Das jameda-Interview: 10 Fragen an Herrn Dr. med. dent. Ingo Herminghaus

Ärzte haben einen besonderen Blick auf die Welt der Medizin. Damit Patienten hinter die Kulissen des Gesundheitswesens blicken können, stellt jameda Herrn Dr. med. dent. Ingo Herminghaus interessante Fragen zu seinen Erfahrungen als Zahnarzt.

jameda: Herr Dr. Herminghaus, was hat Sie motiviert, Zahnarzt zu werden?
Dr. Herminghaus: Der Beruf des Zahnarztes ist für mich die perfekte Mischung aus einer intellektuell wie manuell anspruchsvollen Tätigkeit. Man muss körperlich wie geistig rege wach sein, um den Herausforderungen des beruflichen Alltages gerecht zu werden. Neben den medizinischen Herausforderungen bereitet es mir vor allem Freude, das handwerkliche Ergebnis zu sehen, das einem anderen Menschen nicht nur hilft, sondern auch in ästhetischer Hinsicht Freude bereitet. Auch nach 20 Jahren übe ich meinen Beruf sehr gerne aus und ich bedauere jeden Tag die Menschen, die sich zu ihrer Arbeit „quälen“ müssen.

jameda: Was macht Ihnen im Praxisalltag am meisten Freude? Wo sehen Sie  die größten Herausforderungen?
Dr. Herminghaus: Das ist ganz klar die Freude der Patienten am Ergebnis einer Behandlung. Sei es, dass man Schmerzen gelindert hat, oder dass man eine ästhetische Verbesserung erzielt hat. Die größten Herausforderungen sind gleichzeitig die ältesten und immer allgemeingültigen: Dem Patienten zuhören und Lösungen finden, die seinen Vorstellungen entsprechen, bzw. medizinische Lösungen finden, die für ihn geeignet sind und dies patientengerecht vermitteln können.

jameda: Welchen Vorurteilen begegnen Sie häufig in Ihrer Praxis?
Dr. Herminghaus: Dass der Gang zum Zahnarzt mit Schmerzen und hohen Kosten verbunden ist. Der erste Punkt ist in der Regel durch ein schonendes und umsichtiges Vorgehen weitestgehend vermeidbar. Was die Kosten angeht, ist es vielleicht an einem plastischen Alltagsbeispiel am leichtesten erklärt: Sie können nicht zu einem Autohändler gehen und sagen: Verkaufen Sie mir ein Auto! Es wird nötig sein, zu klären, welche Erwartungen Sie an den Wagen stellen, was er leisten können muss, welchem Verwendungszweck und –dauer er gerecht werden soll und was er kosten darf. Nur so können Sie vernünftig beraten werden und nachhaltig zufrieden sein. Bei der Sanierung oder Reparatur der Zähne verhält es sich nicht anders  - es gibt für jeden Geldbeutel und für alle Ansprüche eine passende Lösung, nur muss man diese auch im Dialog mit dem Patienten herausfinden und ihn nicht vor vollendete Tatsachen stellen.

jameda: Manche Krankheiten und Therapien sind unangenehm und verlangen viel Durchhaltevermögen vom Patienten. Was raten Sie Patienten in solchen Situationen? 
Dr. Herminghaus: Ich betreibe in meiner Freizeit Ausdauersport, um mich körperlich fit zu halten. Wenn das Ziel in zu weiter Ferne liegt und man das Gefühl bekommt, dass einem hierfür die Kraft nicht mehr reicht, sollte man nur auf das direkte Wegstück vor einem schauen und versuchen, dieses erfolgreich zu meistern. Dann geht es leichter. Jeder kennt es vom Radfahren: Nach einer langen Strecke bergauf, geht es auch immer wieder entspannt hinunter ins Tal. Genau das rate ich meinen Patienten.

jameda: Wie reagieren Sie, wenn Sie merken, dass ein Patient Ihren Therapieplan nicht befolgt?
Dr. Herminghaus: Wenn es so kommt, hat man als Arzt in seinem Aufklärungs- oder Beratungsgespräch versagt. Das Verhältnis zum Patienten ist ja kein hierarchisches, in dem der eine zu tun hat, was der andere sagt. Der Therapieplan muss nicht nur medizinisch richtig sein, sondern auch den Vorstellungen des Patienten entsprechen. Im Dialog findet man immer eine Lösung, die der Patient auch dankbar annimmt.

jameda: Wenn Sie das Gesundheitssystem ändern könnten, was würden Sie als Erstes tun?
Dr. Herminghaus: Die Frage sollte man so nicht stellen. Schaut man sich die globale medizinische Versorgungssituation an, können wir uns in Mitteleuropa glücklich schätzen, so einen großzügigen und umfänglichen Zugriff auf eine hochqualitative medizinische Versorgung zu haben. In wenigen Ländern haben wir gerade im Bereich der niedergelassenen Mediziner so ein modernes, flächendeckendes Versorgungsnetz. Natürlich gibt es im Detail immer Verbesserungsmöglichkeiten, aber zu einem perfekten System wird man niemals kommen. Wichtig ist sicherlich, dass der Patient eigenverantwortlich mitentscheiden darf, was mit ihm geschehen soll und was eben nicht.

jameda: Kein Mensch ist perfekt. In welchen Bereichen haben Ärzte Ihrer Meinung nach Verbesserungspotential?
Dr. Herminghaus: Zuhören, Zuhören, Zuhören. Ärzte hören viel zu oft nicht zu, denken in apparativer Diagnostik und hinterfragen nicht die Probleme durch logisches Denken.

jameda: Die Welt der Medizin verändert sich ständig. Gibt es neue Therapieverfahren oder Gerätschaften, die Sie in Ihrer Praxis anwenden?
Dr. Herminghaus: Ja, natürlich, neben der allgemeinen Fortbildung, der meine Kollegen und ich nachgehen, setzten wir moderne und schonende Verfahren in der Praxis ein, um z.B. beim digitalen Röntgen die Strahlenbelastung niedrig zu halten. Wir betreiben mit modernen Aufzeichnungsmethoden Funktionsdiagnostik und setzten auf etablierte Hersteller im Bereich der Implantologie. Im Bereich des praxiseigenen Labors kommen nur Materialien eines renommierten deutschen Herstellers zum Einsatz, die alle aufeinander abgestimmt sind und größtmögliche Biokompatibilität garantieren.

jameda: Gibt es einen Patienten oder ein Erlebnis in Ihrer Praxis, das Sie nie vergessen werden?
Dr. Herminghaus: Durch den intensiven persönlichen Kontakt mit meinen Patienten, die zum Teil seit 20 Jahren zu mir kommen und davor jahrzehntelang von meinem Vater behandelt wurden, gibt es zahlreiche Geschichten. Exemplarisch fällt mir ein Patient ein, der schon weit über 90 Jahre war. Er klopfte mir auf die Schulter und sagte: „Mein größter Fehler im Leben war, die „verdammten“ Implantate nicht schon 20 Jahre früher gemacht zu haben.“ Ebenso erinnere ich mich gerne an einen Familienvater, den ich als nicht sehr emotionalen Menschen in Erinnerung habe. Er fing beim Anblick seiner neuen Kronen unerwartet an zu weinen und sagte: „Mein ganzes Leben hatte ich mir schöne Zähne gewünscht, jetzt ist mein Wunsch in Erfüllung gegangen. Dies sind Momente, die man nicht vergisst!

jameda: Welchen Gesundheitstipp möchten Sie unseren Lesern mit auf den Weg geben?
Dr. Herminghaus: Leben Sie ein gesundes, ausgewogenes Leben und übertreiben Sie nicht in die eine oder die andere Richtung. Wie der schweizer Arzt und Philosoph schon vor 500 Jahren erkannte: „Die Dosis macht das Gift.“

Zur Person

Dr. Herminghaus ist Zahnarzt in Dortmund. Er studierte in Würzburg und Schweden. Nebenbei ist er begeisterter Fotograf und unterstützt mit den Erlösen aus seiner fotografischen Tätigkeit wohltätige und gemeinnützige Einrichtungen wie Ärzte ohne Grenzen und Sportvereine und Kindergärten in der Umgebung.

Zur Praxis

Die Praxis befindet sich auf 250 qm im „Alten Postamt“ in der Strünkedestraße 26. Das historische Gebäude von 1926 steht innen und außen unter Denkmalschutz und wurde bis 2005 aufwändig restauriert. Trotzdem wurden moderne Aspekte in enger Abstimmung mit dem Denkmalschutz integriert, wie z.B.  ein Fahrstuhl.

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