Team jameda
Ärzte haben einen besonderen Blick auf die Welt der Medizin. Damit Patienten hinter die Kulissen des Gesundheitswesens blicken können, stellt jameda Frau Prof. Dr. Salbach interessante Fragen zu ihren Erfahrungen als Psychotherapeutin.
jameda: Frau Prof. Salbach, was hat Sie motiviert, Psychotherapeutin zu werden?
Prof. Salbach: Während meines Studiums war ich fasziniert von psychischen Erkrankungen, v.a. von der Schizophrenie und den bipolaren Störungen. Ich wollte mehr über sie erfahren und wollte herausfinden, wie man Betroffenen helfen kann. Das führte mich in die Welt der Psychotherapie, die mich auch heute noch begeistert.
jameda: Was macht Ihnen im Praxisalltag am meisten Freude? Wo sehen Sie die größten Herausforderungen?
Prof. Salbach: Wenn ich merke, dass meine Patienten Experten ihrer eigenen Erkrankung werden, sich zunehmend besser fühlen und ihr Leben stabiler bestreiten. Psychotherapeuten sollten die Selbständigkeit des Patienten fördern und ihren Leidensdruck zeitnah beseitigen.
jameda: Welchen Vorurteilen begegnen Sie häufig in Ihrer Praxis?
Prof. Salbach: Anderen die eigenen psychischen Symptome mitzuteilen, stellt viele Menschen oft vor eine große Herausforderung. Auch wenn dieses Thema weniger als früher tabuisiert wird, so ist die Scham der Offenbarung dennoch groß. Viele befürchten, als „verrückt“ abgestempelt zu werden und nehmen (wenn überhaupt) erst sehr spät Psychotherapie in Anspruch. Ich würde mir wünschen, dass Patienten zunehmend ihre Angst vor einer Behandlung verlieren und sich frühzeitig Hilfe holen.
jameda: Manche Krankheiten und Therapien sind unangenehm und verlangen viel Durchhaltevermögen vom Patienten. Was raten Sie Patienten in solchen Situationen?
Prof. Salbach: Ich versuche, meine Patienten mit Ihren Erkrankungen und ihren aktuellen Lebenssituationen zu verstehen. Ich gebe ihnen Werkzeuge an die Hand, mit denen sie lernen, die unangenehmen Situationen auszuhalten (z.B. durch Stresstoleranzstrategien, Entspannungsverfahren). Sollte die Krankheit trotz intensiver Psychotherapie bestehen bleiben und der Leidensdruck nicht weniger werden, so empfehle ich, zusätzlich einen Psychiater zu konsultieren. Eine Kombinationsbehandlung von Psychopharmaka und Psychotherapie ist bei vielen psychischen Störungen sinnvoll und leitliniengerecht.
jameda: Wie reagieren Sie, wenn Sie merken, dass ein Patient Ihren Therapieplan nicht befolgt?
Prof. Salbach: Das Wohlbefinden des Patienten und die Linderung des Leidens steht im Zentrum der Behandlung. Sollte ein Patient dem gemeinsam vereinbarten Therapieplan nicht nachgehen, so spreche ich ihn darauf an und versuche herauszufinden, was die Gründe dafür sind. Falls der Patient nicht zufrieden mit dem Therapieplan ist, dann ändere ich ihn gemeinsam mit ihm. Sollte er mit mir als Person Schwierigkeiten haben, dann würde ich ihm empfehlen, sich einen anderen Psychotherapeuten zu suchen, der besser zu ihm passt. Die Zufriedenheit des Patienten steht bei uns an erster Stelle.
jameda: Wenn Sie das Gesundheitssystem ändern könnten, was würden Sie als Erstes tun?
Prof. Salbach: Ich würde an einer besseren Zusammenarbeit zwischen ambulanter und stationärer Behandlung arbeiten. Leider gibt es noch zu oft Patienten, die nach einer stationären Behandlung keinen Platz für eine ambulante Psychotherapie erhalten, was das Rückfallrisiko erhöht. Umgekehrt werden Patienten zu lang ambulant behandelt, u.a. auch deshalb, weil sie zu lange auf einen stationären psychotherapeutischen Platz warten.
Darüber hinaus würde ich den Zugang zur Psychotherapie erleichtern.
jameda: Kein Mensch ist perfekt. In welchen Bereichen haben Ärzte Ihrer Meinung nach Verbesserungspotential?
Prof. Salbach: Ärzte und Psychotherapeuten sind auch Dienstleister und sollten versuchen, ihre Kunden optimal zu behandeln. Dazu zählt nicht nur eine exzellente medizinische und psychotherapeutische Betreuung nach dem neuesten Stand der Wissenschaft, sondern ebenfalls eine Flexibilität in der zeitlichen Behandlung.
jameda: Die Welt der Medizin verändert sich ständig. Gibt es neue Therapieverfahren oder Gerätschaften, die Sie in Ihrer Praxis anwenden?
Prof. Salbach: Meine Praxis bietet in Kooperation mit einer Krankenkasse und der Teleclinic Online-Psychotherapie an. In einem Modell-Projekt erhalten Patienten mit ersten depressiven Symptomen u.a. psychotherapeutische Online-Unterstützung.
jameda: Gibt es einen Patienten oder ein Erlebnis in Ihrer Praxis, das Sie nie vergessen werden?
Prof. Salbach: Jeder Patient ist in seiner Art und Weise besonders, weshalb ich mich an die meisten sehr gut erinnere. Diese Erinnerungen möchte ich aber ungern teilen, da ich der Schweigepflicht unterliege.
jameda: Welchen Gesundheitstipp möchten Sie unseren Lesern mit auf den Weg geben?
Prof. Salbach: Wir Menschen sind zerbrechlicher, als wir oft denken. Selbstfürsorge ist der erste Schritt, um die eigene seelische Gesundheit zu erhalten.
Prof. Dr. Salbach ist Gründerin der Praxis start: Psychotherapie & Coaching. Ihre Schwerpunkte sind Paartherapie, Coaching, Burnout, Psychoonkologie und Essstörungen bei Erwachsenen und Jugendlichen. Darüber hinaus ist sie apl.-Professorin an der Freien Universität, schreibt Fachbücher sowie Artikel für Fachzeitschriften.
‘start: Psychotherapie & Coaching’ hat sich zum Ziel gesetzt, Sie im Rahmen einer Psychotherapie leitliniengerecht zu begleiten. Mein Team und ich setzen Techniken aus der Verhaltenstherapie ein, die Ihnen helfen, beschwerliche Lebenslagen zu bewältigen und psychische Symptome zu reduzieren.
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