Team jameda
Ärzte haben einen besonderen Blick auf die Welt der Medizin. Damit Patienten hinter die Kulissen des Gesundheitswesens blicken können, stellte jameda Herrn Dr. Koehler interessante Fragen zu seinen Erfahrungen als Neurologe.
jameda: Herr Dr. Koehler, was hat Sie motiviert, Neurologe zu werden?
Dr. Koehler: Meine Arbeitsweise ist geprägt von naturwissenschaftlich-exaktem Denken. Das bedeutet, ausgehend von einer genauen Beobachtung immer wieder das eigene Handeln kritisch zu überdenken und am Erfolg zu messen. So habe ich zunächst ein Physikgrundstudium absolviert, bin dann aber meiner Neigung zur Medizin gefolgt und habe die Neurologie gewählt. Denn wie kein anderes Fachgebiet erlaubt die Neurologie ein systematisches, folgerichtiges Denken. In der Neurologie ist angefangen von der Funktion einer Nervenzelle über die Nervenbahnen bis hin zu den hochentwickelten Funktionen unseres Großhirns wie Denken und Fühlen alles vorhanden.
jameda: Was macht Ihnen im Praxisalltag am meisten Freude? Wo sehen Sie die größten Herausforderungen?
Dr. Koehler: Die meiste Freude empfinde ich als Arzt, wenn nach korrekter Diagnosestellung die verordnete Therapie greift und der Patient gesund wird. Ja, ich freue mich auch, wenn sich der Patient dankbar zeigt. Viel öfter als viele Patienten glauben, ist aber auch die moderne Medizin in ihren Möglichkeiten begrenzt. Dann gilt es, die passenden Worte zu finden, um den Patient zu trösten und ihm dennoch Hoffnung zu geben.
jameda: Welchen Vorurteilen begegnen Sie häufig in Ihrer Praxis?
Dr. Koehler: Viele Patienten kommen mit vorgefassten Meinungen über ihre Erkrankung zu mir. So wird oftmals vermutet, ein teureres Medikament sei immer das bessere. Da kommt leicht die Befürchtung auf, der Arzt will an mir sparen.
jameda: Manche Krankheiten und Therapien sind unangenehm und verlangen viel Durchhaltevermögen vom Patienten. Was raten Sie Patienten in solchen Situationen?
Dr. Koehler: Da hilft nur viel Unterstützung durch Familie, Freunde und den Arzt. Hier gilt ‘geteiltes Leid ist halbes Leid’, die Zuversicht durch Zuwendung stärken und den Blick auf die Zukunft werfen. Denn auch nach einer langen Nacht beginnt ein neuer Morgen. Gelegentlich kann aber auch ein geeignetes Medikament unterstützend wirken.
jameda: Wie reagieren Sie, wenn Sie merken, dass ein Patient Ihren Therapieplan nicht befolgt?
Dr. Koehler: Zunächst muss ich herausfinden, warum der Patient den Therapieplan nicht eingehalten hat. Es kann wichtige Gründe haben, warum sich ein Patient anders entscheidet als der Arzt. Dann werde ich meine Therapieempfehlung ändern. Vielleicht stellt sich heraus, dass es für den Patient tatsächlich am besten ist, gar kein Medikament einzunehmen, sondern etwas ganz anderes zu tun.
jameda: Wenn Sie das Gesundheitssystem ändern könnten, was würden Sie als Erstes tun?
Dr. Koehler: Das ärztliche Handeln wird zunehmend standardisiert, normiert und auf ein statistisches Optimum ausgerichtet. Abweichler von der Norm werden finanziell oder juristisch bestraft. Das behindert einerseits eine individuelle Behandlung, andererseits auch den medizinischen Fortschritt.
jameda: Kein Mensch ist perfekt. In welchen Bereichen haben Ärzte Ihrer Meinung nach Verbesserungspotential?
Dr. Koehler: Wie in vielen Bereichen unserer Gesellschaft sind auch Ärzte starken Einflüssen der verschiedenen Medien und den damit transportierten kommerziellen Interessen unterworfen. Information gibt es aber nicht gratis, sondern man muss dafür entweder Geld oder Zeit investieren. Wer nur Pharmafortbildungen besucht, wird auch entsprechend seine Rezepte schreiben.
jameda: Welchen Gesundheitstipp möchten Sie unseren Lesern mit auf den Weg geben?
Dr. Koehler: In der Medizin gilt: Die Dosis macht das Gift. Nur das richtige Maß macht einen Wirkstoff entweder zum Heilmittel oder zum Gift. So denken viele, je mehr sie von den guten B-Vitaminen (den ‘Neurovitaminen’) einnehmen, umso besser. Aber zu viel Vitamin B6 verursacht beispielsweise Neuropathien.
Zur Person
Nach dem Studium in Göttingen, Auslandsaufenthalten in Tucson/Arizona und Haifa/Israel und der Facharztausbildung in Tübingen war Dr. Koehler an der Uni Bonn als klinischer Neurophysiologe tätig.
Zur Praxis
In der Betaklinik arbeiten die Fachärzte in enger Kooperation zusammen. Besonders eng arbeitet Dr. Koehler mit Fr. Dr. Hoffmann zusammen, die ihn in epileptologischen, schlafmedizinischen und schmerztherapeutischen Fragen berät. Seine Schwerpunkte sind die Bewegungsstörungen, Neuro- und Myopathien.
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