Team jameda
Selbstverständlich hat die orale Entzündungsbehandlung viele Vorteile: Sie ist bequem und sofort einsetzbar, zwingt nicht zur Änderung der beruflichen oder privaten Planung, ist schmerzfrei und wirkt in Regionen, die schwer zugänglich sind. Zu diesen zählen im Kiefer- Gesichtsbereich beispielsweise der Rachen (Parapharynx), die Schädelbasis (Spatium retromaxillare), das Mark im Kieferknochen (Spongiosa) oder auch die Kieferhöhle. Eine besondere Indikation für Antibiotika ergibt sich bei geringer oder gestörter Blutgerinnung oder wenn der Patient auf Grund seines geschwächten Allgemeinzustandes nicht weiter belastet werden soll. Aber ist die orale Antibiose wirklich so belastungsfrei für den Patienten?!
Das Antibiotikum greift an jedem Bakterium an, auch an denen, die für uns nützlich und gut sind. Nützliche und für uns notwendige Bakterien finden wir im gesamten Verdauungstrakt. Ein Antibiotikum, das über den Magen Darmtrakt aufgenommen wird, löst daher gar nicht so selten Durchfälle aus. Es sind aber auch andere Unverträglichkeitsreaktionen möglich: Zu den häufigsten zählen Haut- und Schleimhautveränderungen, Juckreiz und bei den Frauen Pilzbefall. Dabei gibt es keine Garantie, dass das ausgewählte Antibiotikum wirksam und nachhaltig die Entzündungsbakterien bekämpft.
Das Versagen als Therapeutikum kann mehrere Gründe haben: Zum einen können die Keime bereits so widerstandsfähig (resistent) sein, dass die erhoffte Wirkung ausbleibt. Zum anderen kann es zentral bereits zur Gewebeeinschmelzung/Eiterbildung gekommen sein, so dass nur eine kurzfristige, scheinbare Besserung beobachtet wird, dem Patienten aber langfristig keineswegs geholfen wurde. Denn das Antibiotikum kann nur in der, die Entzündung umgebenden Gewebezone, wirken. Die Langfristigkeit einer therapeutischen Antibiose ist auch aus anderen Gründen kritisch zu sehen: Der menschliche Organismus hat eine eigene Immunabwehr. Diese Immunabwehr wird in ihrer Bedeutung zurückgestuft und an deren Stelle kommt das Antibiotikum zum Einsatz. Es hinterlässt eine Prägung im Immunsystem, die zeitlebens bestehen bleibt und schwächt die eigene Abwehr. Unverträglichkeitsreaktionen gegen Substanzen des täglichen Lebens und gegen Nahrungsmittel sind vermutlich eine Folge davon (Hygienehypothese/ALEX-Studie).
Höchst problematisch ist der Einsatz eines Antibiotikums bei unklarer Indikation bzw. Diagnose: So ist ein Antibiotikum niemals ein Schmerzmittel! Wird beispielsweise ein Zahn als Infektauslöser erkannt, so ist dieser zu behandeln bzw. ggf. der Ort der Gewebseinschmelzung zu drainieren und damit die Diagnose zu sichern, bevor, wenn überhaupt noch notwendig, das Antibiotikum zum Einsatz kommen darf! Ähnlich verhält es sich mit der eitrigen Kieferhöhle. Ein Medikament kann nur in durchbluteten Geweben seine Wirkung entfalten, also in diesem Beispiel in der randständigen Schleimhaut, die große Kieferhöhle bleibt davon unberührt und folgerichtig weiter sanierungsbedürftig: sie muss also chirurgisch erst drainiert und dann ausgeräumt werden. Ein Zahn, als Infektursache erkannt, muss geöffnet und später reseziert (Wurzelspitze kappen) oder entfernt werden. Bei reinen Schleimhautinfekten mag die Diskussion zur Krankheitsursache (Pathogenese) anders geführt werden, so lange diese plausibel bleibt.
Vorausgesetzt, der Ort der Entzündung ist begrenzt und überschaubar, ausreichend zu anästhesieren und die Bereitschaft besteht, einen Wundschmerz für 1-2 Tage postoperativ in Kauf zu nehmen, bietet die chirurgische Entzündungsbehandlung folgende Vorteile:
Der Vollständigkeit halber sei darauf hingewiesen, dass die empfohlene chirurgische Revision durch einen erfahrenen Chirurgen zu erfolgen hat, der ausreichend breit und tief eröffnet. Stichinzisionen sind damit ausgeschlossen. Darüber hinaus empfiehlt sich, die Schnittführung von Anbeginn zu wählen, die für die definitive chirurgische Versorgung voraussichtlich erforderlich sein wird.
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