Ärzte haben einen besonderen Blick auf die Welt der Medizin. Damit Patienten hinter die Kulissen des Gesundheitswesens blicken können, stellt jameda Herrn Dr. Sattler interessante Fragen zu Ihren Erfahrungen als Plastischer & Ästhetischer Chirurg.
jameda: Herr Dr. Sattler, was hat Sie motiviert, Plastischer & Ästhetischer Chirurg zu werden?
Herr Dr. Sattler: Als Medizinstudent habe ich in großen universitären Zentren in Deutschland, der Schweiz und den USA herausragenden Plastischen Chirurgen assistieren dürfen. Es hat mich schon damals fasziniert, dass Plastische Chirurgen nicht nur auf ein einziges Organ beschränkt sind, sondern von Kopf bis Fuß ausgebildet werden. Also z.B. ästhetische Operationen im Gesicht bis hin zu Defektdeckungen an den Füßen beherrschen. Die speziellen Techniken, inklusive der Mikrochirurgie, haben mich sofort begeistert und es wurde mir schnell klar, dass ich Plastischer Chirurg werden wollte. Dementsprechend war im letzten Studienjahr mein Wahlfach die Plastische Chirurgie.
jameda: Was macht Ihnen im Praxisalltag am meisten Freude? Wo sehen Sie die größten Herausforderungen?
Herr Dr. Sattler: Die Vielseitigkeit der Plastischen und Ästhetischen Chirurgie ist wunderschön, da viele komplexe Techniken an den verschiedensten Stellen des Körpers angewendet werden. So gleicht auch keine Sprechstunde der anderen und es wird nie langweilig – weder mir noch meinem hervorragenden Personal. Gleichzeitig bedeutet dies aber auch, dass man sich als Facharzt für Plastische und Ästhetische Chirurgie stets weiter- und fortbilden muss. Schließlich ist es unser Anspruch, auch seltene oder komplexe Krankheitsbilder erkennen und adäquat behandeln zu können. Die große Herausforderung liegt darin, jedem Patienten genügend Zeit einzuräumen. Die Erstkonsultation dauert bei mir daher meist eine ganze Stunde.
jameda: Welchen Vorurteilen begegnen Sie häufig in Ihrer Praxis?
Herr Dr. Sattler: Es ist viel Aufklärung notwendig, um den Begriff „Schönheitschirurg“ von einem ausgebildeten „Facharzt für Plastische und Ästhetische Chirurgie“ abzugrenzen. Der Plastische Chirurg durchläuft nach dem Medizinstudium eine mindestens sechsjährige Weiterbildung zum „Facharzt für Plastische und Ästhetische Chirurgie“, die Zusatzbezeichnung „Handchirurgie“, erfordert weitere drei Jahre Weiterbildung. „Schönheitschirurg“ oder „Kosmetischer Chirurg“ sind hingegen keine geschützten Begriffe und jeder Arzt kann sich theoretisch so nennen – also auch ohne spezifische Weiterbildung. Das dies zu Lasten der Qualität geht, muss wohl nicht erläutert werden.
jameda: Wenn Sie das Gesundheitssystem ändern könnten, was würden Sie als Erstes tun?
Herr Dr. Sattler: Ich glaube, dass wir in Deutschland eines der besten Gesundheitssysteme der Welt haben. Gerade wenn man im Ausland gearbeitet hat, wird einem dies bewusst. So erhält in Deutschland in der Regel jeder Patient eine zeitnahe und angemessene Behandlung. In vielen Ländern ist dies nicht der Fall, da entweder die medizinischen Leistungen teuer sind, wie in den USA, beschränkend vergeben werden, wie in England, oder schlichtweg die Ressourcen fehlen. Erschreckend finde ich allerdings, dass mindestens 30 % der Brustkrebspatientinnen in Deutschland keine adäquate Brustrekonstruktion erhalten, da die Überweisung an einen qualifizierten Plastischen Chirurgen ausbleibt.
jameda: Kein Mensch ist perfekt. In welchen Bereichen haben Ärzte Ihrer Meinung nach Verbesserungspotential?
Herr Dr. Sattler: Der Reiz des Menschen ist ja, dass er nicht perfekt ist. Für Ärzte gelten aber natürlich hohe Maßstäbe, die sie erfüllen müssen. So sind regelmäßige Fort- und Weiterbildungen Vorschrift und es liegt im eigenen Interesse des Plastischen Chirurgen, die chirurgischen Fertigkeiten auch auf dem neuesten Stand zu halten. Neben den technischen und wissenschaftlichen Fähigkeiten sind in meinen Augen noch Empathie und soziales Engagement wichtig, um die Rolle als Arzt vollständig auszufüllen. Im Bereich der Ästhetischen Chirurgie gilt es dementsprechend übrigens auch, abwegige oder extreme Wünsche der Patienten auch mal abzulehnen, wenn diese nicht ethisch vertretbar sind.
jameda: Die Welt der Medizin verändert sich ständig. Gibt es neue Therapieverfahren oder Gerätschaften, die Sie in Ihrer Praxis anwenden?
Herr Dr. Sattler: Das medizinische Wissen mehrt sich ständig und chirurgische Techniken werden immer feiner. Ich selbst reise im Rahmen von Fellowships regelmäßig zu den besten Chirurgen der Welt, z.B. nach Frankreich, Japan und in die USA. Kontinuierliche Fortbildungen und Vorträge im In- und Ausland ergänzen diese Aktivitäten. Ich bin ein großer Fan des Eigenfett-Transfers. Diese Methode ermöglicht es, Fettdepots abzusaugen und das aufbereitete Fett zur Brustvergrößerung, Gesäßstraffung, Faltenbehandlung und vielem mehr zu verwenden. Nanofett und Stammzellen können so ebenfalls gewonnen werden.
jameda: Gibt es einen Patienten oder ein Erlebnis in Ihrer Praxis, das Sie nie vergessen werden?
Herr Dr. Sattler: Als ausgebildeter Mikrochirurg vergisst man einige Patienten nie, wie z.B. die erste Fingerreplantation oder die erste Handreplantation. Da es hier ja neben der Ästhetik auch um Funktion, Berufsfähigkeit, Körperschema und soziale Integration geht, sind diese Patienten eine immense Herausforderung, zeigen aber auch eine große Dankbarkeit, wenn ihnen geholfen wird. Gleiches gilt übrigens auch für Brustrekonstruktionen nach Brustkrebs. Hier spielt zusätzlich die Komponente „Partnerschaft“ und „sexuelles Selbstverständnis“ eine große Rolle, da Brüste nun mal ein sekundäres Geschlechtsmerkmal sind. Die Freude ist dann groß, wenn alles gelingt.
jameda: Welchen Gesundheitstipp möchten Sie unseren Lesern mit auf den Weg geben?
Herr Dr. Sattler: Eine ganzheitliche Betreuung meiner Patienten ist mir sehr wichtig. Ich habe daher neben dem Facharzttitel für Plastische und Ästhetische Chirurgie die Zusatzqualifikationen Brustheilkunde (Senologie), Ernährungsmedizin und Sexualmedizin erworben. Grundsätzlich empfehle ich allen meinen Patienten möglichst ganz auf Nikotin zu verzichten, mindestens aber zwei Wochen vor und nach einer größeren Operation, da Nikotin die Durchblutung des Gewebes mindert und Wunden schlechter heilen. Vor großen Operationen sollte außerdem auf eine ausreichende Proteinaufnahme geachtet werden, damit die Wunden bestmöglich heilen können.
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