Die medikamentenassoziierte Kiefernekrose, kurz MRONJ (medication-related osteonecrosis of the jaw), stellt eine potentiell bedrohliche Komplikation dar. Sie tritt als Folge einer antiresorptiven Therapie maligner (bösartiger) sowie benigner (gutartiger) Erkrankungen auf.
Eine solche Therapie kann bei Erkrankungen bzw. Komplikationen von Erkrankungen indiziert sein, die mit einer lokal oder generell gesteigerten Knochenresorption einhergehen. Osteoporose, Knochentumoren sowie Knochenmetastasen stellen Beispiele solcher Erkrankungen dar.
In dem folgenden Expertenratgeber-Artikel möchte ich vor allem Bezug zu der Frage nehmen, inwiefern sich die Gefahr einer Kiefernekrose bei Einnahme von Antiresorptiva reduzieren lässt.
Die MRONJ bildet, bedingt durch die dem Krankheitsbild zugrundeliegenden Mechanismen, eine ganz eigene Gruppe der Kiefernekrosen. Unser Skelett befindet sich in einem kontinuierlichen Prozess des Knochenumbaus, der sich aus Knochenabbau sowie Knochenaufbau zusammensetzt. Hierbei spielen verschiedene Zelltypen eine Rolle. Während Osteoklasten altes Knochengewebe abbauen, bilden Osteoblasten neue Knochengrundsubstanz.
Bei der Therapie der oben genannten Erkrankungen wird das Gleichgewicht von Auf- und Abbau mit Hilfe antiresorptiver Medikamente verändert. Sie hemmt den Knochenabbau (Osteoklasten), wodurch als Komplikation Kiefernekrosen auftreten können. Eine Keimbesiedelung (etwa durch Wunden nach der Entfernung von Zähnen) des durch Antiresorptiva veränderten Knochens stellt oft den Ausgangspunkt einer solchen Kiefernekrose dar.
Ausgangspunkt einer solchen Nekrose ist oft ein durch Antiresorptiva veränderter Knochen, auf dem sich (etwa durch Wunden nach der Entfernung von Zähnen) Keime ansiedeln.
Die Hauptgruppe dieser Arzneistoffe stellen die Bisphosphonate dar (z. B. Zoledronat). Sie besitzen eine lange Halbwertszeit, was wiederum die Ineffektivität eines punktuellen Absetzens – bei Beschwerden einer MRONJ oder vor einem geplanten Eingriff – erklärt.
Während Bisphosphonate überwiegend in der Tumortherapie eingesetzt werden, finden in der Therapie der Osteoporose monoklonale Antikörper, wie beispielsweise Denosumab, Anwendung.
Ihre Halbwertszeit ist deutlich geringer als jene der Bisphosphonate – jedoch werden auch bei dieser Therapieform bereits Kiefernekrosen als Komplikation beschrieben.
Wie reagiert man also richtig auf das Risiko einer MRONJ, wenn es aus pharmakologischen sowie therapeutischen Gesichtspunkten weder möglich, noch zielführend ist, die antiresorptive Therapie abzusetzen?
Die Grundpfeiler einer effektiven Risikominimierung bestehen in der Prophylaxe einer MRONJ vor Beginn einer geplanten antiresorptiven Therapie sowie die Prävention einer MRONJ während einer andauernden antiresorptiven Therapie.
Vor Beginn einer antiresorptiven Therapie sollten Zahnsanierungen eingeleitet werden. Das Ziel ist hierbei, potentielle Eintrittspforten von Erregern in den Kieferknochen zu eliminieren. Hierbei ist eine enge Zusammenarbeit zwischen dem Hausarzt bzw. Onkologen und dem Zahnarzt des Patienten wegweisend.
Es müssen nicht nur die oben genannten potentiellen bakteriellen Eintrittspforten, wie etwa Wurzelreste sowie zerstörte Zähnen beseitigt werden. Vor einer solchen Therapie sollten auch etwaige Prothesendruckstellen behandelt werden.
Werden Zähne oder Implantate als erhaltungswürdig eingestuft, muss geprüft werden, ob eine Parodontitis-, bzw. Periimplantitistherapie notwendig ist. Sie muss gegebenenfalls vor Beginn der antiresorptiven Therapie durchgeführt werden.
Auch eine notwendige Wurzelkanalbehandlung nervtoter Zähne sollte vor Therapiebeginn abgeschlossen sein.
Verbleibende scharfe Knochenkanten, die nach einer Zahnentfernung entstehen können, müssen geglättet werden, um das Risiko einer Perforation durch die Mundschleimhaut zu vermeiden.
Während einer andauernden antiresorptiven Therapie sollten nicht-invasive Behandlungsoptionen den invasiven vorgezogen werden. Eine brücken-, oder kronenprothetische Versorgung ist wesentlich risikoärmer als eine implantat-prothetische Versorgung. Denn bei ihr entsteht unweigerlich eine Verbindung zwischen Mundhöhle und Kieferknochen.
Kommt es zu einer Zahnentfernung oder einem anderen chirurgisch notwendigen Eingriff, sollte eine perioperative (den Operationszeitpunkt abdeckende) antibiotische Abschirmung erfolgen. Außerdem sollte eine etwaige Zahnentfernung möglichst gewebeschonend durchgeführt werden.
Ein sicherer und (speichel-)dichter Wundverschluss sollte ebenfalls vorgenommen werden, um das Risiko einer sekundär auftretenden Kiefernekrose zu vermindern.
Bei der Prävention (und Erkennung) einer Kiefernekrose spielen auch die Einhaltung einer optimalen Mundhygiene, halbjährliche Kontrolltermine sowie die Professionellen Zahnreinigung eine große Bedeutung.
So können Faktoren, die die Entstehung einer MRONJ bei laufender antiresorptiver Therapie begünstigen, frühzeitig erkannt und behandelt werden.
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