Artikel 07/09/2016

Therapie-Empfehlungen bei einer Degeneration der Rotatorenmanschette

Dr. med. Laif Casper Orthopäde & Unfallchirurg, Facharzt für Allgemeinchirurgie, Handchirurg
Dr. med. Laif Casper
Orthopäde & Unfallchirurg, Facharzt für Allgemeinchirurgie, Handchirurg
degenerative-ruptur-der-rotatorenmanschette-therapie

Als Rotatorenmanschette wird die Muskelgruppe bezeichnet, die vom Schulterblatt zum Oberarmkopf zieht und dafür verantwortlich ist, dass der kugelige Oberarmkopf zu jedem Zeitpunkt der Bewegung an der flachen Schulterpfanne zentriert ist. Sie besteht aus vier einzelnen Muskeln, dem Muskulus supraspinatus (Obergrätenmuskel), dem Muskulus infraspinatus (Untergrätenmuskel) sowie dem Muskulus subscapularis (Unterschulterblattmuskel) und dem Muskulus teres minor (kleiner Rundmuskel). Im allgemeinen Sprachgebrauch der Ärzte wird die Rotatorenmanschette auch auf den Muskulus supraspinatus subsumiert. Grund hierfür ist, dass dieser durch eine anatomisch vorgegebene Enge zwischen dem Schulterdachknochen (Akromion) und dem Oberarmkopf hindurchtritt. Dadurch betreffen 80-95 % der Veränderungen der Rotatorenmanschette die Sehne des Muskulus supraspinatus.

Ursachen und Symptome einer degenerativen Rotatorenmanschette

Die häufigsten Ursachen einer degenerativen Rotatorenmanschette sind zum einen durch den engen Raum zwischen dem Schulterdachknochen und dem Oberarmkopf gegeben (Impingementsyndrom).

Dieser kann zusätzlich durch knöcherne Anbauten, insbesondere bei verschlissenem Gelenk (Arthrose) zwischen dem Schlüsselbein und dem Schulterdachknochen
(Akromioclaviculargelenk), noch enger werden. Ferner besteht im Bereich des Ansatzes der Supraspinatussehne am Oberarmkopf eine Zone der Minderdurchblutung; diese gestörte Durchblutung der Sehne wird im Alter immer schlechter.

Folglich ist die Degeneration der Rotatorenmanschette eine im Alter progrediente Verschleißveränderung der Sehne des Muskulus supraspinatus. Die typischen Beschwerden sind die Beschwerden des Obergrätenmuskels wie Schmerzen beim Abspreizen des Armes zur Seite über die Horizontale hinaus. Diese Schmerzen treten insbesondere an der Außenseite der Schulter auf und ziehen dann an der Außenseite des Oberarmes bis zum Ellenbogengelenk.

Konservative Behandlung und Verhaltenstipps für den Alltag

Wenn es noch zu keinem wesentlichen Substanzdefekt der Supraspinatussehne gekommen ist, so sollte hier als wichtigste Primärtherapie die Manuelle Therapie mit Traktion (Zug, Dehnung) und Stärkung der nach unten gerichteten Muskelgruppe erfolgen. Da wir im Alltag sehr viel Tragen und beim Sport häufig die vordere Schultermuskelgruppe auftrainieren, sollte hier umgedacht werden – besser wäre es, die Muskulatur aufzutrainieren, da diese den Arm mit Kraft nach unten führt.

Schlecht bei der Behandlung sind Überkopfsportarten wie Tennis, Bankdrücken, Gewichtheben, d.h. alles, was den Oberarm mit Kraft über die Horizontale hebt. Aber auch sportliches Fahrradfahren ist unvorteilhaft, da beim Abstützen auf dem Lenker der Oberarmkopf in Richtung Schulterdachknochen gedrückt wird, wodurch der Raum enger wird.

Gute Bewegungen sind zum Beispiel Schwimmen, Rudern und weitere Übungen, bei denen der gestreckte Arm gegen einen Widerstand nach unten gedrückt wird.

Behandlung mit Cortison

Eine lokale Cortison-Injektion sollte vermieden werden, da Cortison die bereits veränderte Sehne verändert und schneller einen Riss nach sich ziehen kann. Ist es jedoch bereits zu einer wesentlichen Degeneration (Zerstörung) der Rotatorenmanschette gekommen, die mehr als 1/3 der Sehnendicke betrifft oder liegt gar ein Sehneneinriss vor, so sollte hier eine operative Rekonstruktion erfolgen, da die Rotatorenmanschette aufgrund der schlechten ansatznahen Durchblutung über wenig Eigenheilungstendenz verfügt.

Behandlungsmöglichkeiten bei einer Degeneration der Rotatorenmanschette

Hier steht Betroffenen eine Vielzahl operativer Therapiemöglichkeiten zur Verfügung, die offen oder in Schlüssellochtechnik arthroskopisch erfolgen können.

Ein Unterschied im Ergebnis besteht seitens des offenen oder arthroskopischen Verfahrens nicht. Bei allen Verfahren muss aber die Rekonstruktionsstelle für 6 Wochen entlastet werden. Dies geschieht mit Hilfe einer speziellen Schulterschlinge.

Anschließend braucht man mindestens die doppelte Zeit zur Wiedererlangung der Beweglichkeit sowie der wichtigen Koordination des Bewegungsablaufes zwischen dem Schulterblatt und dem Oberarmkopf bei nunmehr veränderter, verkürzter Sehne der Rotatorenmanschette.

Man muss also bei einer Naht der Rotatorenmanschette von einer Arbeitsunfähigkeit von 6 bis 18 Wochen ausgehen. Ist die Supraspinatussehne defekt und nicht mehr rekonstruierbar, so droht der Oberarmkopf zu dezentrieren und nach oben unter das Schulterdach zu wandern, um sich dort einzuschleifen.

Als neue moderne Therapieoption kann hier aufgrund der fehlenden Rekonstruierbarkeit ein Platzhalter zwischen dem Schulterdach und dem Oberarmkopf implantiert werden, um den Oberarmkopf wieder an der Schulterpfanne zu zentrieren.

Fazit

Langfristig droht bei vollständiger Destruktion der Rotatorenmanschette und Dezentrierung des Oberarmkopfes eine Arthrose des Schultergelenkes, welche die Implantation einer inversen Schulter-Totalendoprothese notwendig werden lässt. Dies gilt es, durch frühzeitige zielgerichtete Therapie zu verhindern!

Die Veröffentlichung dieser Inhalte durch jameda GmbH erfolgt mit ausdrücklicher Genehmigung der Autoren. Die Vervielfältigung, Bearbeitung, Verbreitung und jede Art der Verwertung außerhalb der Grenzen des Urheberrechtes bedürfen der schriftlichen Zustimmung der jeweiligen Autoren.

Die Inhalte der Experten Ratgeber ersetzen nicht die Konsultation von medizinischen Spezialisten. Wir empfehlen Ihnen dringend, bei Fragen zu Ihrer Gesundheit oder medizinischen Behandlung stets eine qualifizierte medizinische Fachperson zu konsultieren. Der Inhalt dieser Seite sowie die Texte, Grafiken, Bilder und sonstigen Materialien dienen ausschließlich Informationszwecken und ersetzen keine gesundheitlichen Diagnosen oder Behandlungen. Es wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass Meinungen, Schlussfolgerungen oder sonstige Informationen in den von Dritten verfassten Inhalten ausschließlich die Meinung des jeweiligen Autors darstellen und nicht notwendigerweise von jameda GmbH gebilligt werden. Wenn die jameda GmbH feststellt oder von anderen darauf hingewiesen wird, dass ein konkreter Inhalt eine zivil- oder strafrechtliche Verantwortlichkeit auslöst, wird sie die Inhalte prüfen und behält sich das Recht vor, diese zu entfernen. Eigene Inhalte auf unserer Website werden regelmäßig sorgfältig geprüft. Wir bemühen uns stets, unser Informationsangebot vollständig, inhaltlich richtig und aktuell anzubieten. Das Auftreten von Fehlern ist dennoch möglich, daher kann eine Garantie für die Vollständigkeit, Richtigkeit und Aktualität nicht übernommen werden. Korrekturen oder Hinweise senden Sie bitte an experten-ratgeber@jameda.de.


www.jameda.de © 2023 - Wunscharzt finden und Termin online buchen.

Diese Webseite verwendet Cookies.
Surfen Sie weiter, wenn Sie unserer Cookie-Richtlinie zustimmen.