Artikel 17/09/2014

Das jameda-Interview: Zu Besuch bei Priv.-Doz. Dr. med. Dietmar Jacob

Priv.-Doz. Dr. med. Dietmar Jacob Facharzt für Allgemeinchirurgie, Viszeralchirurg, Proktologe
Priv.-Doz. Dr. med. Dietmar Jacob
Facharzt für Allgemeinchirurgie, Viszeralchirurg, Proktologe
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Was war Ihr Beweggrund, Allgemeiner Chirurg zu werden?
Im Rahmen meines Praktischen Jahres war ich in einer großen Universitätsklinik in der Schweiz und arbeitete dort in der Chirurgie. Im Gegensatz zu Deutschland wurden wir dort fest in den Klinikalltag mit eingebunden. In der Nacht hatten wir Rufdienste und nahmen an der operativen Notfallversorgung teil. Die Verantwortung in Kombination mit Entscheidungsfreude und einer schnellen Therapieeinleitung gefiel mir so sehr, dass für mich der Entschluss feststand, Chirurg zu werden.

Wann und warum haben Sie sich dazu entschlossen, sich auf die Bauchchirurgie zu spezialisieren?
Das Interessante an der Bauchchirurgie ist die Komplexität der Erkrankungen. Als guter Bauchchirurg müssen die internistischen Krankheitsbilder genauso gut beherrscht werden wie die chirurgischen. Häufig ist eine Trennung auch nicht exakt möglich oder zeigt sich erst nach 24 bis 48 Stunden. Die Bauchchirurgie ist für mich die interessanteste Form der chirurgischen Disziplinen, da sie häufig lebensrettend ist. Das sind nicht immer die blutigen Verletzungen wie im Fernsehen. Eine übersehene Blinddarmentzündung bei einem geschwächten Menschen kann auch zum Tode führen und ist durch einen kleinen Eingriff gut zu beherrschen. Oft hat man als Bauchchirurg das Gefühl, etwas wirklich Sinnvolles getan zu haben und das überwiegt dann die Strapazen.

Wo sehen Sie die größte Herausforderung in Ihrer Arbeit?
Wichtig ist trotz hoher Patientenzahlen jeden Patienten individuell wahrzunehmen und bestens zu beraten. Das ist nicht immer einfach, sollte aber unser tägliches Ziel sein.

Womit dürfen Ihre Patienten bei Ihnen rechnen?
Ich habe mich bewusst vom Krankenhaus abgewandt, da es mir zu anonym war. Oft kannten die Patienten Ihren Operateur nicht und es gab keine Kontinuität in der Behandlung. Häufig hatte ein Patient mit bis zu sechs verschiedenen Ärzten während seines stationären Aufenthaltes Kontakt und konnte dadurch bedingt Vertrauen aufbauen. Bei mir ist und bleibt alles in einer Hand. Vom ersten Vorstellungstermin bis zur Nachuntersuchung stehe ich Rede und Antwort und bin auch ansprechbar, wenn es mal ein Problem geben sollte. Zusätzlich ist eine Qualität auf hohem Niveau garantiert, was heutzutage leider nicht überall die Regel ist. Die Patienten bekommen sofort einen erfahrenen Facharzt als Gesprächspartner und dürfen damit rechen, dass ich mich fortwährend weiterbilde und nach dem aktuellsten Stand der Wissenschaft behandle.

Was würden Sie sich von Ihren Patienten wünschen?
In unser heutigen, hektischen Zeit etwas mehr Geduld mit Erkrankungen und der chirurgischen Therapie. Auch wenn es das Engel-in-Weiß-Klischee nicht mehr gibt, was ich gutheiße, so können auch wir nicht zaubern. Trotz neuer Techniken, die gewebeschonend und schmerzreduziert sind, stellen Operationen immer noch einen großen Eingriff in den Körperhaushalt dar, und jeder Mensch hat ein unterschiedliches Schmerzempfinden. Es wäre schön, wenn manche Patienten sich auch die Zeit für die Genesung nehmen würden und nicht erwarten, am Tag nach einem operativen Eingriff wieder voll einsatzfähig zu sein. Auch sollten die Patienten Ihre Informationen aus dem Internet mit Vorsicht genießen. Die zugänglichen Beiträge habend oft keinen wissenschaftlichen Hintergrund. Jeder Patient ist individuell und seine Krankheit im Gesamtkontext auch. Die Kunst des Arztes ist es daher, eine individuelle Therapie zu erstellen, was im Internet so (zum Glück) nicht möglich ist. Ein Patient muss gesehen werden, um seinen Gesundheitszustand zu erkennen.

Was zeichnet Sie als Arzt aus?
Eine interessante und wichtige Frage, die man selber nur schwer beantworten kann. Natürlich ist zuerst die fachliche Kompetenz zu nennen, die aber von den Patienten bei den meisten Ärzten vorausgesetzt werden darf. Nach dem, was mir Patienten und Kollegen gesagt haben, ist eine meiner wesentlichen Stärken die Nähe zum Menschen. Obwohl wir in der Chirurgie eher kurze Patienten-Kontakte haben, muss man sich in bestimmten Situationen auch mal mehr Zeit nehmen oder Zusammenhänge mehrfach erläutern. Dabei hilft mir meine langjährige Erfahrung an der Universitätsklinik, wo wir schon als junge Assistenzärzte den Patienten und Angehörigen negative Nachrichten überbringen mussten. Durch meine Lehrtätigkeit bin ich darauf geschult, komplexe medizinische Sachverhalte gut verständlich und ohne viele Fremdwörter zu erläutern und auch auf Fragen verständnisvoll zu reagieren, was die Patienten sehr schätzen.

Was ist Ihnen persönlich bei Ärzten wichtig?
Als Patient vertraut man sich dem Arzt sehr an und gibt intime Details aus seinem Leben oder einer nahe stehenden Personen preis. Hierbei muss eine Grundsympathie vorhanden sein, um sich zu öffnen. Ohne geht es nicht. Wichtig ist auch Interesse am Patienten und dessen Beschwerden und keine überheblichen Kommentare oder Belehrungen.

Sie sprachen Wissenschaft an. Was machen Sie genau?
Im Rahmen der Versorgungsforschung nehme ich freiwillig an der Qualitätssicherungsstudie Herniamed teil. Hierbei werden meine Patienten nach umfassender Aufklärung und Einverständniserklärung anonymisiert in eine Datenbank mit über 200.000 Patienten eingegeben, aus der die chirurgische Qualität in einer Forschungsgruppe ausgewertet wird. Aktuell habe ich drei Publikationen mit Koautoren erstellt, die zur Veröffentlichung an internationale Fachzeitschriften geschickt wurden und in der Therapie der Hernienchirurgie sicherlich zu Veränderungen der Richtlinien führen werden. Aber auch in der Proktologie sind wir aktiv. So haben wir vor kurzem eine frei zugängliche Publikation über die sichere und schonende Therapie der Analfistel mit sog. Plugs erstellt. Unserer Ergebnisse waren dabei deutlich besser als in vorausgegangenen Studien aufgrund unserer modifizierten Technik.

Was bedeutet die Bezeichnung ‘Proktologe’?
Ein Proktologe beschäftigt sich mit Erkrankungen des Mastdarms und des Analkanals und darf die Bezeichnung nach einer entsprechenden Weiterbildung und Prüfung vor der Ärztekammer tragen. Bekannteste und häufige Erkrankungen in der Proktologie sind das Hämorrhoidalleiden, Analabszesse, Analfisteln und Erkrankungen innerhalb des Enddarms wie z. B. Polypen. Auch die Diagnostik gehört dazu. So bieten wir unkompliziert die Analkanal- und Mastdarmspiegelung an. Da es sich hierbei immer noch um ein mit Scham behaftetesThema handelt, ist ein großes Einfühlungsvermögen von Seiten des Arztes wichtig, um den Patienten eine möglichst angenehme Atmosphäre zu geben.

Zur Person 
Seit über 20 Jahren bin ich in Berlin und habe meine gesamte chirurgische Ausbildung an der Charité erhalten. Dort habe ich mich habilitiert und die Lehrbefugnis für das Fach Chirurgie erhalten. Umfangreiche Kenntnisse in der minimalinvasiven Chirurgie sowie der Hernienchirurgie und Proktologie habe ich danach während meiner Tätigkeit als stellv. Chefarzt in einer renommierten Schwerpunktklinik in Berlin vertieft und freue mich, diese Kenntnisse nun auch außerhalb des Krankenhauses anbieten zu können.

Zur Praxis 
Wir sind als Chirurgisch Orthopädischer Praxis Verbund (COPV) eine überörtliche Gemeinschaftspraxis in Berlin, die das gesamte Spektrum der ambulanten chirurgischen, unfallchirurgischen und orthopädischen Behandlung anbietet. Jeder unserer vier Ärzte hat mehrere Schwerpunkte. In unserer Praxis in Berlin-Lankwitz führe ich u.a. die Diagnostik und operative Behandlung von Bauchwand- und Leistenbrüchen sowie kleinerer proktologischer Eingriffe in Narkose ambulant durch. Die Praxis in Berlin-Dahlem ist mehr orthopädisch und plastisch-ästhetisch ausgerichtet.

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