Team jameda
Ärzte haben einen besonderen Blick auf die Welt der Medizin. Damit Patienten hinter die Kulissen des Gesundheitswesens blicken können, stellt jameda Herrn Dr. Peet interessante Fragen zu seinen Erfahrungen als Gynäkologe.
jameda: Herr Dr. Peet, was hat Sie motiviert, Frauenarzt zu werden?
Herr Dr. Peet: Ende der 70er Jahre, als weltweit die ersten Kinder mittels künstlicher Befruchtung geboren wurden, studierte ich an der Humboldt Universität in Berlin. Zum Abschluss des Studiums gehörte eine Diplomarbeit. Ich entschloss mich, hierzu Versuche zur künstlichen Befruchtung zu machen. Immerhin war Louise Brown (das erste IVF-Kind weltweit) wenige Jahre zuvor geboren worden. In Deutschland (Ost und West) wurde fieberhaft daran gearbeitet, dies auch hier zu etablieren. Nun ja, einige Zeit später gab es eine IVF-Abteilung an der Berliner Charité.
jameda: Was macht Ihnen im Praxisalltag am meisten Freude? Wo sehen Sie die größten Herausforderungen?
Herr Dr. Peet: Mich freut es, wenn Paare sich verstanden sehen und gut aufgehoben fühlen. Mittlerweile ist der Altersdurchschnitt unserer Patientinnen etwa 38 Jahre. Die Fruchtbarkeit geht aber schon ab Anfang der 30er langsam zurück.
Auch kommen so einige Paare zu uns, die mehrere erfolglose Behandlungen hinter sich haben.
Es ist ein besonders schönes Gefühl, auch mal den einen oder anderen „schwierigen Fall“ zum positiven Ergebnis verholfen zu haben.
jameda: Welchen Vorurteilen begegnen Sie häufig in Ihrer Praxis?
Herr Dr. Peet: Nun, das bekannteste Vorurteil ist sicher, dass wir „Götter“ sind und Babys „designen“ können. Die Wahrheit ist, dass wir lediglich versuchen, Zustände zu heilen, die das Paar daran hindert, schwanger zu werden. Wir versuchen, mit relativ einfachen Mitteln die altersentsprechenden Schwangerschaftsraten zu erreichen. Erst mit der IVF/ ICSI sind Raten von 40-50 % realistisch.
Problematisch ist natürlich auch, dass einige unserer Behandlungen sehr teuer sind. Diese Kosten sind jedoch berechtigt, da es extrem teuer ist, eine solche Klinik mit allen heutzutage geforderten Standards zu führen. Dazu gehören bauliche, technische und personelle Bedingungen. Die Medikamentenpreise tun ein weiteres dazu.
jameda: Manche Krankheiten und Therapien sind unangenehm und verlangen viel Durchhaltevermögen vom Patienten. Was raten Sie Patienten in solchen Situationen?
Herr Dr. Peet: Manche Behandlungen brauchen Zeit, z. B. die des PCO-Syndroms. Das wichtigste ist, dass die Patientin Geduld hat. Dies setzt aber auch voraus, dass Sie es sich vom Alter auch noch „leisten“ kann.
Auch die erfolgreichsten Behandlungen können keine 100 % Schwangerschaftsrate bieten. Es gibt biologische Grenzen und viele Dinge, die wir noch nicht wissen. Daher darf nur die alters- und diagnoseentsprechende Erfolgsrate erwartet werden. Darauf muss sich das Paar einstellen.
jameda: Wie reagieren Sie, wenn Sie merken, dass ein Patient Ihren Therapieplan nicht befolgt?
Herr Dr. Peet: Anwendungsfehler kommen vor, die Therapien sind manchmal kompliziert und hochindividuell. Solche Fehler versuchen wir, durch gute Aufklärung zu vermeiden. Erfolgen sie doch, versuchen wir, noch „das Beste daraus zu machen“, im schlimmsten Fall brechen wir den Behandlungszyklus ab.
jameda: Wenn Sie das Gesundheitssystem ändern könnten, was würden Sie als Erstes tun?
Herr Dr. Peet: Kostenübernahmen sollte es auch für unverheiratete Paare und Frauenpaare geben. Auch über 40-jährige Frauen sollten über die Krankenkasse behandelt werden dürfen.
Das Einfrieren von überzähligen Zellen nach IVF sollte Kassenleistung sein, auch die Behandlungszyklen zur Verwendung dieser. Immerhin erspart man der Frau (und der Krankenkasse) einen aufwändigen erneuten „Frischversuch“.
Die Beschneidung der Abrechnung aller Kassenärzte führt zu schlechterer Medizin, da Kürzungen nur durch Erhöhung der Patientenzahlen begegnet werden kann. Mehr Patienten bedeutet aber weniger Zeit pro Patient.
jameda: Kein Mensch ist perfekt. In welchen Bereichen haben Ärzte Ihrer Meinung nach Verbesserungspotential?
Herr Dr. Peet: Arzt zu sein, sollte Einfühlungsvermögen voraussetzen. Man wundert sich manchmal über Kollegen.
jameda: Die Welt der Medizin verändert sich ständig. Gibt es neue Therapien oder Geräte, die Sie in Ihrer Praxis anwenden?
Herr Dr. Peet: Für die Eileiterdiagnostik und als Ersatz der operativen Gebärmutterspiegelung bieten wir die Ultraschallkontrastmitteluntersuchung an.
Als die erste Praxis in Deutschland überhaupt führen wir seit nunmehr 8 Jahren den ERA-Test (Endometrial Receptivity Array) durch. Dieser Test ermöglicht es letztlich anhand der „genetischen Signatur“ der Gebärmutterschleimhaut den perfekten Zeitpunkt für den Embryotransfer herauszufinden. Die Folge ist der personalisierte Embryotransfer (pET). Auch für die „schweren Fälle“ resultiert hier eine Schwangerschaftsrate wie bei der gleichaltrigen Patienten-Vergleichsgruppe.
jameda: Gibt es einen Patienten oder ein Erlebnis in Ihrer Praxis, das Sie nie vergessen werden?
Herr Dr. Peet: Ich kann mich an viele schwierige Fälle erinnern, manche mit positivem Ausgang. Aber auch an einige wenige Paare, an denen wir uns die „Zähne ausgebissen“ haben.
jameda: Welchen Gesundheitstipp möchten Sie unseren Lesern mit auf den Weg geben?
Herr Dr. Peet: Warten Sie nicht zu lange, ehe Sie zum Spezialisten gehen. Gelegentlich muss nur eine Kleinigkeit korrigiert werden, um Ihr Ziel zu erreichen. Es muss nicht immer eine aufwändige und teure Therapie sein.
Leben Sie gesund und versuchen Sie vor Mitte 30 schwanger zu werden. Wenn es gar nicht gehen will, lassen Sie gegebenenfalls Ihre Eizellen einfrieren.
Wir führen alle üblichen diagnostischen und therapeutischen Verfahren der Reproduktionsmedizin durch.
Neben den „üblichen“ Verfahren, bieten wir an: IVF/ ICSI im m-NC Zyklus (natürlichen Zyklus), darüber hinaus „Egg freezing“ und Embryo freezing (aus mediz. Indikation).
Zu unseren Sonderverfahren gehören Untersuchungen des Einnistungsversagens mittels: ERA (Endometrial Receptivity Array“, Plasmazelldiagnostik, „EMMA“ und „ALICE“.
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