Ärzte haben einen besonderen Blick auf die Welt der Medizin. Damit Patienten hinter die Kulissen des Gesundheitswesens blicken können, stellt jameda Herrn Priv.-Doz. Dr. med. habil. Reiner Oemus interessante Fragen zu seinen Erfahrungen als Kieferorthopäde.
jameda: Herr Dr. Oemus, was hat Sie motiviert, Kieferorthopäde zu werden und warum haben Sie sich für Ihre Spezialgebiete entschieden?
Herr Dr. Oemus: Kieferorthopädie ist ein Fachgebiet in dem viele medizinische, biomechanische und biologische Kenntnisse verknüpft werden.
So können Hemmungen, Variationen und Fehlfunktionen in der Entwicklung des Gebisses, der Zahn- und Kieferstellung und des Gesichtsschädels durch Reizsetzung angeregt werden. Denn unser biologisches System reagiert sehr effektiv auf diese Reize und die kieferorthopädische Behandlung führt in der Regel wieder zu harmonischen Formen und Funktionen.
Auch täglichen Einflüsse, wie Stress und Überforderung, Körperfehlhaltung und Ernährungsprobleme, spielen eine große Rolle. Diese Einflüsse muss man möglichst genau erfassen, um einen erfolgreichen Ausgleich für die Probleme finden zu können.
Diese Mischung hat mich fasziniert und ich vertiefe meine Kenntnisse in diesem Bereich schon seit meinem Studium der Zahnmedizin.
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jameda**: Worin liegt Ihr Tätigkeitsschwerpunkt und was macht diesen so besonders?
Herr Dr. Oemus: Meine Tätigkeitsschwerpunkte haben sich durch eine hervorragende funktionelle Ausbildung während der Facharztausbildung entwickelt und wurden durch eine Zusatzausbildung in Haltungsmedizin wesentlich erweitert.
Wir achten bereits sehr früh bei der kieferorthopädischen Erstuntersuchung auf Körperfehlhaltung, Konzentrations- und Leistungsprobleme (wie z.B .Lese-Schreibstörungen), die in Verbindung mit Augenproblemen und Körperfehlhaltung stehen.
Bei Kindern und Erwachsenen sind CMD- Problemen, Kopfschmerzen, Kaumuskel- und Nackenbeschwerden vorhanden und führen oft zu Einschränkungen mit Schulter-, Rücken – und Fußschmerzen.
In einem Netzwerk mit Physiotherapeuten, Optometristen, Osteopathen, Logopäden und psychisch arbeitenden Fachgebieten können wir diese Probleme während einer kieferorthopädischen Behandlung wesentlich verbessern oder vollständig auflösen.
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jameda**: Gibt es im medizinischen Bereich ein Vorbild, das Ihre Laufbahn besonders geprägt hat?
Herr Dr. Oemus: Ja, ich hatte die große Freude mit bedeutenden Vertretern meines Fachgebiets persönlich bekannt geworden zu sein, wie mit Rolf Fränkel.
Er hat das Verständnis für funktionelle Probleme des Kiefer-Gesichtsbereichs wesentlich erweitert und weltweit durch seine Funktionsregler-Therapie neue Behandlungsverfahren eingeführt.
Und auch Georg Klammt, der ein geniales funktionelles Gerät - den elastisch offenen Aktivator - entwickelt hat. Aber auch im Bereich der festsitzenden Apparaturen habe ich mit bedeutenden Vertretern unseres Fachgebietes wie Robert Ricketts aus den USA, Asbjörn Hasund aus Norwegen und Rudolf Slavicek aus Österreich gearbeitet.
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jameda**: Gibt es aktuell Hilfen oder Neuerungen, die Ihnen Ihren Praxisalltag erleichtern können?
Herr Dr. Oemus:
Bereits im Jahr 2004 haben wir unserer Praxis mit digitaler Fotografie und digitalem Röntgen für die Zukunft fit gemacht. Alle metrisch erhobenen Befunde werden mit den Bildmaterialien digital zu komplexen Aussagen verknüpft.
Zudem haben wir in den Praxisalltag auch Intraoralscanner, digitalen 3D-Druck und die Herstellung von Schienen und Alignern eingeführt.
Dadurch entstehen neue Möglichkeiten in der präzisierten Behandlungsplanung. Die Patienten können durch Simulation des computerberechneten Ergebnisses das gewünschte Behandlungsergebnis besser erfassen und an der Zielvorstellung mitarbeiten.
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jameda**: Wo sehen Sie in Ihrem Fachgebiet die größten Herausforderungen für die Zukunft?
Herr Dr. Oemus: Die Kieferorthopädie hat sich sehr schnell, mit vielfältigen Methoden und immer größer werdender Präzision weiterentwickelt und spezialisiert.
Durch meine Spezialisierung in der Haltungsmedizin ist es mir ein großes Anliegen, das Zusammenwirken der medizinischen Fachgebiete an dem ganzheitlichen System „Mensch“ voranzubringen.
Die Integration unserer vielen Möglichkeiten und die komplexe Dokumentation kann in der Behandlung und Befundbesprechung zu einer Verbesserung führen.
So kann die Verknüpfung von Fachgebieten zum Beispiel bei CMD-Erkrankungen helfen, durch frühzeitiges Einwirken bei Fehlentwicklungen, sowie bei Kreuzbissen und starken Unterkieferrücklagen, Schmerzzustände zu verhindern.
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jameda**: Was wird an Ihrem individuellen Umgang mit Ihren Patienten besonders geschätzt?
Herr Dr. Oemus: Uns wird von unseren Patienten immer wieder gesagt, dass sie die gegenseitige respektvolle und vertrauensvolle Zusammenarbeit besonders schätzen. Positiv wird auch hervorgehoben, dass wir in unsere Aufklärungsgesprächen und Therapiebesprechungen viel Zeit und Empathie mitbringen.
Immer wieder wird unser Behandlungsteam gelobt für den freundlichen Umgang und die ständige Bereitschaft, sich um jeden einzelnen Patienten besonders zu kümmern. Alle Mitarbeiter der Praxis setzen sich mit Engagement und sehr guten Kenntnissen für die gesundheitlichen Problem unserer Patienten ein.
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jameda**: Was schätzen Sie an Ihren Patienten besonders?
Herr Dr. Oemus: Mit ganzheitlichen, präventiven und biologisch optimierten Verfahren bieten wir eine schonende Therapie von Zahn- und Kieferfehlstellungen, sowie von Kau- und Kiefergelenkstörungen an. Wir freuen uns stets auf interessierte Eltern und Patienten, denen wir ermöglichen können, sich für ihre Gesundheit selbst zu engagieren.
Mit genauen und sehr differenzierten Methoden erfassen wir die wichtigsten Faktoren des Krankheits- und Funktionsgeschehens. Diese werten wir komplex - bei Notwendigkeit in enger Abstimmung mit anderen Fachgebieten - in einem Kompetenznetzwerk aus.
Dafür entwickeln wir detaillierte und optimierte Therapiepläne und führen diese unter ganzheitlichen Gesichtspunkten mit den derzeit besten schonenden Verfahren konsequent aus.
Wir erwarten aufgeschlossene, unseren wohlüberlegten und sehr differenziert begründeten Rat befolgende Menschen, die die Therapie kritisch zu sich selbst und zu uns prüfen und sich konsequent für ihr persönliches Optimum entscheiden.
Wir erwarten von Ihnen, dass Sie unsere Bemühungen durch sehr gute Mitarbeit intensiv unterstützen, damit die Therapieabläufe kurz, effektiv und erfolgreich verlaufen.
Wir erwarten eine faire und durch gegenseitige Information gut abgestimmte Zusammenarbeit auf vertrauensvoller Basis.
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jameda**: Gibt es ein besonderes Patientenerlebnis, das Sie nie vergessen werden?
Herr Dr. Oemus: Ja, ich habe erlebt, wie ein schief stehender Junge durch sensomotorische Reizung an der Fußsohle innerhalb von Sekunden nach der Reizsetzung wieder aufrecht stehen konnte.
Dies war mein Schlüsselerlebnis für eine Ausbildung in der Haltungsmedizin. Sie bezieht die Befunde der Augen, besonders der Kieferorthopädie und weiterer Fachgebiete, noch umfangreicher ein. Auch bei den Problemen der CMD von Erwachsenen arbeitet sie ganzheitlich.
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jameda**: Welchen Gesundheitstipp möchten Sie unseren Lesern mit auf den Weg geben?
Herr Dr. Oemus: Schauen Sie ganz genau hin, ob Ihr Kind schief steht und gelegentlich über Kopf- oder Nackenschmerzen klagt. Auch Konzentrationsprobleme und Buchstaben- und Zahlendreher in der Schule können Anzeichen sein. Ebenso bei häufig auftretender Erschöpfung sollten Sie Rat einholen und konsequent dranbleiben.
Bereits 3,5% der Kinder unter 6 Jahren und jeder 7. Jugendliche zwischen 10 und 18 Jahren leidet an CMD.
Jeder 10. wird durch Schmerzen beeinträchtigt und jeder 5. Jugendliche nimmt Schmerzmittel dagegen!
Meist werden die Kinder wegen Migräne oder Kopfschmerzen behandelt, häufig ohne Veränderungen am Zustand, da die Erfassung aller Ursachen sehr schwierig sein kann und nicht immer gleich erfolgreich ist.
Vor dem Studium der Zahnheilkunde an der Universität Leipzig war ich als Chorsänger und Alumne im Dresdner Kreuzchor, legte das Abitur an der Kreuzschule Dresden ab und schloss das Zahnmedizinstudium mit der Promotion zum Dr.med.dent. an der Universität Leipzig ab.
Dort absolvierte ich auch die Fachzahnarztausbildung in der Abteilung Kieferorthopädie und war Leiter einer Forschungsgruppe in der Hauptforschungsrichtung Stoffwechsel.
Nach Habilitation an der Universität Leipzig wurde ich zum Oberarzt und Leiter der Abteilung Kieferorthopädie und zum Hochschuldozenten berufen.
Seit 1991 arbeite ich in meiner Praxis für Kieferorthopädie und Kaustörungen in Zirndorf.
Wir legen Wert auf individuelle Therapie durch mehrere optimierte Bracketsysteme, die wir zusammen mit dem Patienten passgenau auswählen.
Besonders Wert legen wir auf die Entfernung von Biofilm, die durch die Anwendung der geführten Biofilm-Therapie (GBT- EMS) sehr gute Ergebnisse zeigt.
Wenn es der Zeitpunkt des Entwicklungsstandes zulässt, arbeiten wir gern mit entwickelnden und funktionellen Methoden, um die biologische Anpassung zu nutzen.
Nach Abschluss der aktiven Behandlungszeit sichern wir mit Retentionsmaßnahmen das Ergebnis und beobachten die Stabilität noch weiterhin.
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