Ärzte haben einen besonderen Blick auf die Welt der Medizin. Damit Patienten hinter die Kulissen des Gesundheitswesens blicken können, stellt jameda Herrn Dipl.-Psych. Martin Rosenauer interessante Fragen zu seinen Erfahrungen als Heilpraktiker für Psychotherapie.
jameda: Herr Dipl.-Psych. Martin Rosenauer, was hat Sie motiviert, Heilpraktiker für Psychotherapie zu werden, und warum haben Sie sich für Ihre Spezialgebiete entschieden?
Herr Dipl.-Psych. Rosenauer: Aufgrund eigener psychosomatischer Beschwerden konnte ich am eigenen Leibe erfahren, dass nur ‘reden’ und auch der schulmedizinische, meist symptomorientierte Ansatz bei vielen Beschwerden nichts bringt und habe zunächst zu körperorientierten Verfahren gefunden.
Hierdurch kam mein damals ‘kaputter Rücken in Bewegung’ und meine Schmerzen waren weg. Über die körperorientierten Verfahren bin ich zu den sogenannten Tranceverfahren wie Hypnose und aufdeckenden Verfahren wie Hypnoanalyse, EMDR und der Integration von Hypnose und Körperpsychotherapie gelangt. Ich war so begeistert von diesem Behandlungsansatz, dass ich mich mit eigener Praxis selbständig gemacht habe.
Diese Verfahren gehen ganz gezielt tiefer ins Gefühl als Gesprächstherapien, sodass sich auch verdrängte Traumatisierungen und oft kaum erkennbare posttraumatische Belastungsstörungen und Entwicklungstraumata angehen, aufarbeiten und lösen lassen. Der körperorientierte Ansatz fließt aber natürlich weiter in meine Arbeit mit ein.
jameda: Worin liegt Ihr Tätigkeitsschwerpunkt und was macht diesen so besonders?
Herr Dipl.-Psych. Rosenauer: Ich habe mich auf Hypnose, Hypnosetherapie und aufdeckende Tranceverfahren spezialisiert. Der Grund dafür ist folgender: Viele „in bestimmten Situationen ungünstige Gewohnheiten“ lassen sich leicht mit viel Konzentration über den sogenannten „Verstand“ umlernen. Aufstehen zu einer anderen Uhrzeit im Urlaub, Rechts- statt Linksverkehr, Zigarette nach dem Essen weglassen usw.
Oft verbergen sich jedoch hinter Gewohnheiten wie Angst- und Panikattacken in bestimmten Situationen, hinter Schlafstörungen, hinter einer erektilen Dysfunktion, hinter Zwangsverhalten (also „nicht anders können’ als immer wieder auf die gleiche Art und Weise reagieren/handeln), hinter depressiven Episoden oder auch hinter chronischen Schmerzen unverarbeitete Gefühle und (kaum erkennbare) PTBS.
Und zum Aufdecken und Lösen solcher nicht durchlebter Gefühle und verdeckter PTBS braucht es Tranceverfahren. Denn nur in Trance lassen sich diese Gefühle DESENSIBILISIEREN. Hypnose, Hypnoanalyse, EMDR und körperorientierte Ansätze können dabei unterstützen, solche Themen und die hinter den Gewohnheiten steckenden, verdrängten Gefühle aufzudecken, zu durchleben und zu lösen und dann die Gewohnheiten wieder umzulernen.
jameda: Gibt es im medizinischen Bereich ein Vorbild, das Ihre Laufbahn besonders geprägt hat?
Herr Dipl.-Psych. Rosenauer: Nein, nicht wirklich. Ich habe bei meinen Ausbildungen viele Gurus kennengelernt. Leider wird bei den meisten Hypnose- und Therapieausbildungen, die oft in großen Gruppen stattfinden, oft sehr viel Gewicht auf das Erlernen einer bestimmten Methodik gelegt.
Viel wichtiger ist aber – auch wenn man als Therapeut die Methoden perfekt beherrscht – eine gute Beziehungsebene zum Patienten zu etablieren und zu vertiefen, damit Menschen einem selbst (als Therapeut) und damit auch dem Behandlungsansatz vertrauen lernen können. Jeder weiß, wie stark z. B. auch bei einem Medikament der Placeboeffekt wirkt, und bei der therapeutischen Beziehung spielt die Glaubwürdigkeit des Therapeuten ebenso eine sehr große Rolle.
Über die Wichtigkeit der therapeutischen Beziehung habe ich schon im Psychologiestudium viel gelernt und diese Erkenntnisse haben sich in meiner psychotherapeutischen Arbeit mit Hypnose und Hypnosetherapie, EMDR und ergänzenden Verfahren bestätigt. Die Erkenntnisse, die der Stressforscher Selye in seinen Büchern veröffentlicht hat, finde ich aber sehr spannend. Ebenso den Ansatz direkter hypnotischer Regression von Elman sowie auch hypnosystemische, wachhypnotische, psychodynamische- und traumatherapeutische Ansätze (Reddemann, Schmidt usw.).
jameda: Gibt es aktuell Hilfen oder Neuerungen, die Ihnen Ihren Praxisalltag erleichtern können?
Herr Dipl.-Psych. Rosenauer: Das Online-Terminbuchungssystem und die Videosprechstunde von jameda erlauben es mir, nun auch Menschen, die weiter weg wohnen, bei ihren Themen und Heilungsprozessen zu unterstützen oder Sie zumindest durch ein Erstgespräch über verschiedene Behandlungsansätze bei ihren Themen und Beschwerden vertiefend zu informieren.
jameda: Wo sehen Sie in Ihrem Fachgebiet die größten Herausforderungen für die Zukunft?
Herr Dipl.-Psych. Rosenauer: Viele Psychotherapeuten und Ärzte erkennen immer mehr, dass sie oft bei bestimmten Themen nur mit Gesprächen und auch Medikamenten nicht weiter- und vor allem nicht an die Ursache des Themas kommen. Denn oft verbergen sich hinter den Beschwerden verdeckte, oftmals für das ungeschulte Auge kaum erkennbare posttraumatische Belastungsstörungen (nicht aufgearbeitete kindliche Angst z. B.) und Entwicklungstraumata (sich nicht geliebt fühlen von den Eltern und ggf. immer wieder mit wichtigen Bedürfnissen wie der Suche nach Schutz, Liebe und Aufmunterung zu kurz gekommen zu sein).
Dies ist nicht nur bei psychischen Störungen so, sondern auch bei vielen psychosomatischen Themen der Fall. In den Psychotherapieausbildungen wird es deswegen auf lange Sicht unumgänglich sein, dass alle Psychotherapeuten aufdeckende Verfahren wie EMDR oder Hypnoanalyse, das gezielte Desensibilisieren und in die Tiefe gehende Inneres-Kind-Arbeit erlernen und in ihre Therapieansätze integrieren.
jameda: Was wird an Ihrem individuellen Umgang mit Ihren Patienten besonders geschätzt?
Herr Dipl.-Psych. Rosenauer: Ich denke, dass sich meine Patienten von mir wirklich wahrgenommen fühlen. Zudem kann ich den meisten gut erklären, warum es in einer Therapie nicht darum geht, die Symptome ‘weghaben zu wollen’. Sondern, dass es eben darum geht, dass die Symptome der Wegpfeiler sind, die einem helfen können, die eigenen Schwächen und dunklen Stellen im Unbewussten zu erkennen. Viele arbeiten oft jahrelang gegen ihr ‘inneres Kind’ an und laufen vor ihren Gefühlen weg.
Ein Teufelskreis aus Angst, Scham, Selbstabwertung und oft Wut, die sich dann wegen ausbleibender Erfolge gegen einen selbst richtet. Carl-Gustav Jung, ein Zeitgenosse von Freud, sprach in diesem Zusammenhang mal von den Schattenanteilen. Und diesen Schattenanteilen und auch dem inneren Kind gilt es, sich liebevoll, authentisch und wertschätzend zuzuwenden, nicht mit innerer Ablehnung. Nur wenn man den Weg zu dieser liebevollen Zuwendung nach innen findet, kann auch Heilung stattfinden. Und dabei kann die Arbeit mit Hypnose und hypnotischen Metaphern sowie hypnosystemsiche Arbeit oft sehr helfen.
jameda: Was schätzen Sie an Ihren Patienten besonders?
Herr Dipl.-Psych. Rosenauer: Die Geduld, die viele meiner Patienten in einer Zusammenarbeit mitbringen. Dass fast alle verstehen können, dass Psychotherapie ein eigenverantwortlicher Prozess ist. Und ich bewundere immer wieder den großen Mut von Patienten, die zu Beginn einer Therapie wirklich große Angst vor ihren Gefühlen haben, bis sie dann soweit sind, sich zu stellen. Erst ab hier ist dann wirklich Inneres-Kind-Arbeit möglich und die Patienten können mit Hypnose, Hypnoseanalyse und EMDR lernen, sich selbst ‘nachzubeeltern’.
jameda: Gibt es ein besonderes Patientenerlebnis, das Sie nie vergessen werden?
Herr Dipl.-Psych. Rosenauer: Ja, ich hatte mal eine sehr sympathische und aber leicht ‘verkopfte’ Reizdarmpatientin bei mir. Ich habe dann begonnen, mit ihr nach und nach immer schneller zu reden und habe bereits beim Ersttermin eine erste, eingehende wach-hypnotische Inneres-Kind-Arbeit mit ihr durchgeführt.
Da sie davon ausging, dass Hypnose immer auf formalem Wege stattfindet (auf einer Hypnoseliege, mit Tranceeinleitung, Vertiefung usw.) war sie dann, als sie das nächste Mal zum Termin kam, sehr überrascht, dass sich ihre Symptomatik (‘ohne Hypnose’) bereits um die Hälfte gebessert hatte. Grund: Sie hatte bereits damit begonnen, bei Stress machenden, ‘auf dem Darm schlagenden’ Entscheidungen, ab sofort immer einer inneren Absprache mit ihrem ‘inneren Kind’ zu treffen, sodass sich bei der Entscheidung mehr innere Stimmigkeit ergeben hatte.
jameda: Welchen Gesundheitstipp möchten Sie unseren Lesern mit auf den Weg geben?
Herr Dipl.-Psych. Rosenauer:
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