Team jameda
Im ersten Teil zum Thema Burnout habe ich aus der Sicht des Regulationsmediziners erklärt, wie das Essen bestimmter Nahrungsmittel als Selbststimulation zur Erhöhung des Blutkortisolspiegels führt.
Fortwährende Blutzuckerschwankungen werden mittels Kortisolausschüttung ausgeglichen und dadurch werden gleichzeitig negative Wirkungen der Stressneurotransmitter Adrenalin und Noradrenalin abgefangen.
Somit stellt das Essverhalten unter Stress für den Therapeuten eine Möglichkeit der Früherkennung und der Intervention dar. Die Aufrechterhaltung eines hohen Kortisolspiegels zur Stressdämpfung ist aber mannigfaltig auslösbar. So kann exzessives Sporttreiben ebenfalls zur hormonellen Überstimulation genutzt werden.
Sportaffine Menschen wissen um die erleichternde, wohltuende Wirkung einer guten Trainingseinheit. Ist die Belastung adäquat, kommt es zu regulierenden Prozessen im Körper, die beruhigend auf das Nervensystem wirken und in einer folgenden Regenerationsphase den Körper in seiner Funktion verbessern.
Überstimulation im Stoffwechsel, vermehrtes Anfallen von Schlacken, Milchsäuren und Mikroverletzungen der Muskeln und Sehnen starten im Körper eine Entzündungsreaktion, die in der Folge energieverbrauchend ist und unweigerlich mit einer vermehrten Kortisolausschüttung beantwortet wird.
Hierdurch und durch Ausschüttung von Endorphinen (denn der Körper hat unlängst verstanden, dass er verletzt wurde) ergibt sich zunächst ein manchmal sensationelles Hochgefühl. Dies lindert das zuvor erlebte Stressempfinden.
An dieser Stelle möchte ich darauf verweisen, dass der individuelle, psychologische Umgang mit Stress, die Ressourcen und die Möglichkeiten der kritischen Selbstreflexion der entscheidende Motor für die Entwicklung eines Burnouts sind.
Ab einem bestimmten Zeitpunkt der Stressbelastung kommt es aber zu einer Entkopplung des subjektiv wahrgenommen Stress aus psychologischer Sicht und einem körperlich fixiertem Stress.
Die Folge kann sein, dass der Betroffene die körperliche Seite des Stresses nunmehr bedienen muss, weil er sonst auf Entzug kommt und ein energetischer Absturz droht. Er fängt an, sich mehr und mehr auszupressen.
Dieser Mechanismus ist im Prinzip übertragbar auf jegliches Suchtverhalten eines gestressten Menschen. Ab dem Moment der übermäßigen Instrumentalisierung von Sport, Arbeit, Essverhalten, Sexualität oder Ähnlichem kommt es zu einem körperlichen Raubbau zunächst in der Mikro- dann in der Makroebene.
Kortisol ist ein katabol wirkendes Hormon. Es baut Körpersubstanz ab, um im Blut ein erhöhtes Maß an Substrat anbieten zu können. Neben der Blutzuckererhöhung ist dies die Verschiebung von Elektrolyten insbesondere von Kalziumionen aus den Knochen.
Die Knochen verlieren ihre Stabilität und Ermüdungsfrakturen sind die Folge. Freie Kalziumionen lagern sich aber auch in den Nervenzellen ab und verändern die elektrische Reizleitung. Motorische und sensible Defizite entstehen insbesondere in den Kapsel-Band-Apparaten.
Dies führt zum Beispiel zu häufigerem Umknicken im Sprunggelenk und Instabilität in den Belastungsachsen, was sich häufig anhand eines funktionellen Knickfußes äußert.
Unter Stress, emotional und körperlich induziertem, schüttet der Körper vermehrt Stickstoffmonoxid aus. Diese Substanz verbessert die Durchblutung des Gewebes und lässt Zellreaktionen schneller geschehen.
Stickstoffmonoxid muss aber inaktiviert werden, da es sich zu hochtoxischem Peroxinitrit umwandeln kann.
Dies ist um ein mehrfaches toxischer als freie Sauerstoffradikale jemals sein können. Es kommt zu Zellmembran-, DNA- und Mitochondrienschäden. Die entscheidende, regulierende Substanz im Körper ist das Vitamin B12, welches sich bei der Pufferung des Radikals verbraucht.
Trotz Überangebot an Nahrung ist bei nahezu jedem Menschen der Vitamin-B12-Spiegel nicht ausreichend, um Dauerstress chemisch abzufangen.
Vitamin B12 wird von den meisten Menschen nur noch schlecht aus dem Magen-Darm-Trakt resorbiert. Blutspiegel geben nicht den Zellhaushalt wieder.
Hier ist eine Messung der Endprodukte des ‘Nitrosativen Stresses’ im Blut, wie auch die Endstufe des B12-Verbrauchs, die Methylmalonsäure, im Urin wegweisend. Auffallend für einen Menschen in der Stress-Falle ist auch der gestörte Schlaf. Häufig erfolgt ein Einschlafen vor lauter Erschöpfung.
Dann kommt es zu gehäuftem Aufwachen und Wachliegen. Nicht ungewöhnlich ist die immer wiederkehrende Uhrzeit von 3:30-4:30 Uhr. Später, in einem vorangeschrittenen Stadium, entwickelt sich auch die Unmöglichkeit einzuschlafen.
Besonders der Traumschlaf ist gestört. Auch dies ist die Folge eines zu hohen Kortisolspiegels. Dieser verhindert Traumschlaf und somit Verarbeitung des Tagesgeschehens. Das stressreiche Tageserlebte soll sich nicht als neurologisches Muster verankern können.
In MRT-Untersuchungen lässt sich gut eine Degeneration des Hypothalamus und des Mandelkerns, beides entscheidende Gehirnregionen der emotionalen Verarbeitung, messen. Die hohe Präsenz des Kortisons stört die Produktion und die Funktion anderer Hormone wie zum Beispiel Sexualhormone.
Das sexuelle Verlangen kann einschlafen. Bei Frauen können vermehrt Periodenschwankungen und Ausbleiben der Periode festgestellt werden. Brustschwellung und Wassereinlagerungen können ebenfalls stressbedingt sein.
Zusammengefasst kann der Körper zunächst gut auf Stress reagieren und seine Regulationskreisläufe anpassen. Der Stressor selber oder der falsche Umgang mit Stress können die Anpassungen im Körper lange Zeit auf hohem Niveau halten.
Eine Selbststimulation findet nahezu immer statt. Mit der Dauer der Stressanpassung fixieren sich die körperlichen Mechanismen. Der Körper ist instrumentalisiert.
Durch katabole (abbauende) Prozesse kommt es zu massiven Mangelerscheinungen. Durch den induzierten Stoffwechsel-Turbo reichern sich Radikale an, die zellschädigend wirken und Langzeitschäden im Körper auslösen können.
In Teil 3 meines Artikels werde ich den Prozess des finalen Burnouts erläutern.
Des Weiteren erkläre ich die körperlichen Rettungsversuche vor dieser Dekompensation, die letztendlich erkannt, gewürdigt und in eine effektive Therapie mit integriert werden müssen.
Die Therapie des Burnouts ist immer individuell und gehört in professionale Hände. Dennoch werde ich in einem 4. Teil die Säulen des regulationsmedizinischen Therapiekonzeptes darlegen.
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