Artikel 10/06/2020

EMDR-Therapie: Ablauf, Vorteile und Nachteile

Team jameda
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Moderne Psychotherapieverfahren haben die Möglichkeiten der Behandlung von psychischen Erkrankungen in den letzten Jahren erweitert und verbessert. Eine neue und besonders schonende Therapieform ist EMDR. Mit der EMDR-Methode werden Traumafolgestörungen seit den 1990er Jahren effizient und nachhaltig behandelt.

Eine Vielzahl von Studien belegt die hohe Wirksamkeit von EMDR. Daher wurde das Verfahren auch vom Wissenschaftlichen Beirat Psychotherapie und vom G-BA (gemeinsamer Bundesausschuss) als wissenschaftlich begründete Psychotherapiemethode anerkannt.

Was verbirgt sich hinter EMDR?

EMDR steht für ‘Eye Movement Desensitiziation and Reprocessing’. Übersetzt bedeutet das: Desensibilisierung und Verarbeitung durch Augenbewegung.

Hinter dem komplizierten Namen verbirgt sich eine eigentlich simple und sehr effektive Therapieform. Zunächst wurde sie vor allem bei Traumafolgestörungen, aber auch immer häufiger bei anderen psychischen Problemen erfolgreich eingesetzt.

Das zentrale Element sind geleitete Augenbewegungen des Patienten. Hintergrund ist die Annahme, dass traumatische Erfahrungen (, die wiederum diverse psychische Erkrankungen mitbedingen) die Informationsverarbeitung im Gehirn stören. Hier setzt die EMDR an. EMDR bewirkt und ermöglicht eine andere und angemessene Verarbeitung der Traumaerinnerungen.

Die acht Phasen der EMDR-Behandlung

1. Vorgeschichte und Behandlungsplanung

Die erste Phase umfasst die Anamnese (die Befragung des Patienten hinsichtlich seiner medizinischen Vorgeschichte) und Planung der EMDR-Behandlung. Das wird beispielsweise mithilfe einer Traumalandkarte durchgeführt. Hierbei werden die zehn am stärksten belastenden Lebensereignisse herausgefiltert.

Diese Ereignisse werden in sogenannten ‘Ereignisclustern’ in Beziehung zueinander gesetzt, um die kurz- und langfristigen Ziele der Behandlung zu bestimmen. Außerdem erfasst der Therapeut die vorhandenen Ressourcen und führt bei dem Patienten einen psychometrischen Test zur Symptomausprägung durch.

2. Patientenvorbereitung

In der zweiten Phase wird der Patient vorbereitet. Er erhält eine vollständige Aufklärung über den Behandlungsplan und die EMDR-Therapie. Wichtig in der Vorbereitung ist die Stabilisierung, zum Beispiel durch Entspannungstechniken und durch Anwendung von Selbstregulationsfähigkeiten. Sie dienen dazu, die eigenen Gedanken, Gefühle und das Verhalten an die Umstände anzupassen.

Zur Veranschaulichung am Beispiel der Tresorübung: Der Patient soll sich in dieser Übung vorstellen, dass er alle belastenden Gedanken und Gefühle in einen Behälter einschließt. Das Ziel ist es nicht, sie zu vergessen und völlig außer Acht zu lassen. Sie sollen vielmehr zeitweise aus dem Fokus verschwinden, und somit ihren zentralen und beherrschenden Charakter verlieren. Der Patient erlernt somit, sie besser zu kontrollieren und zu entscheiden, wann er sich mit ihnen auseinandersetzt.

3. Evaluation der Erinnerungen

Die dritte Phase geht mit der Bewertung von belastenden Erinnerungen einher. Dabei werden Verbindungen zwischen Bildern, Gefühlen, Gedanken und Wahrnehmungen der Erlebnisse hergestellt.

Aber: Es werden nicht nur negative Gedanken thematisiert. Auch positiven Erinnerungen wird Beachtung geschenkt. Es wird beispielsweise bewertet, wie wahrscheinlich es ist, dass etwas, das sein könnte (, aber eher unwahrscheinlich ist,) wirklich eintritt. Die 3. Phase ist essenziell für die Behandlung. Denn hier wird bereits sichtbar, dass negative Gefühle abnehmen können und positive Gedanken im Laufe der Therapie überwiegen.

4. Desensibilisierung und Reprozessierung

Im nächsten Schritt folgt die Desensibilisierung und Reprozessierung. Der Patient nimmt hier unter therapeutischer Anleitung rasche Blickwechsel von links nach rechts vor – dabei fokussiert er jedoch seine belastenden Gedanken, Gefühle, Bilder oder Wahrnehmungen.

Für den Patienten ist das ein intensiver Abschnitt, da Gedanken und Gefühle um das Trauma prominent sind. Gleichzeitig behält er die Kontrolle über die Geschwindigkeit und die Tiefe des Prozesses. Das führt zu einer Entlastung des Patienten. Wichtig ist hierbei die Balance zwischen Patienten und Unterstützung durch den Therapeuten.

5. Verankerung

Phase 5 umfasst die Verankerung mit positiven Gedanken, die in Phase 3 gemeinsam erarbeitet wurden. Sie können sich beispielsweise damit auseinandersetzen, dass die ursprünglich angstauslösende Situation vorbei ist. Sie können aber auch Strategien im Umgang mit schwierigen Situationen im Jetzt und in der Zukunft beleuchten.

6. Befragung

Im sechsten Schritt wird gefragt, in welchem Umfang Besserungen eingetreten sind, und ob Wiederholungen erforderlich sind.

7. Abschluss

Die siebte Phase ist bereits der Abschluss der Behandlung. Die Erfahrungen der Behandlung werden besprochen. Zudem wird der Patient auf die Möglichkeit vorbereitet, dass der Prozess aus Schritt 3 auch zwischen den einzelnen Therapiesitzungen und nach Therapieabschluss in abgeschwächter Form weitergeht. Das bedeutet, dass der Patient mit plötzlich ‘auftauchenden Erinnerungen’ in Form von Träumen, Gefühlen und Einfällen rechnen kann.

8. Nachbefragung

Mit ein paar Tagen Abstand zur EMDR-Behandlung erfolgt die Nachbefragung. Sollte der Patient in dieser Zeit Träume oder Erinnerungen an die belastenden Zeiten gehabt haben, ist ggf. ein weiterer Behandlungszyklus erforderlich. Ist dies nicht der Fall, war die EMDR-Behandlung erfolgreich und kann beendet werden.

Vor-und Nachteile der EMDR-Behandlung

Grundsätzlich ist die EMDR-Behandlung ein schonendes und dabei sehr wirksames Therapieverfahren. Im Vergleich zu anderen Traumatherapien sind die Nebenwirkungen bedeutend geringer.

Außerdem hat der Patient mehr Möglichkeiten, die Tiefe und die Geschwindigkeit der Behandlung besser zu kontrollieren. Das ist insbesondere bei traumatisierten Menschen von hoher Bedeutung, damit sie nicht einen erneuten (an das Trauma erinnernden) Autonomieverlust erleiden.

Dennoch werden durch die intensive Verarbeitung negativer Erfahrungen die damit verbundenen negativen und verdrängten Erlebnisse und Emotionen aktualisiert. Das kann dazu führen, dass die Belastung des Patienten vorübergehend ansteigt. Zudem kann es vorkommen, dass während der Behandlung neue Erinnerungen in Bezug auf die belastenden Erlebnisse auftreten. Sie müssen dann gesondert bearbeitet werden.

In der Zusammenschau ist EMDR jedoch ein sehr schonendes Therapieverfahren und hoch effizient. Daher wird es sowohl von Therapeuten als auch Patienten bevorzugt angewendet.

Erfolgsaussichten

EMDR hat sich als äußerst effektives Therapieverfahren bei Traumafolgestörungen bewährt. Nun wird es aber auch bei Ängsten, Zwängen, Depression und Abhängigkeit erfolgreich eingesetzt.
Patienten erleben durch EMDR eine erhebliche Entlastung. Denn traumatische Erinnerungen können besser eingeordnet und kontrolliert und negative Gedanken neu und positiv umformuliert werden.

Hierbei ist es allerdings essenziell, dass die Behandlung von erfahrenen und zertifizierten Therapeuten durchgeführt wird. Neben den spezifischen Erfahrungen mit dem Krankheitsbild ist die Routine des Therapeuten mit EMDR wichtig, um das Verfahren erfolgreich in die Therapie zu integrieren. Bei korrektem Einsatz hilft EMDR zuverlässig und nachhaltig, auch bei komplexen Störungsbildern oder schwierigen Verläufen.

Eine erfolgreiche EMDR-Behandlung bewirkt:

  • Reduktion der traumatischen Erinnerungen und bessere Kontrollierbarkeit
  • Verringerung der körperlichen Erregung und körperlichen Symptome
  • Umformulierung negativer Gedanken in positive Gedanken
  • Ängste verlieren ihren überwältigenden Charakter und werden kontrollierbar
  • Zunahme an Autonomie und Selbstwirksamkeitserwartung
  • Freiräume und Bewegungsradius nehmen zu
  • Die Lebensqualität steigt

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