigen und zahlreiche Stoffwechselprozesse empfindlich stören können.
Hinweise auf ein überlastetes Entgiftungssystem können neben Muskelschmerzen zum Beispiel Medikamentenunverträglichkeiten oder auch Hautprobleme wie Neurodermitis sein.
Energielieferant für alle Stoffwechselprozesse ist das ATP (Adenosintriphosphat), welches über die Atmungskette in den Mitochondrien gewonnen wird. An diesem komplexen Prozess sind viele Enzyme und Kofaktoren beteiligt. Fehlen diese oder sind sie blockiert, müssen die Zellen auf Notversorgung (anaerobe Glykolyse) umschalten, was die Ausbeute an ATP ganz erheblich reduziert (netto 2mol ATP statt 36 mol ATP bei der aeroben Glykolyse).
In der Folge kommt es überall im Körper zu Energiemangel und deutlich reduzierter Aktivität. Pyruvat staut sich an und wird zu Laktat umgebaut, wodurch das Gewebe übersäuert. Das wiederum zieht unter anderem einen Aktivitätsverlust vieler Enzyme nach sich. Denn der optimale pH-Bereich wird nicht mehr aufrechterhalten. Wir kennen heute zahlreiche Substanzen, die mitochondriale Schäden auslösen können. Darunter finden sich unter anderem toxische Metalle und Antibiotika.
Viele chronischen Schmerzpatienten leiden an einer Fäulnisdysbiose. Die proteolytische (=Eiweiß abbauende) Flora hat sich ausgebreitet und die schützende Säuerungsflora verdrängt. Der pH-Wert im Darm ist zu alkalisch und es entstehen in hohem Maß toxische Stoffwechselprodukte wie Ammoniak, Phenol, Methan und auch in größeren Mengen Histamin.
Diese belasten die Leber, sodass Ammoniak Konzentrationsstörungen sowie Kopf- und Muskelschmerzen verursachen kann. Die mitochondriale Energiegewinnung und die Auswirkung übermäßiger Histaminbelastung werden separat erläutert.
Beim sogenannten Leaky-gut-Syndrom – zu Deutsch etwa „löchriger Darm“ – handelt es sich um eine Barriere-Störung der Darmschleimhaut.
Verschiedene Faktoren können die natürliche Barrierefunktion stören. Dadurch gelangen vermehrt Schadstoffe, Erreger, Toxine und unverdaute Nahrungsbestandteile aus dem Darm in den Blutkreislauf.
Das führt dazu, dass unser Immunsystem ständig mit einer Invasion pathogener Substanzen beschäftigt ist. Das kostet nicht nur viel Energie, sondern begünstigt auch Nahrungsmittelunverträglichkeiten und Autoimmunerkrankungen. Zusätzlich führt die Störung der Resorption zu teils erheblichen Mikronährstoffmängeln. Marker für das Leaky-Gut-Syndrom sind Zonulin und Alpha-1-Antitrypsin.
Es handelt sich hier um eine noch nicht vollständig erforschte Störung im Bereich der mitochondrialen Hämsynthese. Betroffene Personen (überwiegend Frauen) scheiden mit dem Urin erhöhte Mengen an unreifen Pyrrolverbindungen aus, familiäre Häufungen sind beschrieben. Bestimmte Mikronährstoffe gehen vermehrt verloren (Zink, Mangan, B6, Chrom).
Typische Begleiterscheinungen können sein
Histamin als körpereigenes Gewebshormon hat eine Reihe von ganz unterschiedlichen Aufgaben im menschlichen Körper. So ist Histamin z. B. beteiligt an
Entsprechend vielfältig können die Symptome einer Histaminintoleranz ausfallen:
Die Symptome können über Monate und Jahre dauerhaft oder in Schüben auftreten, auch ohne erkennbaren Zusammenhang zur Nahrungsaufnahme.
Eine Überladung des Organismus mit Histamin kann durch mehrere Mechanismen entstehen und lässt sich nicht allein durch eine normale Diaminoxidase-Aktivität („DAO“) ausschließen. Andersherum beweist eine zu niedrige DAO-Aktivität aber eine Störung des Histaminabbaus. Diese kann dann vererbt oder auch erworben sein. Letzteres beispielsweise durch einen Mangel an erforderlichen Kofaktoren (Kupfer, Vit C, Vit B 6).
Ein weiteres Enzym, die Histamin-N- Methyltransferase (HNMT), ist maßgeblich am Histaminabbau beteiligt. Auch hier gibt es sowohl genetische als auch funktionelle Gründe für eine Aktivitätsminderung. Selbst wenn beide Enzyme gut funktionieren, kann die anfallende Menge an Histamin die Abbaukapazitäten überschreiten. Auslöser können z. B. Allergien, ungünstige Ernährungsweise, verschiedene Medikamente, Hormonschwankungen oder ein Übermaß an histaminproduzierenden Darmbakterien sein.
Viele Patienten haben eine jahrelange Leidensgeschichte, bevor die Ursache erkannt wird. Eine histaminarme Ernährungsweise und andere einfache Maßnahmen können innerhalb von Wochen eine erhebliche Verbesserung bewirken. Da Interaktionen mit Östrogen bestehen, tritt eine Histaminose nicht selten mit Beginn der Wechseljahre in Erscheinung.
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